Moskau: Erstmals Klage gegen russische Söldner in Syrien

An der Rückeroberung von Homs waren auch Söldner der Gruppe Wagner beteiligt. (© imago images/ZUMA Wire)
An der Rückeroberung von Homs waren auch Söldner der Gruppe Wagner beteiligt. (© imago images/ZUMA Wire)

Söldner der sogenannten Gruppe Wagner haben sich selbst bei der Ermordung und Verstümmelung eines angeblichen IS-Mitglieds gefilmt.

Andrew E. Kramer, The New York Times

Drei Menschenrechtsgruppen kündigten am Montag eine Klage an, die ihrer Meinung nach die erste ist, die Soldaten der russischen Söldnerorganisation Wagner für in Syrien begangene Verbrechen ins Visier nimmt und damit die wachsenden Bemühungen unterstreicht, Söldner in Kriegsgebieten zur Verantwortung zu ziehen. (…)

Der Fall wäre dem Anschein nach leicht zu verfolgen, sollte er jemals vor Gericht kommen. Denn die Angeklagten haben sich selbst dabei gefilmt, wie sie einen Mann töteten, von dem sie behaupteten, Mitglied des Islamischen Staats gewesen zu sein. Es ist nicht klar, warum sie die Tötung aufgezeichnet haben, aber Analysten sagten, die Aufnahmen könnten zu Propagandazwecken gemacht worden sein oder eine grausame Form der Werbung darstellen.

In den Videosegmenten, die seit 2017 im Internet kursieren, filmt sich eine Gruppe russischsprachiger Männer in der düster-theatralischen, fast postapokalyptischen Kulisse der zerstörten Al Shaer-Gasanlage in der Stadt Homs in Nordsyrien dabei, wie sie ihr Opfer mit einem Vorschlaghammer schlagen, dann zerstückeln und den Körper verbrennen.

Menschenrechtsorganisationen und Analysten des Syrienkonflikts haben die Clips über Jahre hinweg untersucht. Doch die Tötung blieb wegen der komplizierten juristischen Fragen im Zusammenhang mit Söldnern ein ungesühntes Verbrechen. Novaya Gazeta, eine unabhängige russische Zeitung, identifizierte vor zwei Jahren einen der Angreifer als Mitglied der Söldnergruppe Wagner, die laut der US-Regierung von Jewgeni V. Prigozhin finanziert wird, einem Oligarchen, der als „Putins Koch“ bezeichnet wurde, weil er Catering-Verträge für den Kreml abschließen konnte. (…)

Die russische Staatsanwaltschaft hat bislang keine Ermittlungen eingeleitet. Mit ihrer Klage haben die Internationale Föderation für Menschenrechte und zwei weitere Organisationen, die Bürgerrechtsgesellschaft Memorial und das Syrische Zentrum für Medien und Meinungsfreiheit, nun formell gefordert, dies zu tun.

Während die Kläger einräumen, dass es unwahrscheinlich ist, dass Russland eine Untersuchung durchführen wird, sagen sie, dass die Einreichung Teil einer juristischen Strategie ist, um den Fall vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu bringen. Russland ist vertraglich verpflichtet, dessen Entscheidungen zu beachten. Um das tun zu können, müssen die Kläger zuerst alle Instanzen des russischen Rechtssystems durchlaufen.

Die Klage wurde im Namen eines Bruders des getöteten Mannes eingereicht, der als Mohammad al-Abdullah identifiziert wurde. Menschenrechtsgruppen sagen, al-Abdullah sei von der syrischen Armee übergelaufen, über eine Verbindung zum Islamischen Staat sei aber nichts bekannt. (…)

Söldner und andere sogenannte nichtstaatliche Kämpfer stellen laut Menschenrechtsgruppen ein wachsendes Problem dar. Rund drei Viertel der Kriege werden heute von solchen Soldaten geführt, anstatt von Mitgliedern der Streitkräfte der Nationen, sagte Varvara Pakhomenko, eine Beraterin für Menschenrechte. Westliche Regierungen haben Russland beschuldigt, Wagner-Söldner in der Zentralafrikanischen Republik, in Libyen, im Sudan, in Syrien und in der Ukraine einzusetzen.

(Aus dem Artikel „Grisly Killing in Syria Spawns Legal Case Against Russian Mercenaries“, der in der New York Times erschienen ist. Übersetzung von Florian Markl.)

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