Katar möchte die Palästinensische Autonomiebehörde im Gazastreifen stärken, um unter deren Deckmantel die Macht der Terrororganisation Hamas aufrechtzuerhalten.
Khaled Abu Toameh
Warum hat Katar, der größte Geldgeber und Sponsor der Hamas, ein so starkes Interesse daran, die Kontrolle der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) über den Gazastreifen wiederherzustellen? Die Antwort auf diese Frage lautet: Um die fortgesetzte Herrschaft der Hamas über das Gebiet zu garantieren.
Katar hat kein Problem damit, dass die im Zuge von bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen im Jahr 2007 von der Hamas aus dem Gazastreifen vertriebene Palästinensische Autonomiebehörde ihre Aufgaben dort wieder aufnimmt, solange es der Hamas gestattet wird, ihre Machtposition und ihre militärischen Kräfte und Ressourcen zu behalten. Katar möchte, dass die PA-Regierung den Müll einsammelt, zerstörte Häuser wiederaufbaut und den Menschen Gehälter auszahlt, während die Hamas sich aufrüstet, neu formiert und auf den nächsten Angriff auf Israel vorbereitet.
Die Hamas hat seit Beginn des Kriegs, den sie am 7. Oktober 2023 startete, als Tausende ihrer Terroristen gemeinsam mit gewöhnlichen Palästinensern in Israel einfielen, 1.200 Menschen ermordeten, Tausende verwundeten und über 250 entführten, enorme Verluste erlitten. Katar scheint zu erkennen, dass die Terrorgruppe den Wiederaufbau des Gazastreifens nicht allein bewältigen kann, aber auch, dass die internationale Gemeinschaft nicht damit einverstanden ist, Gelder über die Hamas in den Gazastreifen zu transferieren.
Deswegen braucht Katar die Palästinensische Autonomiebehörde im Gazastreifen, um den Fluss von Millionen Dollar an westlicher Hilfe zu erleichtern. In jedem Fall sollte diese von internationalen Parteien und Gebern, einschließlich der Vereinigten Staaten, überwacht werden, um sicherzustellen, dass die Mittel weder zweckentfremdet noch gestohlen werden.
Krise zwischen Katar und PA
Zwei Tage nach der Bekanntgabe des Waffenstillstandsabkommens zwischen Israel und der Hamas erklärte der Premier- und Außenminister von Katar, Abdulrahman bin Jassim Al Thani, Doha hoffe auf die Rückkehr der Palästinensischen Autonomiebehörde in den Gazastreifen. Ein dauerhafter Frieden im Gazastreifen hänge davon ab, dass Israel und die Hamas guten Willen zeigten: »Wenn sie in gutem Glauben vorgehen, kann dies anhalten und hoffentlich zu einem dauerhaften Waffenstillstand führen.«
Diese Aussage Al Thanis, dessen Land die Hamas-Anführer seit Langem unterstützt und beherbergt, wurde nicht aus Zuneigung zur PA gemacht. Katars finanzielle und politische Unterstützung des palästinensischen Ablegers der Muslimbruderschaft hat in den letzten zwei Jahrzehnten zu Spannungen zwischen dem Land und der Palästinensischen Autonomiebehörde geführt. PA-Funktionäre haben das Königreich häufig für die Unterstützung ihrer Rivalin kritisiert.
Die Krise zwischen der Palästinensischen Autonomiebehörde und Katar erreichte Anfang dieses Monats ihren Höhepunkt, als die PA-Regierung in Ramallah, der faktischen Hauptstadt der Palästinenser im Westjordanland, beschloss, die Ausstrahlung des katarischen Fernsehsenders Al Jazeera auszusetzen, da dieser die Hamas und andere palästinensische Terrorgruppen wie den Islamischen Dschihad unterstütze und fördere. Auch Israel und einige arabische Staaten haben die Ausstrahlung aus demselben Grund eingestellt.
Laut einem aktuellen Untersuchungsbericht des Middle East Media Research Institute (MEMRI)
»gehören zu den islamistischen Terrororganisationen, die Katar und Al Jazeera im Laufe der Jahre unterstützt haben, die Muslimbruderschaft, al-Qaida, Taliban, Hisbollah, al-Nusra-Front/Hay’at Tahrir Al-Sham (HTS), Islamischer Staat, Hamas und sogar die schiitischen Stellvertretermilizen im Jemen, die Ansar Allah (offizieller Name der Huthi)«.
Feigenblatt Autonomiebehörde
Wenn die Palästinensische Autonomiebehörde im Gazastreifen agieren darf, solange die Hamas nicht völlig entmachtet ist, wird es zu einem weiteren Massaker an Israelis kommen, das höchstwahrscheinlich schlimmer sein wird als das Blutbad vom 7. Oktober 2023. Katar wehrt sich dagegen, dass die PA die Hamas und andere terroristische Gruppen zügelt oder Angriffe auf Israel verhindert. Stattdessen sieht Katar die Autonomiebehörde als Fassade, um die Macht der Hamas zu erhalten. Dies ist der Hauptgrund, weshalb Katar es unterlassen hat, die Terrorgruppe aufzufordern, die Kontrolle über den Gazastreifen abzugeben, nachdem sie die zwei Millionen Einwohner dort in eine Katastrophe gestürzt hatte.
Ginge es Katar wirklich um die Sicherheit und das Wohlergehen der Palästinenser, hätte es die Unterstützung der Hamas eingestellt und darauf bestanden, dass die Terrorgruppe die Kontrolle über den Gazastreifen abgibt. Nach all den Jahren hat sich Katar jedoch für das genaue Gegenteil entschieden: Dank der politischen und finanziellen Unterstützung Katars konnte die Terrorgruppe ihren Einfluss auf die Palästinenser im Gazastreifen ausbauen und festigen.
Würde sich das Emirat tatsächlich um die Palästinenser sorgen, hätte es Al Jazeera nicht gestattet, als Sprachrohr für die Hamas und andere dschihadistische Gruppen zu fungieren, die für den Tod Tausender Israelis und Palästinenser verantwortlich sind.
Das Hauptziel des Golfkönigreichs liegt im Schutz der Hamas, der weiteren Förderung des radikalen Islams und der Täuschung des Westens, die Dschihadisten seien eine bessere Alternative zu den derzeitigen Regimen in der arabischen Welt. Ob die neue US-Regierung genauso leichtgläubig agieren wird wie allzu viele im Westen, geht es darum, Katar zu vertrauen, bleibt abzuwarten.
Khaled Abu Toameh ist preisgekrönter Journalist für arabische und palästinensische Angelegenheiten, der früher für die Jerusalem Post tätig war. Er ist Senior Distinguished Fellow am Gatestone Institute und Fellow am Jerusalem Center for Public Affairs. (Der Text erschien auf Englisch zuerst beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)