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Die Lektionen aus dem jordanischen Waffenschmuggel 

Von der israelischen Polizei konfiszierte illegale Waffen aus Jordanien
Von der israelischen Polizei konfiszierte illegale Waffen aus Jordanien (Quelle: JNS)

Der Fall eines jordanischen Abgeordneten, der in großem Ausmaß Waffen ins Westjordanland schmuggelte, wirft einige Fragen über die Bekämpfung dieser Transfers auf.

Yossi Kuperwasser

Der jordanische Parlamentsabgeordnete Imad al-Adwan wurde am 23. April m Grenzübergang Allenby-Brücke verhaftet, als er versuchte, etwa zweihundert Waffen ins Westjordanland und vielleicht darüber hinaus nach Israel zu schmuggeln. Nach dem Verhör wurde er wieder freigelassen und nach Jordanien zurückgeschickt. Diese Episode, die rasch aus den Schlagzeilen verschwand, verdient eine eingehende Betrachtung. 

Wie Arab News berichtete, ergaben die israelischen Ermittlungen, dass al-Adwan seit Anfang 2022 zwölf verschiedene Schmuggelversuche unternommen hatte. Vermutlich sind al-Adwans Vernehmungsbeamte der israelischen Sicherheitsbehörden und der jordanische Geheimdienst bereits im Besitz von Antworten auf die durch die Affäre aufgeworfenen Fragen, aber der Vorfall gibt Anlass zur Sorge.

Al-Adwan ist nicht der Einzige, der in großem Umfang Waffen schmuggelt. Nach Angaben der israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) wurden in den Jahren 2020/21 rund 1.600 Schmuggelversuche aus Jordanien vereitelt und in den ersten Monaten des heurigen Jahres bei weiteren Versuchen mehrere hundert Waffen sichergestellt. Man kann davon ausgehen, dass dies nur die Spitze des Eisbergs ist – immerhin wurden nur zehn Prozent von al-Adwans Fahrten entdeckt.

Tödliches Angebot und Nachfrage

Die palästinensische Nachfrage nach Waffen ist groß und Jordanien verfügt über einen riesigen Vorrat, sodass beide Seiten motiviert sind, sich am Handel zu beteiligen. Die Bemühungen Israels und Jordaniens und die Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung konnten den Schmuggel nicht unterbinden. 

Eine brennende Frage ist, für wen die Waffen in Jordanien bestimmt sind, wobei der ebenso naheliegende wie begründete Verdacht besteht, dass es sich dabei um terroristische Elemente und kriminelle Organisationen handelt. Es ist auch möglich, ja, sogar wahrscheinlich, dass einige der Waffen für die Hamas und verschiedene Fraktionen der Fatah bestimmt sind, die ihre Kapazitäten ausbauen möchten, um nach dem Ausscheiden des derzeitigen Leiters der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmoud Abbas um die Kontrolle über das Westjordanland kämpfen können. Das gesamte palästinensische System wartet gespannt auf diesen Moment der Wahrheit. 

Da es sich bei al-Adwan um einen »problematischen« Parlamentsabgeordneten handelt, der einer Fraktion angehört, die mit der Muslimbruderschaft verbunden ist, deren palästinensische Schwester die Hamas ist, sind seine Motive möglicherweise nicht profitorientiert. Nutzte er auch seinen Status und seine Immunität aus, um die Macht der Hamas vor der entscheidenden Auseinandersetzung zu stärken?

Auch die arabischen Einwohner Israels streben nach Waffen, um kriminelle Banden zu bekämpfen und Clankriege zu führen. Die Zahl der Morde unter der arabischen Bevölkerung Israels nimmt in alarmierendem Maß zu. Die Schießereien und Unruhen könnten externen Gegnern dienen, die das Land destabilisieren wollen.

Lektionen gelernt 

Aus der al-Adwan-Affäre lassen sich einige wichtige Lehren ziehen: Erstens erweist sich die Annahme, die jordanische Regierung sei in Bezug auf den Waffenschmuggel und die Sicherheit Israels und der Palästinensischen Autonomiebehörde wachsam, als zweifelhaft. Dass die Jordanier den Schmuggel unterbunden hätten, hätten sie im Vorfeld davon gewusst, bleibt ebenfalls fraglich. Die Möglichkeiten Jordaniens scheinen begrenzt zu sein, was vielleicht auf eine unzureichende nachrichtendienstliche Durchdringung der illegalen Unternehmungen zurückzuführen ist oder darauf, dass die Unterbindung des Schmuggels keine Priorität darstellt, da er keine direkte Bedrohung für Jordanien darstellt. Es ist auch möglich, dass die Jordanier im eigenen Land nicht als Verteidiger Israels dargestellt werden wollen und es deshalb vorziehen, relevante Informationen an Israel weiterzugeben, sollten sie im Besitz solcher sein. 

Jede Lücke in der Informationsbeschaffung ist besorgniserregend. In Anbetracht der israelfeindlichen Atmosphäre, welche die jordanische Straße heute prägt, und der Besorgnis über die iranischen Avancen an das sunnitische Regime ist die Unfähigkeit, Geheimdienstinformationen zu sammeln, problematisch. Außerdem könnte sich diese Entwicklung auf die Stabilität des jordanischen Regimes selbst auswirken, das bereits mit wachsenden innenpolitischen Herausforderungen konfrontiert ist. 

Eine zweite Lehre bezieht sich auf die Ostgrenze Israels. Die Behauptung, Israels Sicherheit erfordere nicht mehr die militärische und geheimdienstliche Kontrolle über die Westbank und das Jordantal einschließlich einer militärischen Präsenz in wichtigen Gebieten und der Kontrolle der Grenzübergänge und des Jordantals »im weitesten Sinne«, wie Jitzchak Rabin im Oktober 1995 in der Knesset sagte, hat sich als falsch erwiesen.

Diese Behauptung war die Grundlage der Sicherheitskomponente der Friedensvorschläge des damaligen US-Präsidenten Barack Obama und seines Außenministers John Kerry (d. h. des Sicherheitsplans von General Allen). Die Erfahrungen mit dem Waffenschmuggel und die Sicherheitsbedrohungen durch die palästinensischen Enklaven beweisen, dass Israel die Vorstellungen der USA wohlbegründet zurückweisen muss.

Was sollte gegen den Waffenschmuggel unternommen werden? Erstens muss Israel die Lehren daraus ziehen, seine Kapazitäten für den Umgang mit dem Phänomen auszubauen und aus eigener Kraft zu vereiteln. Dies sollte durch verstärkte nachrichtendienstliche und operative Bemühungen und eine stärkere Abschreckung mit härteren Strafen geschehen. Leider haben die rasche Freilassung und Rückführung des jordanischen Parlamentariers in sein Heimatland ungeachtet der schwerwiegenden politischen Erwägungen nicht zu diesem Ziel beigetragen.

Zweitens muss Israel die Zusammenarbeit mit Jordanien gegen die Schmuggelaktivitäten intensivieren und von Jordanien verlangen, seine Anstrengungen zu verstärken, die auch zur Stabilisierung seiner eigenen Sicherheit notwendig sind. Auf dem Papier sind die Palästinensische Autonomiebehörde und ihre Sicherheitskräfte mögliche Gesprächspartner in dieser Frage, aber in der Praxis sind die Chancen, sie würden ernsthaft an der Unterbindung des Waffenschmuggels arbeiten, gering. 

Zu guter Letzt müssen die Bemühungen intensiviert werden, die terroristische Infrastruktur in den Gebieten der Palästinensischen Autonomiebehörde zu zerstören und die Waffen zu beschlagnahmen, die sich im Besitz von Terroristen befinden.

Yossi Kuperwasser ist Direktor des Projekts über regionale Entwicklungen im Nahen Osten am Jerusalem Center for Public Affairs. Zuvor war er Generaldirektor des israelischen Ministeriums für strategische Angelegenheiten und Leiter der Forschungsabteilung des militärischen Geheimdienstes der IDF. (Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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