Obwohl Katar die im Land lebenden Hamas-Führer auf Druck der USA ausgewiesen haben dürfte, gibt es keine Anzeichen dafür, dass Doha auch seine Rolle als Geldgeber und impliziter Unterstützer beenden wird.
Yaakov Lappin
Die Vereinigten Staaten setzen Katar unter Druck, die im Land residierenden Hamas-Führer von seinem Territorium zu verweisen, da die Terrororganisation sich weigert, auch nur einen kurzen Waffenstillstand in Betracht zu ziehen oder neue Vorschläge für ein Abkommen zur Freilassung von Geiseln mit Israel zu akzeptieren. So haben die USA laut internationalen Medienberichten Katar Anfang November ein Ultimatum zur Ausweisung der palästinensischen Terroristen gestellt und fordern Doha auf, diesem nachzukommen.
Während Katar in einer unmittelbaren Reaktion zwar bestätigt hatte, seine Vermittlungsbemühungen in den Gesprächen über einen indirekten Austausch von Geiseln gegen Terroristen zwischen Israel und der Hamas auf Eis zu legen, hat es zugleich nicht sofort offengelegt, ob es Hamas-Mitglieder ausweisen wird. [Mittlerweile berichteten israelische Medien, die Hamas-Führer hätten das Golfemirat verlassen und sich in der Türkei niedergelassen.]
Der leitende Vizepräsident für Forschung bei der in Washington ansässigen Foundation for Defense of Democracies Jonathan Schanzer meint, die aktuelle Situation sei »durch den Druck der Republikaner im Senat zustande gekommen, der durch Trumps Wahlsieg noch verstärkt wurde. Das Biden-Team scheint zu versuchen, sich für etwas zu rühmen, das von anderen vorangetrieben wurde. Das Regime in Doha seinerseits versucht, die Nachricht gleichzeitig zu bestätigen und zu dementieren. Das passt zu Katars Doppelzüngigkeit. Das Ziel sollte jetzt sein, das Regime dazu zu bringen, die Hamas wirklich fallen zu lassen.«
Es sei zwar noch unklar, inwiefern Trumps Amtsübernahme etwas an der Lage ändern werde, so Schanzer, aber die Angst vor einem Umschwung der amerikanischen Politik »treibt Doha zweifellos dazu, diese Schritte und Ankündigungen zu machen«.
Zugleich »werden die Katarer weiterhin Vermögenswerte in den Vereinigten Staaten aufkaufen, unabhängig davon, wer Präsident ist. Dies ist ihre Art, Einfluss auf unsere Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft zu nehmen«, meint Schanzer. »Ich glaube, dass die nächste Regierung diese staatlichen Investitionen sorgfältig und gründlich überprüfen muss. Die Summe, die Katar in diesem Land investiert hat, ist atemberaubend. Aber es wurde noch nicht klar, warum es so viel investiert hat – insbesondere in Sektoren wie der Bildung, die keine finanzielle Rendite abwerfen.«
Vorauseilender Gehorsam gegenüber Trump?
Der Forschungsdirektor am Moshe Dayan Center for Middle Eastern and African Studies der Universität Tel Aviv, Brandon Friedman, sagte gegenüber dem Jewish News Syndicate, der Druck der USA auf Katar sei die »letzte Karte, welche die Biden-Regierung ausspielt. Wie effektiv sie sein wird, hängt davon ab, wie die Hamas und Katar die Trump-Regierung wahrnehmen. Ich denke, die Katarer vermuten, dass die Trump-Regierung sie auffordern wird, die Hamas auszuweisen, sodass es nicht schadet, sich präventiv mit einer potenziellen Quelle von Spannungen mit der neuen Regierung zu befassen.«
Friedman zufolge »nutzen die Katarer ihre Beziehungen zu verschiedenen islamistischen und dschihadistischen Gruppen als außenpolitisches Instrument, um ihre Interessen zu fördern und zu schützen. Selbst, wenn sie die Hamas ausweisen, werden sie weiterhin Fraktionen der Muslimbruderschaft beherbergen und den TV-Sender Al Jazeera zur Förderung der Muslimbrüder-Ideologie agieren lassen. Es ist auch unklar, ob die USA Katar aufgefordert haben, seine Rolle als Geldgeber und Vermittler für das umfangreiche regionale Netzwerk von Unternehmen und Wohltätigkeitsorganisationen der Hamas zu beenden, welches deren Terrorinfrastruktur finanziert hat.« Die Hamas ist der palästinensische Ableger der Muslimbruderschaft.
Katar, so Friedman, »war durch die von Saudi-Arabien angeführte Blockade im Juni 2017, die bis zum Ende der Präsidentschaft von Trump andauerte, traumatisiert. Die Blockade wurde damals kurz nach Trumps Besuch im saudischen Königreich verhängt. Die Katarer werden nun also wahrscheinlich alles daransetzen, sich die Gunst der Trump-Regierung zu verdienen.«
Auf die anhaltende Nutzung des katarischen Luftwaffenstützpunkts Al Udeid durch das amerikanische Militär angesprochen, für dessen Bau und Entwicklung Doha sehr viel Geld ausgegeben hat, sagte Friedman, er sehe »die USA nicht als abhängig von Al Udeid. Ich sehe es eher als eine Art Druckmittel der USA im Umgang mit Katar. Es ist ein Symbol für den Schutz durch die USA.«
Zögen sich die USA aus Al Udeid zurück, würde sich Katar schutzlos fühlen, meint Friedman: »Man könnte sogar argumentieren, dass es kein Zufall ist, dass die USA ihren Mietvertrag für Al Udeid stillschweigend um weitere zehn Jahre verlängert haben, nachdem die Katarer im November [2023] den Deal für die israelischen Geiseln ausgehandelt hatten. Es war fast so, als wäre es eine Belohnung für gutes Benehmen oder eine erbrachte Leistung.«
Friedman ging ebenfalls auf die globalen Investitionen Dohas ein. Katar könnte seinen immensen Reichtum nutzen, »um Waffen aus den USA zu kaufen, was Trump wahrscheinlich positiv bewerten würde. Doha kann seinen Ölreichtum auch in die US-Wirtschaft investieren, was eine der Möglichkeiten war, wie Saudi-Arabien die Gunst der ersten Trump-Regierung gewinnen konnte. Es ist erwähnenswert, dass Katar seine Aktivitäten in diesen beiden Bereichen – Waffenkäufe in den USA [eine Milliarde Dollar im Jahr 2022] und Investitionen in die Wirtschaft – in den letzten fünf bis zehn Jahren erheblich ausgeweitet hat.«
Yaakov Lappin ist Korrespondent und Analyst für militärische Angelegenheiten in Israel. Er ist hausinterner Analyst am MirYam-Institut, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Alma-Forschungs- und Bildungszentrum und am Begin-Sadat-Zentrum für strategische Studien an der Bar-Ilan-Universität sowie Autor von Virtual Caliphate – Exposing the Islamist State on the Internet. (Der Text erschien auf Englisch zuerst beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)