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Libanesischer Journalist: Iranisches Regime im Paralleluniversum

Irans Oberster Führer Khamenei bei einer Parade der Revolutionsgarden
Irans Oberster Führer Khamenei bei einer Parade der Revolutionsgarden (© Imago Images / ZUMA Wire)

In wessen Fantasiewelt der Holocaust nicht mit Sicherheit existiert, für den ist es einfach, alles, was ihm nicht ins Konzept passt, als Erfindungen und Propaganda von Regimegegnern abzutun.

Der libanesische Journalist Nadim Koteich sagte am 19. September in einer TV-Sendung der emiratischen Sky News Arabia, das iranische Regime existiere in einem imaginären »Paralleluniversum« und ignoriere jene Fakten, die es als unbequem erachtet, weshalb es auch nicht möglich sei, mit dem Regime einen Dialog zu führen, sich mit ihm zu verständigen und Abmachungen mit ihm zu vereinbaren.

Als Beispiel nannte Koteich den jüngsten Auftritt des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi in der CBS-Nachrichtensendung 60 Minutes, in der er die Gültigkeit der historischen Erkenntnisse über den Holocaust infrage gestellt hatte. Ob in innen- oder außenpolitischen Angelegenheiten, in internationalen Beziehungen oder in jener zum iranischen Volk, die Islamische Republik »scheint in einem Paralleluniversum zu leben, einer virtuellen Realität, die nur im Kopf und in der Vorstellung des Regimes existiert«.

Zwar seien Raisis geäußerte Zweifel an der historischen Tatsache des Holocaust ein »gewisser Fortschritt« gegenüber den Aussagen des ehemaligen Präsidenten Mahmud Ahmadinejad, der »kategorisch leugnete, dass der Holocaust jemals stattgefunden hat«. Heute meine der iranische Präsident zwar, es habe gewisse Anzeichen gegeben und er könne »irgendwo einen Holocaust riechen«, es aber weitere Forschungen geben müsse, um dies mit Bestimmtheit sagen zu können. Dies zeige die mangelnde Ernsthaftigkeit der iranischen Position in einer sehr sensiblen und zentralen Frage der internationalen Beziehungen.

»Entweder«, so Koteich, »ist der Holocaust passiert oder nicht«. Das iranische Regime und seine Vertreter betrieben »pure Heuchelei«. »Sie erfinden alternative Welten und virtuelle Fakten, immer in Bezug auf Themen, die ihnen nicht passen. Sie sagen: Ja, das stimmt, aber wir müssen es untersuchen‹, oder: ›Ja, aber die Dinge sind nicht immer zu hundert Prozent so, wie sie zu sein scheinen‹, oder: ›Es gibt irgendwo ein verstecktes Problem, das wir untersuchen müssen‹.«

Das, was dabei auf der Strecke bleibe – und das sei auch die wahre Absicht hinter dieser Argumentation –, sei die Wahrheit. »Was sie verbergen wollen, ist die Wahrheit, wie bei der iranischen Staatsbürgerin, die vor einigen Tagen wegen ihres Hidschabs getötet wurde.« Wie in ähnlichen Fällen schon zuvor, sage das Regime und seine Sprachrohre auch im Fall der im Gewahrsam der iranischen Sittenpolizei ums Leben gekommenen Mahsa Aminim, das, »was passiert ist, sei nicht wirklich passiert, sondern wäre nichts anderes als Propaganda, Gerüchte und Erfindungen von ausländischen Botschaften und den Feinden des Regimes«.

Trotz der Fotos von Amini, die sie im Koma zeigen, und trotz der medizinischen Berichte, die eindeutig darauf hinweisen, dass sie an den Folgen der Schläge starb, bestehe das Regime darauf, an dem Vorfall keine Schuld zu haben, spreche von ausländischer Propaganda und wittere überall Verschwörungen und Komplotte gegen die islamische Republik: »Hier liegt die Gefahr in der iranischen politischen Mentalität. Für jemanden, der es wagt, den Holocaust zu leugnen, ist es sehr einfach zu behaupten, die Tötung von [iranischen] Zivilisten habe nie stattgefunden, sondern sei vielmehr Erfindungen der Feinde des Regimes.«

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