(Volker Seitz) Ich freue mich, wenn ich über zuversichtlich stimmende Entwicklungen in Afrika berichten kann – und nicht über Missstände, die zu neuen Flüchtlingsströmen führen. Benin etwa darf als gut funktionierende Demokratie auf dem schwarzen Kontinent gelten. Gerade hat das kleine Land zwischen Nigeria und Togo einen neuen Präsidenten gewählt. Friedliche Wahlen: Das allein hebt Benin schon von jenen Staaten in Afrika ab, die immer wieder von sich reden machen. Vorgänger Thomas Yayi Boni durfte nach der Verfassung nicht mehr antreten und hat dies letztlich respektiert. Der Verlauf der Wahl wurde von ausländischen Beobachtern als „vorbildlich“ gelobt: Der unterlegene Bewerber, der bisherige Ministerpräsident Lionel Zinsou, räumte noch vor der offiziellen Bekanntgabe der Ergebnisse am Sonntagabend seine Niederlage ein und gratulierte dem Gewinner Patrice Talon. Im ersten Wahlgang hatte Talon noch knapp hinter Zinsou gelegen, die jetzige Stichwahl gewann er eindeutig mit 65 Prozent der Stimmen. Er gilt als reichster Mann des Landes und ist unter dem Spitznamen „Baumwollkönig“ bekannt. Zinsou fiel möglicherweise durch, weil er auch französischer Staatsbürger ist und den größten Teil seines Lebens in Frankreich verbracht hat. Von dem neuen Präsidenten erhoffen die Beniner sich, dass er die Institutionen und den Rechtsstaat stärkt und eine bessere Regierungsführung durchsetzen kann und will.
Trotz stabilen gesamtwirtschaftlichen Wachstums seit Anfang der 1990er-Jahre zählt Benin noch immer zu den ärmsten Ländern der Welt. Das Land hängt von den Einnahmen aus dem Hafen in Cotonou und aus seinen Baumwoll-Exporten ab. Aber Benin hat einen deutlichen positiven Entwicklungstrend. Dieser Trend ist in allen Schichten der Bevölkerung zu spüren. Natürlich ist er in den ärmeren Schichten weniger sichtbar als bei den reichen. Die Tatsache, dass viele Beniner ihre Kinder in private Schulen schicken, ist nur durch die Erreichung eines bescheidenen Wohlstandes möglich. Private Schulen breiten sich in den hintersten Regionen des Landes aus. Wenn Beniner das Land verlassen, dann nur um anderswo zu studieren, vorübergehend zu arbeiten und dann auch wieder zurückzukehren. Früher waren viele Beniner nach Nigeria und andere besser gestellte afrikanische Länder zum Erwerb abgewandert, haben aber ihre Familien in Benin zurückgelassen. Viele dieser Leute kehrten in den letzten Jahren nach Benin zurück.
Als Vorbild kann der kleine Staat auch in anderer Hinsicht dienen: Als erstes Land Afrikas stellte man dort 2003 die Beschneidung von Frauen unter Strafe. Heute wird das archaische Ritual selbst in den entlegenen Dörfern nicht mehr praktiziert.
Kein Fluch der Ressourcen
Benin hat glücklicherweise keine Vorkommen an Öl, Gas oder Edelmetallen. Das ist ein großes Glück. Denn in jenen Staaten in Afrika, die über große Rohstoffvorkommen verfügen, herrschen Armut und Elend. Wo ein Land von Bodenschätzen lebt, da sind autoritäre Regime an der Macht.
Der Ressourcenreichtum hat vielen Ländern in Afrika kein Glück gebracht. Die meisten dieser Länder sind ärmer als vor dreißig Jahren. Rohstoffreiche Länder trifft oft der so genannte Ressourcenfluch. Durch die Abhängigkeit von Öl oder Diamanten sinkt die Wettbewerbsfähigkeit des Landes, Korruption nimmt drastisch zu. Es fehlt meist an Transparenz welche Einnahmen erzielt werden. Sie wäre aber erste Voraussetzung dafür, dass nicht nur eine kleine Kaste vom Export der Rohstoffe profitieren kann. In Angola, Sierra Leone und dem Kongo hat der Rohstoffreichtum Bürgerkriege verursacht. Nur wenige Staaten nutzen ihre Rohstoffe zum Aufbau von Industrien. Die mühelosen Einnahmen („Renten“) verfestigt autoritäre Regierungen z.B. in Nigeria, Angola, Simbabwe, Gabun, Kamerun, Äquatorialguinea. Die Einnahmen erscheinen meist nicht im Haushalt und gehen in dubiose Kassen. Gute Institutionen werden nicht aufgebaut. Eine Gewaltenteilung findet nicht statt. Die Qualität der Institutionen entscheidet aber darüber, ob der Reichtum an Bodenschätzen zum Fluch oder Segen wird.
Trotz gigantischer Einnahmen aus Öl, Mineralien herrschen die Regime über ein völlig verarmtes Volk. Der hohe Erlös aus dem Ölgeschäft hat die Länder abgelenkt, andere Industriezweige sowie die Landwirtschaft zu entwickeln. Allein in Nigeria haben die Machthaber die in den letzten vierzig Jahren erhaltenen Öl-Einnahmen von mehr als 600 Mrd. Dollar verschleudert.
Positive Beispiele von Entwicklungshilfe
Deutschland unterstützt die Bauern in Benin dabei, Reis, Gemüse, Sheabutter und Cashewnüsse zu vermarkten. Durch die Weiterverarbeitung der landwirtschaftlichen Produkte werden im Privatsektor neue Arbeitsplätze geschaffen, die vor allem Frauen zusätzliche Einkommensquellen bieten.
Die Initiative „Cotton Made in Africa“ die von dem Hamburger Unternehmer Michael Otto, von dem Textilunternehmer Gerhard Rösch, C&A, Tchibo, Puma und 18 weiteren Unternehmern unterstützt wird, ist ein vortreffliches Beispiel für fairen Handel. Die Initiative fasst Baumwollfarmer zusammen, die unter nachhaltigen Bedingungen Baumwolle produzieren und im Gegenzug von fairen Preisen profitieren. Das wichtigste Ziel ist afrikanische Baumwolle für den Markt in Europa und den USA zu erschließen. Oft an den untätigen Regierungen vorbei wurden bereits rund 450.000 bislang benachteiligte Kleinbauern von den Programmen direkt und ohne Umwege profitieren. Erhöhte Ernteerträge, bessere Umwelt-und Sozialstandards haben der Landbevölkerung und den afrikanischen Händlern bessere Preise und damit ein besseres Einkommen gebracht. Die bisherige Entwicklungshilfe hat zu Abhängigkeiten geführt. Diese Entwicklung durchbricht „Cotton made in Africa“. Tchibo als der größten Abnehmer der Initiative „Cotton made in Africa“, hat in den Anbaugebieten in Benin und Sambia je fünf Schulen gebaut. Die Schulen wurden mit 10.000 Schulbüchern ausgestattet. 20.000 vor Ort produzierte Schuluniformen gehören ebenso zum Projekt wie Solaranlagen zur Stromerzeugung und Schulgärten, die Lebensmittel für die Schulkantinen liefern. Über 750 Kinder profitieren von dem Projekt des Hamburger Kaffeehändlers.
Ich habe die Beniner als überaus fröhliche und warmherzige Menschen kennen gelernt. Sie haben sich auch eine gesunde Skepsis gegenüber Autoritäten und Ideologien zugelegt. Die Beniner sind stolz auf ihr Land und hoffen trotz Jugendarbeitslosigkeit und Korruption auf Zukunftschancen in ihrer Heimat. Auf den Booten Richtung Europa wird man sie selten finden.
Volker Seitz war 17 Jahre als Diplomat in Afrika tätig. Sein Buch „Afrika wird armregiert oder Wie man Afrika wirklich helfen kann” erschien 2014 bei dtv in 7. überarbeiteter und erweiterter Auflage.