Die deutsche FDP-Politikerin Karoline Preisler spricht bei Mena-Watch über Gewalt bei antiisraelischen Demonstrationen, eine überforderte Justiz und den Vertrauensverlust ihrer Partei. Sie fordert politische Ehrlichkeit – und will selbst ein Gegenangebot machen.
Warum eskalieren Demonstrationen und was läuft falsch beim Staat?
Gewalttätige Demos folgen laut Preisler einem Muster: dieselben Gruppen, dieselben Anmelder. Sie erwartet keine Besserung, solange der Gazakrieg andauert. Zwar sieht sie bei der Polizei engagierte Arbeit, doch die Ausrüstung sei unzureichend: schlechtere Technik, schlechtere Fahrzeuge, weniger Mittel als bei den Kriminellen. Der entscheidende Fehler liegt für sie jedoch in der Strafverfolgung. Trotz guter Polizeiarbeit bleibe vieles folgenlos, weil Ermittlungsbehörden und Gerichte mit ihrer Arbeit nicht nachkommen.
Was kritisiert sie an der Justiz?
Preisler beschreibt einen akuten Personalmangel: Pensionswellen, fehlender Nachwuchs, unattraktive Bedingungen im Staatsdienst. Anzeigen von Jesiden oder Juden würden oft eingestellt, obwohl Täter benannt seien. Sie selbst habe inzwischen »genug Einstellungsverfügungen, um die Wand zu tapezieren«. Ursache sei auch, dass viele Juristen lieber in die lukrativere Privatwirtschaft wechseln – und der Staat keine konkurrenzfähigen Bedingungen schafft.
Wie erlebt sie Demokratie innerhalb der FDP?
Preisler berichtet von politischer Verantwortung und demokratischen Prozessen, etwa ihrer Abwahl und späteren Wiederwahl in einen Aufsichtsrat. Das sei gelebte Demokratie. Parteitage beschreibt sie als taktisch aufgeladen, aber auch von positiven Ergebnissen geprägt: Zuletzt seien vier Frauen aus Berlin ohne Quote in den FDP-Bundesvorstand gewählt worden. Politik sei oft »schmutzig«, doch Leistung setze sich durch. Sie hebt hervor, unabhängig zu sein, weil sie beruflich abgesichert ist – anders als viele, die aus Existenznot in der Politik verbleiben.
Was läuft in der FDP und in der Politik grundsätzlich schief?
Die FDP habe Vertrauen verloren – und das zu Recht, so Preisler. Der alte Vorstand habe Fehler vertuscht statt eingestanden. Eine offene Fehlerkultur sei in ihrer Partei ebenso wie in anderen Parteien inexistent. Besonders enttäuscht ist sie von der feministischen Außenpolitik. Ihre Erwartungen an Ex-Außenministerin Baerbock seien groß gewesen, etwa mit Blick auf Afghanistan, den Jemen oder sexualisierte Gewalt, doch sie sieht weitgehendes Versagen.
Was treibt sie an und wie will sie weitermachen?
Preisler beschreibt sich als Politikerin des Alltags: Mutter, Berufstätige, politisch engagiert – nicht nur auf Demos, sondern rund um die Uhr. Sie will ein Angebot machen für Menschen, die Verantwortung tragen, scheitern, weitermachen. Keine Politik für Eliten, sondern für jene, »die morgens um halb fünf die Spülmaschine ausräumen«. Trotz FDP-Krise will sie weiter kandidieren – für eine Politik, die ehrlich ist, Fehler zugibt und liberale Werte verteidigt: Chancengleichheit, Religionsfreiheit, Rechtssicherheit. Nicht aus Prinzip, sondern aus Überzeugung.