Karoline Preisler wird getreten, bedroht und erniedrigt – von Islamisten, Linken und Influencern. Und dennoch kommt sie wieder. Aus Prinzip.
Seit dem 7. Oktober 2023 stellt sich die deutsche Juristin und Aktivistin Karoline Preisler mit einem Schild und einem Strauß Blumen zu »pro-palästinensischen« Demonstrationen – allein. Sie wird gefilmt, verhöhnt, bedrängt. Die Gewalt kommt von allen Seiten: Frauen, Männern, Kindern. Und der Staat? Schaut zu. Ein Video-Interview über symbolischen Widerstand, digitale Hetze und ein System, das auf Durchzug stellt. Lesen Sie hier die wichtigsten Aussagen aus dem ersten Teil des Gesprächs.
Maya Zehden (MZ): Warum gehen Sie allein auf diese Demonstrationen?
Karoline Preisler (KP): Weil es juristisch die einzige Möglichkeit ist, direkt präsent zu sein. Wenn ich allein auftrete, bin ich keine Gegendemonstration im Sinne des Versammlungsrechts und darf deshalb unmittelbar auf oder in der Nähe der Demonstration stehen. Wären wir zu zweit, müssten wir räumlich getrennt werden. Ich gehe also allein, spreche mit der Polizei, zeige meine Plakate. Und ich weiß: Erst wenn Gewalt passiert, bekomme ich Schutz.
MZ: Und es passiert regelmäßig Gewalt?
KP: Seit dem 7. Oktober 2023 fast jedes Mal. Ich werde gestoßen, bespuckt, beschimpft. Es gab Morddrohungen gegen meine Kinder. Man hat versucht, mich körperlich und sogar sexuell zu bedrängen. Trotzdem komme ich wieder. Weil es sonst niemand tut.
MZ: Warum schreiben Sie Ihre Botschaften auf Englisch?
KP: Weil die Angriffe digital stattfinden und ich auf dieser Bühne sichtbar sein will. Diese Demonstrationen sind für Social Media gemacht. Die Leute filmen sich gegenseitig, schneiden Videos, vertonen sie, posten sie – meist auf Englisch. Ich tauche in diesen Videos ständig auf. Ich will, dass auch meine Botschaft dort verstanden wird. Deshalb: Englisch.
MZ: Was steht auf Ihren Schildern?
KP: »Rape is not resistance«, »Believe Israeli women«, »Stop glorifying terrorists« – kurze, präzise Aussagen, die sich nicht weichzeichnen lassen. Ich stehe da, mitten in der Gewalt, und sie filmen mich. Dann soll auch das sichtbar werden, was ich zu sagen habe.
Statement und Schutz
MZ: Was bewirkt der Blumenstrauß, den Sie mitbringen?
KP: Er ist ein Statement und ein kalkulierter Schutz. Ich komme mit nichts außer Worten – und Blumen. Das ist friedlich, sichtbar, schwer zu attackieren. Ich glaube, es fällt vielen schwerer, eine Frau mit Brille und Blumen zu schlagen. Das Bild lässt sich schlecht inszenieren. Und genau darum geht es diesen Leuten oft: um Bilder.
MZ: Ist das naiv – oder Taktik?
KP: Es ist Taktik. Und es ist ein Versuch, in einer eskalierenden Situation ein Symbol zu setzen: Ich bin nicht hier, um zu provozieren. Ich bin hier, weil ich nicht wegschauen will.
MZ: Wer greift Sie an?
KP: Ein radikalisierter Mix inklusive Frauen und Kindern. Ich habe Frauen erlebt, die mich körperlich bedrängen, sexuell erniedrigen. Männer, die mit Flaschen werfen. Kinder, die mich als »Nutte« beschimpfen – weil ihre Mütter sie dazu anstacheln. Es gibt YouTuber, die Schilder mit meinem Namen ausdrucken und Kindern umhängen. Das ist kein Protest, das ist organisierter Hass.
MZ: Wie reagieren Polizei und Öffentlichkeit?
KP: Die Polizei vor Ort ist oft engagiert, aber überfordert. Der Rechtsstaat? Schweigt. Die Verfahren? Werden eingestellt. Ich könnte meine Wohnung mit den Einstellungsverfügungen tapezieren.
MZ: Was läuft falsch in Deutschland?
KP: Wir haben alle Möglichkeiten, nutzen sie aber nicht. Deutschland ist der zweitgrößte Geldgeber der palästinensischen Gebiete. Die Hamas hält Geiseln – auch deutsche. Wir könnten jede Zahlung an die Freilassung knüpfen. Tun wir aber nicht. Stattdessen werden Leute empfangen, die Israel delegitimieren – und das wird mit Handschlag belohnt.
MZ: Was bedeutet das für Sie persönlich?
KP: Ich habe früher geschwiegen, zum Beispiel bei der Entführung eines deutschen Touristen durch Islamisten. Der Mann wurde für tot erklärt. Ich will nie wieder das Gefühl haben, zu spät gewesen zu sein. Wenn wir die Geiseln vergessen, sind wir mitschuldig. Und das bin ich diesmal nicht.