„Am Dienstag (5. Juni) streikten zehntausende Lastwagenfahrer im ganzen Iran seit nunmehr 15 Tagen. Videoaufnahmen und Fotos, die in den sozialen Medien weite Verbreitung fanden, weisen auf das Ausmaß und den Grad der Organisierung dieser Bewegung hin. Beides verursacht dem iranischen Regime erhebliche Sorgen. (…) Die Lastwagenfahrer geben nicht auf und täglich treffen Berichte aus dem Iran ein, die darauf hindeuten, dass mehr und mehr Menschen aus allen Lebensbereichen sich ihnen unterdessen anschließen. In mehreren Städten haben sich die Taxifahrer den Lastwagenfahrern beigesellt, die höhere Gehälter verlangen, gegen die sprunghaft ansteigenden Preise für Ersatzteile protestieren und eine nachhaltige Erhöhung der Sozialleistungen fordern. (…)
Das Ausmaß, in dem Lastwagen- und Taxifahrer den repressiven Maßnahmen widerstehen und ihre Aufrufe und Forderungen nach Solidarität und Einheit in den sozialen Medien weite Verbreitung finden, stellt die Entwicklung für die iranischen Sicherheitskräfte eine stetig wachsende Krise dar. Offenkundig erfahren immer mehr Menschen von den Aktionen und erkennen, wie wichtig es ist, sich gegen das Regime zu vereinen. Und genau das will Teheran verhindern. Von Isfahan bis Schiras ist es zu Zusammenstößen gekommen, als Lastwagenfahrer aus kleineren Städten sich ihren Kollegen in den größeren Städten anschließen wollten, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.
Bemerkungen von Regierungsvertretern verweisen darauf, dass das Regime den Druck spürt. ‚Die Speditionsgebühren sind bereits um bis zu 20 Prozent erhöht und das Problem der Subventionen für Lastwagenfahrer ist gelöst worden, doch die Erfüllung der übrigen Forderungen wird Zeit in Anspruch nehmen‘, erklärte der stellvertretende Minister für das Straßenwesen und Stadtentwicklung Abdol-Hashem Hassan Nia am 31. Mai. Zuvor hatten hochrangige Regierungsvertreter erkannt, dass sie die Forderungen der Lastwagenfahrer nicht einfach würden ignorieren können, da das Regime die wirtschaftlichen Folgen der Proteste zu spüren begann. Bislang zeigen die Lastwagenfahrer keinerlei Absicht nachzugeben. Sie haben die Versprechungen von Regierungsvertretern unumwunden zurückgewiesen und verkündet, ihrer Initiative fortzuführen, bis die Behörden ihre Forderungen erfüllen.
Berichten zufolge wollten Lastwagenfahrer aus dem Süden des Landes am Montag nach Teheran aufbrechen, um die Menschen dort über ihre legitimen Forderungen zu informieren. Im Iran befördern fast 370.000 Lastwagen landesweit verschiedene Waren. Immer mehr Fahrern wird inzwischen klar, dass sie ihre ungerechten Arbeitsbedingungen viel zu lange hingenommen haben. Nun sei es wichtig, bei der Stange zu bleiben, auch in dem Wissen, dass ihre Stimmen im Ausland gehörten würden. In dem Maße, in dem die Vereinigten Staaten und ihre Partner im Nahen Osten, schließlich auch in Europa, erkennen, dass man dem iranischen Regime gegenüber nur Härte zeigen kann, läge eine effektive und notwendige Initiative darin, sich an die Seite der protestierenden Bevölkerung im Iran zu stellen.“ (Hewshmat Alavi: „Analysis: Amid widening protests, time to side with Iranian people“)