Die Symbolkraft dieser Niederlagen auf kommunaler Ebene ist nicht zu unterschätzen. Die virushafte Schwäche der AKP, die sich schon seit Längerem abzeichnet, hat nun erstmalig zum Machtverlust in den großen Städten des Landes geführt. Der Präsident weiß um die Anfälligkeit seiner an der Macht verbrauchten Partei, deshalb hatte er im Wahlkampf alle Register der Manipulation und der politischen Kriegsführung gezogen. (…) Es hat alles nichts genützt. Erdoğan redete an den Problemen der Menschen vorbei. Zu groß ist der Verdruss der Hälfte der Türken über die Ein-Mann-Herrschaft des Präsidenten und das Verwaltungschaos nach zwei Jahren der politischen Säuberung. Zu tief ist der Ärger vieler Menschen über die hohen Lebensmittelpreise und ihre entwerteten Lira-Einkommen. Zu düster ist der Ausblick in der systemischen Wirtschaftskrise. Zu dünn ist das, was der Präsident ihnen an konkreten Verbesserungsvorschlägen angeboten hat. (…)
Was immer Erdoğan tun wird: Seine Partei ist angeschlagen – und er hat sie nicht davor bewahren können. Die scheinbar unerschütterliche AKP ist nicht mehr intakt. Der Präsident wird jetzt sehr viel darauf verwenden, seine Position zu festigen.“ (Michael Thumann: „Eine Niederlage mit Symbolkraft“)