Im Libanon arbeitet der Staat mit neu gewonnener Stärke daran, seine Autorität im ganzen Land geltend zu machen.
Die libanesische Regierung hat angekündigt, ab Mitte Juni mit der Entwaffnung der palästinensischen Flüchtlingslager im Land zu beginnen. Das berichtet die in den Vereinigten Arabischen Emiraten erscheinende Zeitung The National. Der Prozess soll in den Lagern Shatila, Burj Al Barajneh und Mar Elias in Beirut starten und später auf andere Lager ausgeweitet werden. Grundlage ist eine Vereinbarung, die mit Mahmud Abbas, dem Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), auf dessen erstem Libanon-Besuch seit sieben Jahren getroffen wurde.
An den diesbezüglichen Treffen nahm neben Premierminister Nawaf Salam und Sicherheitsbeamten auch eine Delegation der PA teil – allerdings keine Vertreter der Hamas. Diese kritisierte den Ausschluss und forderte, alle palästinensischen Gruppen im Libanon, vertreten durch das Gemeinsame Palästinensische Aktionskomitee, einzubeziehen. Hamas-Vertreter äußerten Bedenken, dass eine Entwaffnung der Lager ohne breiten Konsens zu Umsiedlung oder Vertreibung führen könne.
Verbesserung der Lebenssituation
Nach libanesischer Konvention ist die libanesische Armee in den unter UNRWA-Verwaltung stehenden palästinensischen Lagern nicht präsent. Für die Sicherheit dort sorgten bislang bewaffnete Gruppen wie Fatah, Hamas und Islamischer Dschihad. Diese Gruppen betrachten Waffen zum Teil als notwendig zur Selbstverteidigung, insbesondere mit Blick auf ihre Erfahrungen im libanesischen Bürgerkrieg. Gleichzeitig gibt es Kritik, dass Waffenkriminalität und interne Konflikte in den Lagern zunehmen.
Begleitet wird der Entwaffnungsprozess von politischen Initiativen zur Verbesserung der Lebenssituation der rund 222.000 palästinensischen Flüchtlinge im Libanon. Diese leiden unter erheblichen rechtlichen und sozialen Einschränkungen. Das Libanesisch-Palästinensische Dialogkomitee (LPDC) wurde mit der Entwicklung eines Rechtsrahmens zur Stärkung ihrer Rechte beauftragt.
Laut LPDC-Direktorin Nadine Marouk hätten die jahrelange politische Instabilität und Übergangsregierungen Fortschritte in dieser sensiblen Frage behindert. »Die Tatsache, dass für den Libanon mit einer starken Präsidentschaft, einer Reformregierung und einem homogenen Kabinett eine neue Ära begonnen hat«, habe einen neuen Zugang zur Frage der Rechte palästinensischer Flüchtlinge ermöglicht, sagte sie. Die neue politische Stabilität im Libanon, die nicht zuletzt der enormen Schwächung der vom Iran unterstützten Terrorgruppe Hisbollah im Krieg gegen Israel zu verdanken ist, soll helfen, diese lang geplanten Reformen nun voranzutreiben.