Laut libyschen Quellen unterstützt der Warlord Haftar gemeinsam mit der russischen Wagner Gruppe die paramilitärische Gruppe der Schnellen Eingreiftruppe im Sudan.
Während Politiker, Analysten und Geheimdienstquellen aus Südlibyen gegenüber Medien bestätigen, dass der libysche Warlord General Khalifa Haftar Waffen und Treibstoff an die Schnellen Eingreiftruppen (RSF) liefert, die sich seit dem 15. April im Krieg mit der sudanesischen Armee befinden, dürfte das internationale Überwachungssystem den ostlibyschen Kommandeur dazu gezwungen haben, die Routen zu ändern, über die seine Truppen die sudanesischen Paramilitärs versorgen.
Während zu Beginn des Konflikts Bilder von Waffentransporten von Militärstützpunkten im Osten Libyens veröffentlicht wurden, nannten Quellen nun die Namen von Luftwaffenstützpunkten, die aktuell als Abflugplätze für die Fracht genutzt werden. In einem Exklusivinterview erklärte das Mitglied des libyschen Staatsrats aus dem Süden des Landes, Saad Bou Shradah, dass Haftars Libysch-Arabische Streitkräfte (LAAF) militärische Güter von ihrem Territorium in die Zentralafrikanische Republik fliegen, von wo aus sie mit Autos über die Grenze in das sudanesische Landesinnere gebracht würden.
Dies bestätigten anonym bleibende Quellen innerhalb der Haftar-Operation, während Oppositionsquellen in der Zentralafrikanischen Republik bereits früher berichtet hatten, dass die dortige Regierung mit der russischen Wagner-Gruppe zusammenarbeitet, um die RSF zu versorgen. Die – nach Angaben aus Haftars Umfeld mindestens zehn Luft- und Bodenstützpunkte im Osten Libyens – werden von Kräften des russischen Militärkonzerns geschützt.
Wie Generalmajor Khaled al-Mahjoub, Leiter der Abteilung für moralische Führung in Haftars LAAF, Medien gegenüber jedoch erklärte, gibt es seitens seiner Armee gegenüber der RSF im Sudan keine Hilfestellung; die LAAF distanziere sich von externen Konflikten und verfolge allein das Ziel, die Einheit und territoriale Integrität Libyens zu schützen.
Schmuggelnetzwerke
Seit Kriegsbeginn zwischen den paramilitärischen RSF und den sudanesischen Streitkräften (SAF) am 15. April wird die Frage nach Haftars Verbindung zur von Mohamed Hamdan Dagalo angeführten RSF diskutiert. Beide Generäle unterhalten enge Beziehungen zu wichtigen Funktionären in den Vereinigten Arabischen Emiraten und Russland. Und beide haben sich in der Vergangenheit gegenseitig geholfen. Der allgemein als Hemeti bekannte Dagalo schickte im Jahr 2019 Hunderte Kämpfer, um Haftars Angriff auf Libyens Hauptstadt Tripolis zu unterstützen. Damals war es die sudanesische Armee, die diese Beteiligung bestritt, obwohl ein vertraulicher Bericht von Beobachtern Beweise dafür lieferte. Die Anwesenheit der Kämpfer änderte wenig daran, dass Haftars Männer eine schwere Niederlage erlitten.
Haftars LAAF und Hemetis RSF sind in ein Schmuggelnetzwerk verwickelt, das sich über die Grenzregionen von Libyen, dem Tschad und dem Sudan erstreckt und aus dem sich die Zusammenarbeit zum Teil erklärt. »Die Haftar-Familie sorgt sich um das Überleben der illegalen Handelsnetze, die zwischen dem Sudan und Ostlibyen bestehen«, meinte Jalel Harchaoui, politischer Analyst und Associate Fellow am Royal United Services Institute, bereits im April. Zu den illegalen Gütern, die aus dem Sudan und Libyen ein- und ausgeschmuggelt werden, gehören Treibstoff, Captagon, Haschisch, Gold und gestohlene Autos. Das von Haftar kontrollierte Gebiet in Libyen liegt auch an der Migrationsroute vom Sudan, Eritrea und Äthiopien hin zum Mittelmeer. Seit 2014 hat sich der Menschenhandel in Libyen zu einem lukrativen Geschäft entwickelt.
Das Mitglied der libyschen Partei des Wandels, der Afrikawissenschaftler Moussa Tehoussay, sagte allerdings, Haftar können von einer Verwicklung in den sudanesischen Krieg nicht sonderlich profitieren. Seine jetzige Unterstützung der RSF hänge viel mit seinen Verbündeten außerhalb Libyens zusammen, nämlich den Vereinigten Arabischen Emiraten und Russland. »Das Haftar-Lager schickt jetzt Hilfsgüter an die RSF. Dieses plötzliche Wohlwollen deutet darauf hin, dass die Emiratis, die Russen oder jemand von außen beschlossen haben, ihr Druckmittel bei Haftar zum Nutzen von Hemeti einzusetzen«, ist auch Jalel Harchaoui überzeugt. Diese beiden Länder hätten den größten Teil der Unterstützung für die RSF bereitgestellt, die hauptsächlich über die Wagner-Gruppe gelaufen sei, die fortschrittliche Waffen und militärische Ausrüstung wie SAM-7-Raketen und Flugabwehrsysteme per Luftfracht aus Kufra im Süden Libyens transportierte.
Derzeit unterbrochen
Diese Versorgungsroute ist derzeit jedoch unterbrochen, weil sie international überwacht wird, unter anderem vom Afrika-Kommando der Vereinigten Staaten (Africom), und weil sie für Angriffe der sudanesischen Luftwaffe anfällig ist. Nichtsdestotrotz, so Tehoussay, werde weiterhin Unterstützung von libyschen Gebieten aus geleistet.
Dem Militäranalysten Adel Abdel Kafi zufolge wird die Versorgung der RSF mit Treibstoff durch Einheiten innerhalb Haftars Armee gesichert, die für die südöstliche Region Libyens zuständig sind und deren Kommandeur seit Langem enge Beziehungen zu sudanesischen und tschadischen Söldnern und Milizen unterhalte, die bis in die Zeit von Muammar Gaddafi zurückreichen.
Die Machtbasis der RSF ist in Darfur im Westen des Sudans angesiedelt. Diese riesige Region grenzt an Libyen, den Tschad und die Zentralafrikanische Republik, wobei es sudanesische Gruppen gibt, die in den Grenzregionen operieren und die RSF aufgrund von Stammesverbindungen und Kameradschaftsbeziehungen aus früheren Kampfperioden unterstützen.
Zu nennen wären hier etwa die 2000er Jahre, als die berüchtigten Dschandschawid-Milizen des ehemaligen sudanesischen Präsidenten Omar al-Bashir die Rebellionen schwarzafrikanischer Gruppen in Darfur brutal niederschlugen. Hemeti war damals ein Kommandeur der Dschandschawid, wobei Teile der Milizen in die RSF übergingen, die 2013 dem sudanesischen Geheimdienst unterstellt wurden. Die von diesen lokalen Gruppen in den Grenzregionen des Sudans und Libyens geleistete Unterstützung umfasst die Lieferung von Treibstoff, Munition und medizinische sowie logistische Ausrüstung, jedoch nicht in solchen Mengen, die den Verlauf der Kämpfe beeinflussen oder eine wesentliche Veränderung des Kriegs herbeiführen würden.