Al-Monitor konnte in Erfahrung bringen, dass Dutzende Palästinenser in den letzten Wochen im Flüchtlingslager von Khan Yunis und der benachbarten Abasan-Nachbarschaft demonstriert haben. Sie forderten die Hamas auf, den Menschen zu helfen oder zu ‚verschwinden‘. Einige brachten Schilder mit Sprüchen, die sich gegen das ‚diktatorische Regime‘ im Gazastreifen richteten. Vor gut zwei Wochen fanden ähnliche Proteste im Lager von Schabura in der im südlichen Gazastreifen gelegenen Stadt Rafah und im Jabalia-Flüchtlingslager im Norden der Enklave statt. Bei einigen Protesten kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den Demonstranten und Anhängern der Hamas. Die Demonstranten erklärten, die Herrscher des Gazastreifens hätten das Territorium ins Mittelalter zurückbefördert, die Anhänger der Hamas beschuldigten die Demonstranten des Verrats. Sie würden dem zionistischen Feind helfen. (…)
Die Demonstranten beschuldigten die Funktionäre und Aktivisten der Hamas der Korruption. Sie würden ihre Unterstützer der Bevölkerung im Allgemeinen gegenüber bevorzugen. Die meisten Bewohner des Gazastreifens sind arbeitslos und angesichts der vielen allwöchentlichen Toten und Verletzten demoralisiert. Es handelt sich um kleine Demonstrationen, doch erinnern sie an die Proteste gegen die Stromsperren im Gazastreifen im Januar 2017, die von den Sicherheitskräften der Hamas brutal unterdrückt wurden. Ein Bewohner von Khan Yunis berichtete Al-Monitor am 2. Oktober, die Proteste in dem Flüchtlingslager im Süden des Gazastreifens hätten vor einem Monat begonnen. Zunächst hätten einige Dutzend Palästinenser nach dem Freitagsgebet, zeitgleich mit den wöchentlichen Ausschreitungen am Grenzzaun zu Israel, spontan demonstriert. In den folgenden Tagen sei die Zahl der Demonstranten auf mehrere hundert gestiegen. (…) Es handele sich nicht um eine kleine Gruppe Unzufriedener, sondern die Mehrheit der Bewohner des Flüchtlingslagers mache die Hamas dafür verantwortlich, dass sie am Rande des Abgrunds stünden. (…)
Eine Quelle im israelischen Sicherheitsapparat, die anonym bleiben wollte, bestätige, dass es in den letzten Wochen an verschiedenen Orten Proteste gegen die Hamas gegeben habe. Neben der Wirtschaftskrise und den geringen Aussichten auf eine Versöhnung mit der Fatah habe vor allem die hohe Zahl an palästinensischen Toten und Verletzten an der Grenze unter den Schwächsten im Gazastreifen, also jenen, die in den Flüchtlingslagern leben, die Unzufriedenheit genährt. Es sei unwahrscheinlich, dass die Proteste in einen Aufstand münden und zum Sturz der Hamas führen könnten. ‚Die Palästinenser im Gazastreifen sind müde, erschöpft und hungrig. In Ägypten hat die Armee die Bevölkerung geschützt. Die ‚Armee‘ der Hamas im Gazastreifen wird keinen Augenblick zögern, mit scharfer Munition auf Demonstranten zu schießen. Der Gazastreifen ist nicht Ägypten, und der Palästinaplatz ist nicht der Tahrirplatz.‘“ (Shlomi Eldar: „Desperate Gazans protest against Hamas“)