Die Entwaffnung der Hisbollah und die Zerschlagung ihrer Finanzquellen befinden sich an einem Scheideweg, da Zweifel an der Fähigkeit der libanesischen Behörden bestehen, diese Ziele umzusetzen.
Was die Entwaffnung der Hisbollah betrifft, hat die libanesische Regierung kürzlich einen Plan zur Umsetzung dieses Ziels verabschiedet, der aus fünf Phasen besteht. Die erste Phase wird sich über drei Monate erstrecken und soll Ende November abgeschlossen sein. Kürzlich erklärte der libanesische Außenminister Youssef Raji, dass diese erste Phase »die Beseitigung aller Waffen, Lagerhäuser und Kämpfer südlich des Litani-Flusses« umfassen. Der Prozess wird von Sicherheitsmaßnahmen wie der Verschärfung von Kontrollpunkten im gesamten Libanon begleitet, um den Transfer von Waffen zu verhindern.
Die weitere vier Phasen umfassen die Bekaa-Ebene, Beirut und seine Vororte sowie schließlich den Rest des Landes. Für diese Phasen ist in dem vertraulichen Plan kein konkreter Zeitrahmen vorgesehen.
Tage nach der Genehmigung gab die Regierung bekannt, dass die Streitkräfte im Rahmen ihrer »begrenzten Möglichkeiten« mit der Umsetzung des Plans zur Entwaffnung der Hisbollah beginnen würden, eine Formulierung, die Zweifel an den Fähigkeiten des Militärs in dieser Hinsicht widerspiegelt.
Streitpunkte Waffen …
Zugleich dazu weigert sich die Hisbollah, ihre Waffen aufzugeben, da sie diese als grundlegenden Pfeiler der »Gleichung der Abschreckung« gegenüber Israel betrachtet. Die Terrororganisation fordert den Rückzug Israels aus dem Libanon, die Beendigung der Angriffe auf ihre Mitglieder und Funktionäre, die Freilassung libanesischer Häftlinge und den Beginn des Wiederaufbaus in den vom Krieg zerstörten Gebieten, bevor sie eine Entwaffnung in Betracht zieht.
Der libanesische Politologe Alain Sarkis ist der Ansicht, die Hisbollah zweifle »die Fähigkeit der Streitkräfte zur Umsetzung des Plans« an und hält ihn für »rein oberflächlich«. Laut Sarkis sei das libanesische Militär jedoch »in der Lage, den Plan in mehreren Schritten umzusetzen«.
Tatsächlich mangelt es den libanesischen Streitkräften an Ausrüstung, logistischer und technischer Unterstützung, Transportmitteln und der Fähigkeit zu einem schnellen Einsatz. Außerdem fehlt es ihnen an einem ausreichenden Betriebsbudget, um den Einsatz zu finanzieren und gleichzeitig Feldoperationen in verschiedenen Gebieten durchzuführen.
So ist der libanesische Militärexperte und Brigadegeneral a. D. Naji Malaeb der Meinung, dass der Erfolg des Entwaffnungsplans, der ein staatliches Waffenmonopol herstellen soll, »die Verfügbarkeit grundlegender Voraussetzungen erfordert, darunter den Zugang zu modernster technischer Ausrüstung, mit der das komplexe Arsenal der Hisbollah an gepanzerten Fahrzeugen, Drohnen, Überwachungssystemen und verschlüsselten Kommunikationsmitteln bewältigt werden kann«. Angesichts der Beschaffenheit der Waffenlager, die sich in mit Minen gesicherten Tunneln befinden, und der hohen Sicherheitsvorkehrungen in Bergregionen erfordert der Plan laut Malaeb auch spezielle militärische Fähigkeiten.
… und Finanzen
Der zweite Streitpunkt ist die Finanzierung der Hisbollah, denn trotz der Bemühungen Beiruts, das Finanznetzwerk der Partei zu stören, ist es weiterhin funktionsfähig. Im Juli letzten Jahres erließ die libanesische Zentralbank ein Dekret, das Transaktionen mit der Finanzinstitution Al-Qard al-Hasan verbietet, die mit der Hisbollah in Verbindung steht und US-Sanktionen unterliegt. Trotzdem arbeitet Al-Qard al-Hassan weiterhin normal und gewährt ihren Kunden Kredite in Dollar im Austausch gegen Gold als Sicherheit im selben Wert.
Vor einigen Tagen behauptete der US-Sonderbeauftragte Tom Barrack, die Hisbollah erhalte monatlich sechzig Millionen Dollar, ohne jedoch die Quelle dieser Gelder zu nennen. Darüber hinaus bestätigte der Experte Joseph Daher, die Hisbollah unterhalte nach wie vor Einkommensquellen »durch eigene Geschäftsaktivitäten«, von denen »einige völlig legal sind« und nicht nur im Libanon getätigt würden, sondern beispielsweise auch im Irak. Gleichzeitig sind mit der Hisbollah verbundene Geschäftsleute in anderen Teilen der Welt tätig, wo die Terrororganisation vor allem ein großes Drogenschmuggelnetz unterhält.






