Die Militäraktionen Israels richten sich gegen Terroristen. Der Tod von Zivilisten ist tragisch, aber im Gazastreifen ist er Teil der Strategie der Hamas und nicht der israelischen Streitkräfte.
John Spencer
In seiner Kolumne »Ich bin Genozidforscher. Ich erkenne Genozid, wenn ich ihn sehe« in der New York Times beschuldigte Omer Bartov Israel, im Gazastreifen einen Völkermord zu begehen. Als Professor für Genozidstudien an der Brown University sollte er es besser wissen. Völkermord wird nicht durch ein paar aus dem Zusammenhang gerissene Kommentare, durch Schätzungen von Opferzahlen oder Zerstörungen oder dadurch definiert, wie der Krieg in den Schlagzeilen oder sozialen Medien aussieht. Er wird durch die konkrete Absicht definiert, eine nationale, ethnische, »rassisch« definierte oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise zu vernichten. Das ist eine hohe rechtliche Hürde. Bartov hat sie nicht nur nicht genommen, sondern es noch nicht einmal versucht.
Ich bin kein Jurist oder politischer Aktivist. Ich bin ein Experte für Kriegsführung. Ich habe Soldaten im Kampf geführt. Ich habe jahrzehntelang Militäreinheiten in städtischer Kriegsführung ausgebildet und mich jahrelang mit Militärgeschichte, Strategie und Kriegsrecht beschäftigt.
Seit den von der Hamas angeführten Terroranschlägen im Süden Israels am 7. Oktober 2023 war ich viermal im Gazastreifen, eingebettet in die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF). Ich habe den israelischen Premierminister, den Verteidigungsminister, den IDF-Stabschef, die Führung des Südkommandos und Dutzende von Kommandanten und Soldaten an der Front interviewt. Ich habe ihre Befehle geprüft, ihren Zielerfassungsprozess beobachtet und gesehen, wie Soldaten echte Risiken eingegangen sind, um Zivilisten nicht zu verletzen. Nichts von dem, das ich gesehen oder untersucht habe, ähnelt einem Völkermord oder einer genozidalen Absicht.
Keine Belege
Bartov behauptet, fünf Aussagen israelischer Politiker würden eine genozidale Absicht belegen. Er beginnt mit der Äußerung des Premierministers Benjamin Netanjahu vom 7. Oktober, dass die Hamas und palästinensische Terroristen »einen hohen Preis« für das Massaker an 1.200 Menschen und die Entführung von 251 weiteren zahlen würden. Das ist kein Aufruf zum Völkermord. Das ist das, was jeder Politiker nach dem schlimmsten Terroranschlag in der Geschichte seines Landes sagen würde.
Der Genozidforscher zitiert auch Netanjahus Aussagen, die Hamas würde zerstört werden und Zivilisten sollten die Kampfgebiete verlassen. Das ist kein Beweis für den Wunsch, ein Volk zu vernichten. Das ist das, was professionelle Militärs tun, wenn sie gegen einen Feind kämpfen, der sich unter Zivilisten versteckt.
Darüber hinaus präsentiert Bartov Netanjahus Sager »Erinnert euch an Amalek« als eindeutigen Beweis. Aber dieser Verweis auf die Bibel ist ein Ausdruck aus der jüdischen Geschichte und Tradition. Er ist in Israels Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem eingraviert und prangt auch auf dem Holocaust-Mahnmal in Den Haag. An beiden Orten dient er als Mahnung, wachsam gegenüber Bedrohungen zu bleiben, und nicht als Aufruf zu Massenmord.
Bartov hebt auch die Verwendung des Begriffs »menschliche Tiere« zur Beschreibung von Hamas-Kämpfern durch den ehemaligen israelischen Verteidigungsminister Yoav Gallant hervor. Solch eine Bezeichnung ist ebenfalls kein Kriegsverbrechen. Nach den Massakern, Vergewaltigungen und Gräueltaten, die am 7. Oktober an Zivilisten verübt wurden, würden viele diese Reaktion verstehen oder sogar teilen.
Da der Genozidforscher bei denjenigen, die den Krieg tatsächlich leiten, keine Absicht erkennen kann, wendet er sich an rechtsextreme Politiker wie Bezalel Smotrich und Nissim Vaturi. Diese Personen befehligen aber keine Truppen, erteilen keine Befehle und treffen keine Entscheidungen auf dem Schlachtfeld. Ich habe die tatsächlichen Befehle studiert. Sie konzentrieren sich auf die Zerschlagung der Terrororganisation Hamas, die Rettung der verbleibenden Geiseln und den Schutz der Zivilbevölkerung in der Küstenenklave, wann immer dies möglich ist. Ihre Rhetorik ist für den Rechtsfall irrelevant.
Israel hat außergewöhnliche Maßnahmen ergriffen, um Schäden für die Zivilbevölkerung zu begrenzen. Es warnt vor Angriffen per SMS, Telefonanrufen, Flugblättern und Rundfunkdurchsagen. Es öffnet sichere Korridore und unterbricht Operationen, damit Zivilisten die Kampfgebiete verlassen können. Es verfolgt die Anwesenheit von Zivilisten bis auf die Ebene einzelner Gebäude hinab. Ich habe gesehen, wie Einsätze verzögert oder abgesagt wurden, weil Kinder in der Nähe waren. Ich habe gesehen, wie israelische Soldaten unter Beschuss gerieten und dennoch den Befehl erhielten, nicht zurückzuschießen, weil Zivilisten hätten verletzt werden können.
Israel hat mehr humanitäre Hilfe in den Gazastreifen geliefert, als jede Armee in der Geschichte jemals einer feindlichen Bevölkerung in Kriegszeiten zur Verfügung gestellt hat. So sind mehr als 94.000 Lastwagen mit über 1,8 Millionen Tonnen Hilfsgütern in das Gebiet gefahren. Israel hat Krankenhäuser unterstützt, Wasserleitungen repariert, den Zugang zu sauberem Wasser verbessert und mehr als 36.000 Patienten die Ausreise zur Behandlung im Ausland ermöglicht.
Die IDF haben die Verteilung von Millionen von Impfdosen koordiniert, Krankenhäuser und Infrastruktur mit Treibstoff versorgt und den Fluss von Lebensmitteln und Medikamenten über die Vereinten Nationen, Hilfsorganisationen und private Partner erleichtert. Allein die amerikanisch-israelische Gaza Humanitarian Foundation hat mehr als 82 Millionen Mahlzeiten – ein bis zwei Millionen pro Tag – geliefert und gleichzeitig die Kontrolle der Hamas über die Hilfsgüter geschwächt. Das ist kein Völkermord. Es ist eine verantwortungsvolle und historische humanitäre Politik mitten im Krieg.
Fragwürdige Quelle
Bartov zitiert ohne zu hinterfragen die Opferzahlen der Gesundheitsbehörden der Hamas. Er sagt, dass 58.000 Menschen getötet worden seien, darunter 17.000 Kinder. Diese Zahlen stammen jedoch von einer terroristischen Organisation. Sie unterscheiden nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern und kategorisieren alle unter achtzehn Jahren als Kinder, obwohl die Hamas Teenager als Kämpfer und jüngere Kinder als Hilfskräfte einsetzt. Die Zahlen sind nicht unabhängig überprüft worden und enthalten nachweislich falsche Angaben zu Namen, Alter und Geschlecht. Zivile Todesopfer sind tragisch, aber sie sind auch Teil der Strategie der Hamas.
Keine militärische Operation wird allein anhand der Zahl der Todesopfer oder der Zerstörungen beurteilt. Würden wir Bartovs Logik anwenden, müsste jeder größere Krieg als Völkermord bezeichnet werden. Im Koreakrieg starben insgesamt zwei Millionen Zivilisten, durchschnittlich 54.000 pro Monat. In den Kriegen im Irak und in Afghanistan wurden Hunderttausende getötet. Im Kampf gegen den Islamischen Staat wurden mehrere Städte dem Erdboden gleichgemacht und Zehntausende Menschen getötet. Keiner dieser Kriege wurde als Völkermord angesehen. Krieg wird anhand der Handlungen der Befehlshaber, der von den Führern gesetzten Ziele und der Einhaltung des Kriegsrechts durch das Militär bewertet und nicht anhand von aus dem Zusammenhang gerissenen Statistiken.
Krieg ist die Hölle. Er ist unmenschlich, zerstörerisch und hässlich. Aber er ist nicht automatisch ein Verbrechen. Nationen dürfen nicht gezielt Zivilisten angreifen. Sie müssen die Regeln der Unterscheidung und Verhältnismäßigkeit befolgen und alle möglichen Vorkehrungen treffen, um zivile Opfer zu vermeiden. Israel tut dies. Ich habe es selbst gesehen.
In Rafah hat Israel diesen Sommer wochenlang Evakuierungen vorbereitet. Es hat neue Sicherheitszonen eingerichtet und gewartet, bis die Zivilisten evakuiert waren, bevor es Hamas-Ziele angegriffen hat. Bei dieser Operation wurde der oberste Kommandeur der Hamas getötet, Geiseln befreit und die Zahl der zivilen Opfer sehr geringgehalten. Es war ein klares Beispiel für Israels außergewöhnliche Absichten und seine Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung, während nur die Hamas angegriffen wurde. Dies ist jener Teil der Geschichte, der von jenen ignoriert wird, die Krieg auf Schlagzeilen und Zahlen reduzieren.
Was im Gazastreifen geschieht, ist tragisch. Aber es ist kein Völkermord. Und es ist nicht rechtswidrig. Völkermord erfordert eine klare, nachweisbare Absicht, ein Volk durch anhaltende, vorsätzliche Handlungen zu vernichten. Diese Beweislast wurde nicht erfüllt. Bartov und andere haben es nicht einmal versucht, sie zu erfüllen.
Ebenso verbietet das Kriegsrecht nicht den Krieg an sich. Es verlangt, dass bei militärischen Operationen zwischen Kombattanten und Nichtkombattanten unterschieden wird, dass die Gewalt in einem angemessenen Verhältnis zum Ziel und Ergebnis ihrer Anwendung steht und die Befehlshaber alle möglichen Vorkehrungen zum Schutz der Zivilbevölkerung treffen. Ich habe beobachtet, dass die IDF genau das machen. Ich habe Zurückhaltung, humanitäre Hilfe und die bewusste Einhaltung rechtlicher Standards gesehen, oft unter taktischen Einbußen.
Es ist keine Vernichtungskampagne, was Israel in Gaza unternimmt. Es ist ein Krieg gegen die Hamas, eine Terrorarmee, die sich bewusst in zivilen Gebieten verschanzt hat. Das Recht ist wichtig. Präzision ist wichtig. Und vor allem ist die Wahrheit wichtig.
John Spencer hat den Lehrstuhl für städtische Kriegsführung am Modern War Institute (MWI) in West Point inne, ist Co-Direktor des MWI-Projekts Urban Warfare Project und Moderator des Urban Warfare Project Podcast. Er diente 25 Jahre lang als Infanterist, darunter zwei Einsätze im Irak. Er ist Autor des Buches Connected Soldiers: Life, Leadership, and Social Connection in Modern War und Mitautor von Understanding Urban Warfare. (Der Text erschien auf Englisch zuerst beim Jewish News Syndicate. (Übersetzung von Alexander Gruber.)






