Khamenei am Scheideweg: Zurückhaltung aus Furcht vor Israel?

Ali Khamenei am Sarg von Hamas-Chef Ismail Haniyeh. (© imago images/ABACAPRESS)
Ali Khamenei am Sarg von Hamas-Chef Ismail Haniyeh. (© imago images/ABACAPRESS)

Irans Führer Khamenei versucht, das Ausbleiben eines Angriffs auf Israel als klugen Schachzug zu verkaufen. Viele nehmen ihm das jedoch nicht ab.

Farzad Amini

Die wachsende Sorge davor, die Kontrolle über die Situation zu verlieren, dürfte der Grund für Äußerungen des Obersten Führers des iranischen Regimes Ali Khamenei in den vergangenen Tagen über die Gefahren eines »nicht-taktischen Rückzugs« und für das Ausbleiben einer energischen Reaktion des Irans auf die Tötung des Hamas-Chefs Ismail Haniyeh am 31. Juli in Teheran sein. Dass ein Angriff auf Israel bisher ausblieb, wird von Anhängern des Regimes als strategischer Schachzug zur Bewältigung der Krise und zum Erreichen eines Waffenstillstands im Gazastreifen angesehen. Sie argumentieren, Khameneis Entscheidung habe eine weitere Eskalation der Lage verhindert und diene dem »palästinensischen Widerstand«, für den regionale Stabilität von Vorteil wäre.

Diese Argumentation hat jedoch viele im Iran nicht überzeugt. Ein beträchtlicher Teil der Öffentlichkeit ist der Ansicht, dass das Regime, insbesondere Khamenei, wegen Bedenken vor härteren israelischen Vergeltungsmaßnahmen von einer direkten Konfrontation Abstand genommen hat. Befürchtet werde, dass ein erneuter direkter Angriff auf Israel zu einem umfassenderen Konflikt eskalieren und möglicherweise zu umfangreicheren israelischen Angriffen auf iranischem Gebiet führen könnte.

Regime in Furcht

Anders als von regimetreuen Kreisen wird das Zaudern vom Großteil der Bevölkerung und der sozialen Medien als Zeichen der Schwäche und Unfähigkeit des Regierung empfunden, realen Bedrohungen entschlossen zu begegnen. Die Rede von einem Waffenstillstand im Gazastreifen wird von vielen als bloßer Vorwand gewertet, um das Image der Herrschenden zu wahren. In Wahrheit sei Khamenei nicht um einen Waffenstillstand zwischen der Hamas und Israel besorgt, sondern habe einerseits große Bedenken in Bezug auf militärische Reaktionen Israels auf einen iranischen Angriff, und fürchte andererseits, bei einer größeren militärischen Auseinandersetzung die Kontrolle über die Bevölkerung und das eigene Land zu verlieren.

Das widersprüchliche Verhalten der Führung nach der Tötung Haniyehs wird nicht nur von Regierungsgegnern als deutliches Zeichen der Verunsicherung und der Furcht um das Überleben des Regimes gedeutet. Khamenei und seine Untergebenen versuchten über die militärischen und politischen Grenzen des Regimes hinwegzutäuschen – eine Taktik, die allerdings deren Position noch weiter zu schwächen droht.

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