Nicht nur lehnte Irans oberster Führer in seiner Rede die angebotene Hilfe aus den USA ab, vielmehr behauptete er, diese hätten sich mit Jinns verbündet, um dem Land zu schaden.
Wilfried Buchta, Neue Zürcher Zeitung
Bisweilen muten Reden führender Politiker und schiitischer Geistlicher Irans so wunderlich an, als entsprängen sie akademischen Standardlehrwerken über Verschwörungstheorien oder über machtpolitischen Zynismus. Allemal gilt das für eine der jüngsten Reden des mächtigsten Mann Irans, des Revolutionsführers Ali Khamenei. Es ist eine bemerkenswerte, wohl als Jinn-Rede in die Annalen eingehende Rede, die er am 22. März zu Beginn des alljährlichen iranischen Nowruz-Neujahrsfests gehalten hat. (…)
Größtenteils aber widmete sich Khameneis Rede seinem Lieblingsthema: dem Kampf gegen seinen politischen Erzfeind, die seit der Revolution von 1979 zum „großen Satan“ stilisierten USA, die sich aber nun in Corona-Zeiten, so Khamenei, nicht nur mit feindseligen irdischen, sondern auch überirdischen Mächten gegen Iran verschworen hätten. Iran blicke einer tödlichen Gefahr ins Auge, denn: „Wir haben Jinn und menschliche Feinde, die sich gegenseitig helfen. Die Geheimdienste vieler Staaten arbeiten zusammen, um uns zu schaden.“
Ausgerechnet Jinn. Jene im Koran häufig erwähnten, die Welt bevölkernden übersinnlichen Geisterwesen, die, erschaffen aus rauchlosem Feuer, vernunftbegabt und zum Guten und Bösen fähig sind und sogar in menschliche und tierische Gestalt schlüpfen können.
Zudem betonte Khamenei in der Rede, dass sich Iran strikt weigere, Washingtons Angebot anzunehmen, Ärzte, Medikamente und medizinische Materialien und Geräte zu entsenden, um Iran in der Corona-Krise zu helfen. (…) Um dem machtpolitischen Zynismus, der aus seiner Rede sprach, noch die Krone aufzusetzen, erklärte Khamenei den Iranern, dass nicht die Annahme ausländischer Hilfe, sondern das Gebet das beste Mittel sei, die Krise durchzustehen.
Ob es das politische System des Iran unbeschadet durch die Corona-Krise schafft, ist höchst fraglich