Der geistliche Führer des Irans, Ali Khamenei, soll die Vorbereitung eines weiteren Angriffs auf Israel befohlen haben. Ausgangspunkt könnte der Irak sein.
Der Oberste Führer des Irans, Ali Khamenei, verschärfte am Samstag seine kriegerische Rhetorik noch einmal und drohte sowohl Israel als auch den Vereinigten Staaten: »Die Vereinigten Staaten von Amerika und das zionistische Regime werden definitiv eine vernichtende Antwort auf das erhalten, was sie gegen den Iran und die Widerstandsfront tun«, twitterte der Ayatollah.
Eine Stunde zuvor hatte Khamenei geschrieben: »Wir werden definitiv alles Notwendige tun, um die iranische Nation auf die Konfrontation mit den arroganten Mächten vorzubereiten, sei es militärisch, in Bezug auf die Rüstung oder politisch. Die dafür Zuständigen arbeiten bereits daran.«
Obwohl er nicht genau angab, wann und wie Teheran vorhat zu handeln, kommt die Drohung vor dem Hintergrund eines Berichts der New York Times, in dem behauptet wird, Khamenei habe kürzlich den Obersten Nationalen Sicherheitsrat des Landes angewiesen, sich auf einen weiteren Angriff auf Israel vorzubereiten. Ein solcher wäre nach jenen mit ballistischen Raketen im April und Oktober der dritte auf den jüdischen Staat im Laufe des heurigen Jahres.
Die USA haben Teheran gewarnt, Jerusalem im Falle eines weiteren Angriffs nicht stoppen zu können, berichtete die US-Nachrichtenwebsite Axios am Samstag unter Berufung auf einen amerikanischen und einen ehemaligen israelischen Offiziellen. »Wir haben den Iranern gesagt: Wir werden Israel nicht zurückhalten und nicht sicherstellen können, dass der nächste Angriff genauso präzise und gezielt sein wird wie der vorherige«, wurde der US-Vertreter zitiert.
Als Vergeltung für den jüngsten Angriff mit ballistischen Raketen griffen am 26. Oktober Dutzende israelische Flugzeuge, darunter Tank- und Spionageflugzeuge, in mehreren Wellen innerhalb weniger Stunden Ziele im gesamten Iran an, zu denen Berichten zufolge Raketen- und Drohnenproduktionsstätten, Abschussrampen sowie Luftverteidigungsbatterien, jedoch nicht das Atomprogramm oder die Energieinfrastruktur des Landes. [Das stimmt nur zum Teil, Anm. Mena-Watch.]
Am Freitag erklärte der Berater von Khamenei, Kamal Kharrazi, gegenüber dem mit der Hisbollah verbundenen TV-Sender Al-Mayadeen, die Islamische Republik werde zu gegebener Zeit und auf angemessene Weise auf den Luftangriff Israels reagieren. Laut Times traf Khamenei diese Entscheidung, nachdem er einen Bericht hochrangiger Militärkommandeure über die Schadenshöhe geprüft hatte. Seinen Mitarbeitern soll er mitgeteilt haben, das Ausmaß der beispiellosen Vergeltungsschläge Israels vom 26. Oktober sei »zu groß, um es zu ignorieren«.
Laut den Quellen bereiten Militärkommandeure eine Liste mit Zielen innerhalb des jüdischen Staates vor, der Angriff selbst jedoch wahrscheinlich erst nach den US-Präsidentschaftswahlen am kommenden Dienstag erfolgen würde, da man in Teheran befürchtet, dass zusätzliche Spannungen in der Region dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump Auftrieb geben könnten.
USA entsenden B-52-Bomber
Das US-Zentralkommando (CENTCOM) gab am Samstag bekannt, dass B-52-Bomber im Nahen Osten eingetroffen seien, während der Iran Israel und die Vereinigten Staaten bedroht. »B-52 Stratofortress-Bomber des 5. Bombergeschwaders der Minot Air Force Base sind im Verantwortungsbereich des US-Zentralkommandos eingetroffen«, twitterte CENTCOM und fügte ein Bild eines der riesigen Flugzeuge beim Landeanflug hinzu.
Verteidigungsminister Lloyd Austin ordnete währenddessen den Einsatz der Bomber zusammen mit Kriegsschiffen der Marine an, wie das Pentagon am Freitag mitteilte. »Im Einklang mit unseren Verpflichtungen zum Schutz der US-Bürger und -Streitkräfte im Nahen Osten, zur Verteidigung Israels und zur Deeskalation durch Abschreckung und Diplomatie hat der Verteidigungsminister den Einsatz zusätzlicher Zerstörer zur Abwehr ballistischer Raketen, Jagdgeschwader und Tankflugzeuge sowie mehrerer B-52-Langstreckenbomber der US-Luftwaffe in der Region angeordnet. Diese Streitkräfte werden in den kommenden Monaten eintreffen, während sich die USS Abraham Lincoln Carrier Strike Group auf die Abfahrt vorbereitet«, erklärte Pentagon-Pressesprecherin Pat Ryder, gab aber keine konkreten Zahlen bekannt.
Der Flugzeugträger USS Abraham Lincoln und seine aus drei Zerstörern bestehende Angriffsgruppe sollen unterdessen Mitte November den Nahen Osten in Richtung ihres Heimathafens San Diego verlassen. Die Lincoln und zwei ihrer Zerstörer sind im Golf von Oman stationiert, der dritte befindet sich zusammen mit zwei weiteren Kriegsschiffen im Roten Meer. Schließlich werden der Flugzeugträger USS Harry S. Truman und die drei Kriegsschiffe seiner Gruppe ins Mittelmeer verlegt, jedoch nicht vor der Abfahrt der Lincoln. Die drei Zerstörer werden die Lücke füllen.
Sprecherin Ryder erwähnte weiters, dass die Verstärkung der Streitkräfte im Nahen Osten die jüngste Stationierung des Raketenabwehrsystems Terminal High Altitude Area Defense (THAAD) in Israel und die Aufstellung der Amphibious Ready Group Marine Expeditionary Unit (ARG/MEU) im östlichen Mittelmeer ergänzt: »Diese Bewegungen zeigen die flexible Natur der globalen Verteidigungshaltung der USA und die Fähigkeit der USA, kurzfristig weltweit Einsätze durchzuführen, um auf sich entwickelnde nationale Sicherheitsbedrohungen zu reagieren. Verteidigungsminister Austin macht weiterhin deutlich, dass die Vereinigten Staaten alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen werden, um unsere Bevölkerung zu schützen, falls der Iran, seine Partner oder seine Stellvertreter diesen Moment nutzen, um amerikanische Mitarbeiter oder Interessen in der Region ins Visier zu nehmen.«
Jerusalem warnt Bagdad
Jerusalem hat Bagdad gewarnt, den Irak angreifen zu können, zügelt die Regierung nicht die vom Iran unterstützten Milizen, die Drohnen und Raketen auf Israel abschießen, wie aus einem Bericht der saudischen Website Elaph hervorgeht. Der Meldung zufolge hat Israel Ziele der Milizen sowie des irakischen Staates identifiziert, überwacht diese und könnte sie jederzeit unter Beschuss nehmen, attackieren die Milizen weiterhin den jüdischen Staat.
Nicht namentlich genannte Offizielle berichteten Elaph, dass Satelliten die Bewegung ballistischer Raketen und zugehöriger Ausrüstung vom Iran in den Irak überwachen, die bei einem Angriff auf Israel eingesetzt werden könnten. Irakische Quellen äußerten gegenüber dem Sender die Befürchtung, Teheran könnte den Irak nutzen, um die Kämpfe von seinem eigenen Territorium zu verlagern.
Die US-Nachrichtenagentur AP berichtete letzte Woche, Israel sei täglich Drohnenangriffen aus dem Irak ausgesetzt, die von den USA und deren Partner abgefangen wurden. Dem Artikel zufolge sind die Drohnenstarts seit dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 ein Problem und stehen in keinem Zusammenhang mit einem iranischen Angriff. Ein regionaler Sicherheitsbeamter gab jedoch an, die Drohnenangriffe hätten in den letzten Wochen zugenommen, und zwar mit durchschnittlich fünf pro Tag. Einmal seien binnen 24 Stunden sogar acht Drohnenstarts verzeichnet worden.
Die Islamische Widerstandsbewegung im Irak ist eine Dachorganisation, die sich aus mehreren vom Iran unterstützten schiitischen Milizen zusammensetzt, darunter Kata’ib Hisbollah, Harakat Hisbollah al-Nudschaba und Kata’ib Sayyid al-Shuhadaa. Diese Gruppen operieren sowohl im Irak als auch in Syrien unter dem Kommando des IRGC.
Jahrestag der Geiselnahme 1979
Anhänger des iranischen Regimes versammelten sich am Sonntag vor der ehemaligen US-Botschaft in Teheran, um den Jahrestag der Geiselnahme von 1979 mit Rufen wie »Tod für Israel, Tod für Amerika!« zu begehen. Die Menge setzte auch in der jährlichen Tradition israelische und amerikanische Flaggen in Brand. Die einstige Botschaft ist heute ein Museum namens »Den of Spies«, das mit antiamerikanischen Wandgemälden bedeckt ist.
Der Chef des Korps der Islamischen Revolutionsgarde (IRGC) Hossein Salami sagte bei seiner Rede auf der Kundgebung, dass Israel und die USA »nicht überleben können, indem sie Muslime abschlachten und töten. Wir warnen sie immer davor, dass sie auf Kollaps und Zerstörung zusteuern, wenn sie ihr Verhalten nicht ändern.«
Am 4. November 1979 übernahmen Iraner die Botschaft in Teheran und hielten 52 amerikanische Diplomaten und Staatsbürger 444 Tage lang fest. Die Geiselnahme endete am 20. Januar 1981, als Ronald Reagan als Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt wurde. Es wurden keine Geiseln getötet. Washington brach 1980, in der Mitte der Krise, die Beziehungen zu Teheran ab, die seitdem eingefroren sind.
(Der Artikel ist auf Englisch vom Jewish News Syndicate veröffentlicht worden. Übersetzung von Florian Markl.)