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Kollision oder Dialog – Wie geht es weiter mit dem Iran?

Seit Anfang Mai häufen sich Berichte über die erhöhten Spannungen zwischen dem Iran und den USA. Aufgrund dieses verstärkten Konflikts haben die USA in den letzten Wochen ihre Militärpräsenz im Nahen Osten erhöht und wegen der Gefahr eines iranischen Angriffs ein Kriegsschiff inklusive Flugabwehrraketensystem in die Golfregion verlegt. Außerdem entsendeten die USA rund 1500 zusätzliche Soldaten in die Region, die laut US-Präsident Donald Trump eine schützende Rolle einnehmen sollen. Irans Außenminister, Mohammed Javad Zarif, nannte diese „Eskalation durch die USA“ inakzeptabel, beteuerte jedoch, dass der Iran maximale Zurückhaltung walten lasse.

Die berechtige Frage in diesem Zusammenhang ist nun, woher diese erhöhten Spannungen kommen. Um die aktuellen Geschehnisse einordnen zu können, gilt es ungefähr genau ein Jahr zurückzublicken. Anfang Mai 2018 kündigte US-Präsident Donald Trump an, dass die USA aus dem Nuklearabkommen mit dem Iran aussteigen werden. Der „Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA)“ (Gemeinsamer umfassender Aktionsplan, auch der Iran-Deal genannt) wurde 2015 zwischen dem Iran auf der einen Seite und den USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland auf der anderen Seite abgeschlossen. Das Ziel war es, Irans Nuklearprogramm für die nächsten zehn Jahre fast komplett einzuschränken, im Gegenzug für die Aufhebung der drückenden Wirtschaftssanktionen, welche die internationale Gemeinschaft dem Iran als Antwort auf seine nuklearen Ambitionen auferlegt hatte.

Das Abkommen liefert jedoch bestenfalls eine Verzögerung von Irans nuklearen Ambitionen und kann nicht verhindern, dass der Iran früher oder später versuchen wird, eine Nuklearmacht zu werden, zumal der Deal ein Ablaufdatum hat. Auch wenn Unterstützter des Deals immer wieder betonen, dass der Iran sich an die Auflagen des Deals hält – vor allem was Inspektionen der Internationalen Atomenergiebehörde anbelangt – bedeutet dies keinen Erfolg, da die Auflagen selbst unzureichend sind. Der Iran behält unter dem gegenwärtigen Deal das nötige Know-How, um gegebenenfalls innerhalb eines Jahres eine Atomwaffe zu produzieren. Außerdem unterbindet der Deal auch nicht Irans Produktion und Tests von ballistischen Raketen, welche letztendlich die Trägersysteme für zukünftige Atomwaffen sein würden und bereits heute den gesamten Nahen Osten (inklusive Israel) und sogar Teile Europas erreichen können. Dass der Iran keineswegs wohlwollend Konfrontation vermeiden will, zeigt sich auch an den Raketentests, die im letzten Jahr immer wieder durchgeführt wurden.

Kollision oder Dialog – Wie geht es weiter mit dem Iran?Zur gleichen Zeit als Donald Trump den Nukleardeal aufkündigte entließ er seinen vorherigen Nationalen Sicherheitsberater, General H.R. McMaster, und ersetzte ihn mit John Bolton. Warum sind diese beiden Ereignisse, die sich ungefähr zur gleichen Zeit abspielten, relevant? Zunächst einmal setzte es den Iran auf Kollisionskurs mit den USA, als diese den Iran-Deal aufkündigten und neue Sanktionen verhängten. Mit der Ernennung von John Bolton war nun jedoch auch der womöglich schärfste Irankritiker im Zentrum der amerikanischen Strategieplanung platziert worden. Laut Bolton, war der Iran-Deal das „schlimmste diplomatische Debakel in der Geschichte Amerikas“. Während bis dahin sogar Donald Trump bereit war, mit dem Iran – einen neuen und besseren Deal – zu verhandeln, war Boltons Standpunkt ein ganz anderer. Er befürwortet offen einen Regimewechsel im Iran, da er das iranische Regime als das zentrale Problem im Nahen Osten ansieht. Kürzlich hat die Trump-Administration jedoch erneut erklärt, dass es ihr nicht um Regime Change im Iran gehe, und dass sie bereit sei, ohne Vorbedingungen mit Teheran zu verhandeln.

Das Argument, dass mit dem gegenwärtigen iranischen Regime keine Geschäfte gemacht werden dürfen, stützt sich auf die Tatsache, dass der Iran die Quelle vieler, wenn nicht der meisten Probleme des Nahen Ostens ist. Als größter staatlicher Sponsor von Terror trägt der Iran nicht nur zur Destabilisierung der Region, sondern sogar anderen Teilen der Welt bei. Gruppen, die finanzielle oder materielle Unterstützung vom Iran bekommen, sind nicht nur der Iran-Stellvertreter Hisbollah im Libanon, sondern auch militante Gruppen in Syrien und im Jemen sowie der Islamische Dschihad und die Hamas im Gazastreifen.

Durch die Aufrechterhaltung eines irantreuen Netzwerks in der Region versucht Teheran seine antiwestliche, antiliberale und antizionistische Weltsicht auf brutale Art und Weise zu verbreiten und hat sich diesbezüglich die Zerstörung Israels zum ausdrücklichen Ziel gesetzt. Vor dem Hintergrund dieser Verhältnisse ist somit die nukleare Proliferation eines solchen Staates als besonders gefährlich einzustufen. Darüber hinaus steht außer Zweifel, dass die Gelder, die durch die Aufhebung der Sanktionen eingenommen wurden, in diese internationale Terrorkampagne fließen. Es scheint somit gerechtfertigt zu sagen, dass dem derzeitigen iranischen Regime nicht vertraut werden kann, sich an einen Deal zu halten oder gutwillig das Nuklearprogramm zurückzuschrauben.

Seit dem Rückzug der USA aus dem Iran-Deal wurden erneut Sanktionen gegen den Iran in Kraft gesetzt. Weite Teile der iranischen Industrie, insbesondere Gold, Metall und Öl, sind heute mit US-Sanktionen belastet. Von amerikanischer Seite scheint seither also das Ziel gewesen zu sein, den Iran mit erneuten Sanktionen in die Knie zu zwingen und dann einen neuen, für die USA vorteilhafteren Deal, auszuhandeln. Dieser Strategie machte der Iran jedoch bisher einen Strich durch die Rechnung. Obwohl sich die USA aus dem Deal zurückzogen, entschied der Iran, sich vorerst weiterhin an letzteren zu halten und von den europäischen Partnern wirtschaftlichen Zusagen einzufordern. In Teheran wurde nämlich gemutmaßt, dass Donald Trump keine weitere Amtszeit ausüben werde, und man deshalb die nächsten 2 Jahre lediglich aussitzen müsse. Die USA begannen jedoch, vermehrt Druck auf die europäischen Mächte auszuüben, und kündigten an, jedem Staat, der weiterhin Handel mit dem Iran betreibt, ebenfalls Sanktionen aufbürden zu wollen. Im Zuge dessen zogen sich einige europäische Unternehmen, wie Siemens oder Mersk, aus dem Iran zurück.

Kollision oder Dialog – Wie geht es weiter mit dem Iran?Der nächste Schritt in der US- Kampagne, Druck auf den Iran auszuüben, war die Einstufung der Islamischen Revolutionsgarden als Terrororganisation letzten April. Die Revolutionsgarde ist die Eliteeinheit des iranischen Regimes und dient als „Wächterin der Islamischen Revolution“, was sie zur treibenden Kraft iranischer Politik in der Region macht. Dementsprechend ist der Versuch seitens der USA zu verstehen, die finanziellen Mittel der iranischen Organisation zu kürzen, die für die Destabilisierung der Region und die Unterstützung von Terroraktivitäten verantwortlich ist.

Außerdem kündigten die USA an, Länder sanktionieren zu wollen, die weiterhin iranisches Öl kaufen. Dies war für den Iran besonders einschneidend, da sich seine Wirtschaft insbesondere mit Ölexporten über Wasser zu halten versuchte. Mit diesen radikalen Sanktionsmaßnahmen könnten die USA versuchen, die iranische Wirtschaft so weit zu strangulieren und die iranische Bevölkerung in die Armut zu stürzen, sodass sich diese gegen das Regime auflehnt und es idealerweise stürzt.

Bisher hatten die Sanktionen nicht den beabsichtigten Effekt, weder innenpolitisch noch in der Region. Das iranische Regime macht weiter wie gehabt und hat Anfang Mai dieses Jahres sogar angekündigt, aus Teilen des Iran-Deals aussteigen und zukünftig überschüssig angereichertes Uran behalten zu wollen – und nicht, wie im Abkommen vereinbart, zu verkaufen. Seither hat der Iran seine Uranproduktion vervierfacht, wobei die so gewonnene Menge immer noch innerhalb der vereinbarten Anreicherung liegt.

Außerdem fordert Teheran weiterhin, dass die europäischen Staaten ihre wirtschaftlichen Versprechungen aus dem Abkommen einhalten. Die europäischen Staaten befinden sich nun in einer Zwickmühle: Entweder, sie kommen ihren Verpflichtungen aus dem Iran-Deal nach und halten ihren Handel mit dem Iran aufrecht, mit dem Risiko US-Sanktionen auferlegt zu bekommen. Oder sie ziehen sich von diesen Verpflichtungen zurück und verlieren somit die Kontrolle über und Einsicht in das iranische Nuklearprogramm, die derzeit gegeben ist, die von Kritikern jedoch zu Recht als unzureichend bezeichnet wird.

Die Frage, die sich also stellt, ist, ob in Zukunft der Kollisionskurs der USA oder der Dialogkurs der Europäer überwiegen wird. Für die Europäer, die durch die Einhaltung des Iran-Deals das iranische Nuklearprogramm in Schach halten wollen, sieht es momentan nicht allzu rosig aus. Abgesehen von der Tatsache, dass die Inspektionen in iranischen Nukleareinrichtungen ohnehin keine ausreichende Kontrolle über Irans Nuklearambitionen ermöglichen, wurden von europäischer Seite bisher auch einige Alarmsignale ignoriert. Die Raketentests, die vom Iran im vergangenen Jahr durchgeführt wurden, spielen im europäischen Diskurs kaum eine Rolle, zeigen jedoch Irans bösartige Absichten.

Kollision oder Dialog – Wie geht es weiter mit dem Iran?Darüber hinaus haben europäische Mächte wichtige Einsichten das iranische Atomprogramm betreffend missachtet, vor allem die Enthüllung seitens Israels vergangenes Jahr, durch die gezeigt wurde, dass der Iran jahrelang ein geheimes Nuklearwaffenprogramm versteckte. Die europäischen Mächte wären also gut beraten, ihren Dialogansatz zu überdenken und eine schärfere Haltung gegenüber einer offensichtlich böswilligen Fast-Nuklearmacht im Wartestand einzunehmen. Vor allem mit dem Rückzug des Irans von Teilen des Abkommens ergeben sich neue Argumente für Sanktionen. Ob damit aber der Plan John Boltons, einen Regimewechsel herbeizuführen, aufgeht, wird sich erst mit der Zeit zeigen.

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