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Libanon: Cannabisanbau nicht mehr rentabel

Pflanze auf einem Hanffeld im Libanon. (© imago images/agefotostock)
Pflanze auf einem Hanffeld im Libanon. (© imago images/agefotostock)

Der Libanon ist der drittgrößte Haschischproduzent der Welt. Die Wirtschaftskrise droht, die Bauern zurück in die Armut zu stürzen.

Ben Hubbard, The New York Times

In einem libanesischen Bauerndorf mit felsiger Erde und Steinhäusern wächst überall Cannabis.

Es füllt die Felder, die das Dorf umgeben, und säumt die nahegelegenen Straßen, auf denen die Armee Kontrollpunkte betreibt. Es sprießt auf den Unkrautflächen zwischen den Häusern und vermischt sich mit anderen bunten Blüten in Blumenbeeten. Es gibt Hanfstauden in der Nähe der Moschee und nicht weit von der riesigen gelben Fahne der Hisbollah entfernt, der militanten Gruppe und politischen Partei, deren Führer den Gebrauch von Cannabis aus religiösen Gründen verbieten.

Jamal Chraif, der Mukhtar oder Dorfvorsteher von Yamouneh, lobt Hanf als „einen gesegneten Strauch“ wegen seiner, wie er es nannte, vielen wohltuenden Eigenschaften und der Leichtigkeit seines Anbaus. „Es ist etwas Heiliges an ihm“, sagte er. „Gott lässt ihn wachsen.“

Doch zum ersten Mal, seit er vor zwei Jahrzehnten mit dem Anbau von Cannabis begann, pflanzte Herr Chraif in diesem Jahr keinen, weil eine Reihe von Ereignissen den Großteil der Gewinne, die früher mit dem Hauptprodukt des Dorfes, dem aus der Pflanze gewonnenen Haschisch, erzielt wurden, zunichte gemacht hat. Stattdessen konzentriert er sich auf Äpfel. (…)

Das libanesische Pfund hat seit letztem Herbst 80 Prozent seines Wertes gegenüber dem US-Dollar verloren, und die Landwirte haben darunter gelitten. Die Kosten für importierten Treibstoff und Düngemittel, die für den Anbau benötigt werden, sind in die Höhe geschnellt, während die libanesischen Pfund, die die Bauern durch den Verkauf ihres Haschischs verdienen, immer weniger wert sind.

Die Finanzkrise im Libanon hat den Inlandsmarkt der Droge geschwächt, und der Krieg in Syrien hat die Schmuggelrouten blockiert und es für Zwischenhändler schwieriger gemacht, ausländische Märkte zu erreichen. (…)

Das Haschisch, das aus der Pflanze gewonnen und an Schmuggler verkauft wird, die es aus dem Land bringen, hat mehr als jedes andere Produkt dazu beigetragen, den Dorfbewohnern aus bitterer Armut herauszukommen. Es hat ihnen ein sichereres Einkommen verschafft, als ihre legalen, weniger zuverlässigen Feldfrüchte wie Äpfel und Kartoffeln es bieten, und es hat den Ausbau ihrer Häuser, den Kauf von Lastwagen und die Ausbildung von Kindern finanziert.

Nun aber bringt die Droge so wenig ein, dass einige Bauern in Yamouneh bezweifeln, dass es sich noch lohnt, sie zu produzieren. (…)

Obwohl die Herstellung, der Besitz und der Verkauf von Haschisch, einem Cannabiskonzentrat mit hohem THC-Gehalt, im Libanon illegal ist, verabschiedete die Regierung Anfang dieses Jahres ein Gesetz, das den Anbau von Cannabis für medizinische Zwecke in gewissem Umfang legalisiert. Das Gesetz muss noch umgesetzt werden, und das in Yamouneh angebaute Cannabis bleibt wegen seines hohen THC-Gehalts weiterhin illegal.

Jetzt scheint die Wirtschaftskrise im Libanon das zu erreichen, was jahrelange Razzien der Armee und die Bemühungen der Regierung zur Bekämpfung der Droge nie geschafft haben: die Haschischproduktion zu reduzieren.

Die Landwirte erinnern sich gerne an die Tage, als ein Kilogramm Haschisch leicht zwischen 500 und 800 Dollar einbrachte – und an die wenigen Jahre, in denen der Preis über 1000 Dollar schoss – und befürchten, dass die Einkünfte für das diesjährige Erzeugnis auf etwa 100 Dollar pro Kilo oder etwa 45 Dollar pro Pfund fallen könnten.

(Aus dem Artikel „‘If There Were No Hashish Here, You Wouldn’t See a Single House’“, der in der New York Times erschienen ist.)

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