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Die Kronen Zeitung macht sich für Assad stark

In der Provinz Idlib suchen Weißhelmenach nach verschütteten Menschen. Die Kronen Zeitung will unterdessen die Sanktionen gegen das Assad-Regime aufheben. (© imago images/ZUMA Wire)
In der Provinz Idlib suchen Weißhelmenach nach verschütteten Menschen. Die Kronen Zeitung will unterdessen die Sanktionen gegen das Assad-Regime aufheben. (© imago images/ZUMA Wire)

Ein Krone-Redakteur nimmt das Erdbeben in Syrien und der Türkei zum Anlass, sich erneut für das Assad-Regime ins Zeug zu werfen.

Seit vor mittlerweile zwölf Jahren Demonstranten in Syrien auf die Straßen gingen, um ein Ende der Assad-Diktatur zu fordern, und das Land, getrieben von der eskalierenden Gewalt eines Regimes, das nicht einmal vor dem Einsatz von Giftgas zurückschreckte, in schreckliches Blutvergießen versank, tut sich in der österreichischen Medienlandschaft vor allem einer hervor: Keiner gibt so beharrlich den Lautsprecher syrischer Regime-Propaganda wie Christian Hauenstein von der Kronen Zeitung. Von Anfang an präsentierte er den Massenmord an der syrischen Bevölkerung als vielleicht bedauerlichen, aber unvermeidlichen Kollateralschaden des an sich lobenswerten Kampfes gegen »islamistische Terroristen«, den das Regime und dessen Verbündete angeblich führten.

Insbesondere das russische Engagement in Syrien rief bei Hauenstein regelrechten Jubel hervor. Dass die russische Armee sich dabei vor allem durch Kriegsverbrechen wie die systematische Bombardierung medizinischer Infrastruktur hervortat, hat ihn nie interessiert, vielmehr müsse man dafür »dankbar sein«, wenn »Terroristen« bekämpft werden. »Der Kreml-Zar«, ließ er die Krone-Leser im Herbst 2015 wissen, »hat für alles, was er tut, und für all seine Einschätzungen der Weltlage gute Gründe«. Der Westen sei deshalb »gut beraten, auf Putin und seinen weltgewandten Außenminister Lawrow zu hören«.

Hauenstein selbst tat das jedenfalls – und verbreitete in der Krone selbst noch die plattesten russischen Propagandalügen wie beispielsweise die skandalöse Diffamierung der Zivilschutzorganisation der Weißhelme als »Terroristen«.

»Für die Menschen«

Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass Hauenstein auch das desaströse Erdbeben, das am Montag Teile der Türkei und Syriens erschüttert hat, zum Anlass nimmt, um sich ein weiteres Mal für das Assad-Regime ins Zeug zu legen. Unter Verweis auf die katastrophale Lage in Nordsyrien, das »noch von radikalislamistischen Rebellen beherrscht wird«, appellierte Hauenstein am Mittwoch: »(D)ie Welt sollte aufwachen, speziell, was Syrien anlangt.«

Denn das Land leide ja nicht nur unter den Folgen des Krieges, »sondern auch unter den Sanktionen gegen das Assad-Regime, die in erster Linie die verarmte Bevölkerung treffen«. Er hoffe darauf, dass das Beben aufrüttle und der Westen auf den Vatikan höre, »der seit Jahren ein Ende der Sanktionen fordert. Für die Menschen. Um den Wiederaufbau zu ermöglichen …«.

Ohne Zweifel ist die Lage in den vom Erdbeben am schwersten betroffenen Gebieten in Nordostsyrien katastrophal. Bis dato sind es einzig und ausgerechnet die von Hauenstein als Terroristen diffamierten Weißhelme, die versuchen, Menschen aus den Trümmern der eingestürzten Häuser zu retten. Internationale Hilfe wäre dringend vonnöten.

Aber die Situation ist auch deshalb so desaströs, weil auf Geheiß Assads und Russlands bis auf einen einzigen alle Grenzübergänge geschlossen sind, über die internationale Hilfe geliefert werden könnte. Seit Jahren besteht das Regime darauf, dass internationale Unterstützung ausschließlich über Damaskus abgewickelt werden müsse – also unter Kontrolle des Regimes, das so nicht nur sicherstellen will, selbst über die Verteilung der Güter zu bestimmen, sondern dabei auch in Zukunft kräftig mitschneiden möchte.

»Die herrschende Elite um das Präsidentenpaar Assad«, schreibt die Syrien-Expertin Kristin Helberg, »missbraucht die milliardenschweren UN-Hilfen (…) seit mehr als zehn Jahren, indem sie sich bereichert, ihren Unterstützern lukrative Verträge und Warenlieferungen sichert und Lebensmittel, Medikamente und Zugang zu Unterkünften nach Loyalität und nicht nach Bedürftigkeit verteilt«.

Dass auf diesem Wege nichts von den Hilfen in diejenigen Gebiete des Landes gelangt, die nicht unter Kontrolle des Regimes stehen, weiß jeder, der es wissen will.

Blanker Zynismus

Deshalb ist es an Zynismus kaum zu überbieten, wenn Christian Hauenstein jetzt ausgerechnet die katastrophale Lage in Nordostsyrien heranzieht, um eine Aufhebung der Sanktionen gegen das Assad-Regime zu fordern. In die unter Kontrolle des Regimes stehenden Teile des Landes kann Hilfe, wie sie von einigen Ländern zugesagt wurde, bereits jetzt gelangen (humanitäre Unterstützung und medizinische Güter sind von den Sanktionen gegen das Regime ohnehin nicht betroffen).

Hilfe für jene Gebiete, die unter der Kontrolle von Rebellen stehen, ist andererseits nicht auf eine Kooperation mit Assad angewiesen, der nicht das geringste Interesse hat, etwas zur Linderung der Lage oder gar zum Wiederaufbau dieser Teile des Landes beizutragen, ganz im Gegenteil. Von einer Lockerung der Sanktionen würden die Millionen Menschen, die vor dem Regime in den Nordosten Syriens geflohen sind, nicht profitieren. Und für deren Lage sind nicht internationale Sanktionen verantwortlich, sondern vor allem das Regime.

»Die Menschen in Syrien leiden nicht aufgrund von gezielten Sanktionen gegen regimenahe Organisationen und Personen, sondern unter der Misswirtschaft und den mafiösen Strukturen des Assad-Regimes sowie den Folgen der jahrelangen Zerstörung durch die syrische und russische Luftwaffe«, stellt Helberg fest. »Assads Bemühungen, sich in dieser Notlage als Retter der Nation und internationaler Ansprechpartner zu inszenieren, sollten deshalb als das erkannt werden, was sie sind: der Versuch, sich trotz andauernder Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu rehabilitieren und dadurch Geld sowie politische Unterstützung für den eigenen Machterhalt zu generieren.«

Und wie schon die gesamte Zeit des Krieges über steht Christian Hauenstein von der Kronen Zeitung bereit, um ihm dabei publizistisch unter die Arme zu greifen. Am selben Tag bombardierte die syrische Luftwaffe übrigens die Stadt Marea – während Helfer versuchten, Verschüttete aus eingestürzten Häusern zu retten.

P.S.: Um das Bild von Hauensteins besonderer Russland-Expertise abzurunden, hier noch, was er Anfang 2022 über die Ukraine geschrieben hat:

»Wenn man die Meldungen zur Ukrainekrise durchsieht, könnte einem angst und bange werden. (…) In der ›Welt‹ wird die Ukraine als Land bezeichnet, ›dessen Existenz auf dem Spiel steht‹. (…)
Aber stimmt das alles?
NEIN!!!
Es wird keinen großen Krieg in Europa geben. Niemand hätte daran Interesse. Auch Kreml-Chef Putin sagt, dass er kein Interesse an einem Krieg habe. Er plane auch keine Invasion.« (Kronen Zeitung, 22. Januar 2022)

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