Nachdem Shireen Abu Akleh, die am Mittwoch in Dschenin ums Leben gekommen war, dem christlichen Glauben angehörte, sei es Muslimen untersagt, für sie um Barmherzigkeit zu beten.
Am Donnerstag veröffentlichte der in Libyen sehr beliebte Islamgelehrte Sheikh Zain Khairallah ein Video auf seinem YouTube-Kanal, in dem er den Tod der Al-Jazeera-Journalistin Shireen Abu Akleh kommentierte, die tags zuvor im Kreuzfeuer bewaffneter Auseinandersetzungen zwischen israelischen Sicherheitskräften und palästinensischen Terroristen in Dschenin in der Westbank getötet worden war.
»Ich habe es überprüft und mehrere vertrauenswürdige Brüder befragt, die mir bestätigten, dass die Journalistin Shireen Abu Akleh Christin war. Die islamische Doktrin, unser Glaube und unsere Scharia schreiben vor, dass ein Muslim nicht zu Allah beten darf, um jemandem gegenüber Barmherzigkeit zu zeigen oder seine Sünden zu vergeben, der kein Muslim war, als er oder sie starb.«
Dürfen Muslime, so fragte Khairallah in seiner von MEMRI übersetzten Ansprache weiter, um die erschossene Journalistin trauern und ihren Tod als Verbrechen begreifen?
»Ja, das dürfen wir. Wenn sie gute Dinge getan hat, dürfen wir um sie trauern. Sollen wir Erklärungen veröffentlichen, in denen wir das Verbrechen verurteilen? Ja, das sollen wir. Der Prophet Mohammed betrachtete die Tötung von Frauen als Verbrechen. Einigen vertrauenswürdigen Hadithen zufolge sagte er: ›Tötet keine Frauen.‹«
Auch sei es erlaubt, so Khairallah weiter, am Begräbnis der Journalistin teilzunehmen, schließlich habe auch »der Prophet [Mohammed] am Begräbnis eines Juden teilgenommen«. Mitgefühl mit den Hinterbliebenen zu haben, ihnen Beileid auszusprechen und Rache von Allah zu erbitten, sei ebenfalls erlaubt:
»Wie genau? Wir sollten Dinge sagen wie: ›Wir gehören Allah und zu ihm kehren wir zurück.‹ ›Niemand außer Allah lebt ewig.‹ ›Möge Allah Euch Geduld und Trost schenken.‹ ›Möge Allah Rache an ihren verbrecherischen Mördern nehmen.‹ Und so weiter und so fort. Aber Ihr dürft kein Gebet für Gnade und Vergebung sprechen – nicht, weil es sich um Shireen handelt, sondern, weil sie nicht die Shahada [das muslimische Glaubensbekenntnis] gesprochen hat.«
Wie würden die christliche Kirche und ihre Priester handeln, wenn die Getötete eine Muslimin gewesen wäre? Es gäbe absolut keinen Zweifel daran, so schloss Khairallah seine Ausführungen, dass die Christen dann auch keine Messe halten oder um Gnade und Vergebung der Toten beten würden.