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Kairo und Doha lehnen US-Vorschlag für politische Reformen im Libanon ab 

Parlament in Beirut, der Hauptstadt des Libanon
Parlament in Beirut, der Hauptstadt des Libanon (Quelle: JNS)

Während Saudi-Arabien den US-Plan, die Hisbollah von der Macht im Libanon zu verdrängen, unterstützt, lehnen Ägypten und Katar ihn als unrealistisch und gefährlich ab. 

Joshua Marks 

Die Vereinigten Staaten wollen die israelische Militäroffensive gegen die Hisbollah als Sprungbrett nutzen, um den iranischen Terror-Stellvertreter aus dem politischen System des Libanons zu entfernen. Dieser Schritt stößt jedoch auf Widerstand in Ägypten und Katar. Laut einem Bericht des Wall Street Journal (WSJ) vom Mittwoch drängt die Regierung von US-Präsident Joe Biden auf einen Plan zur Wahl eines neuen Präsidenten im Libanon, da sie die Schwächung der Hisbollah durch Israel als Chance für ernsthafte Reformen in Beirut sieht. Doch Washington stößt auf arabischen Widerstand. 

US-Außenminister Antony Blinken rief in den letzten Tagen die Staats- und Regierungschefs von Katar, Ägypten und Saudi-Arabien an, um sie um Unterstützung für die Wahl eines neuen Präsidenten zu ersuchen. Auch der hochrangige Beamte des Weißen Hauses Amos Hochstein wollte arabischen Regierungskreisen die Möglichkeit eines politischen Durchbruchs nahebringen. In Doha und Kairo stieß die Idee jedoch nicht gerade auf Begeisterung, so das Wall Street Journal, das mit den Diskussionen vertraute amerikanische und arabische Quellen zitierte.

»Beamte aus Ägypten und Katar, die bei den Waffenstillstandsverhandlungen für den Gazastreifen und für den Libanon eine Schlüsselrolle gespielt haben, teilten US-Beamten mit, dass sie den amerikanischen Plan für unrealistisch und sogar gefährlich halten«, heißt es in dem Artikel. »In Gesprächen mit US-Beamten haben sie argumentiert, dass es Israel niemals gelingen wird, die Hisbollah zu zerstören und die Gruppe Teil jeder politischen Lösung des Konflikts sein muss.«

Kairo ist auch besorgt, dass Bemühungen, sich während der aktuellen Krise von außen in die libanesische Innenpolitik einzumischen, das Risiko von Kämpfen zwischen den politischen Fraktionen in einem Land erhöhen könnten, das von 1975 bis 1990 einen verheerenden Bürgerkrieg durchlitten hat.

Im Gegensatz zu Kairo und Doha unterstützt Riad die amerikanische Initiative, die Hisbollah von der Macht zu entfernen, wie mit der Angelegenheit vertraute saudische Beamte der Zeitung mitteilten.

Seit zwei Jahren kein Präsident

Das Zedernstaat hat seit dem Ende der Amtszeit von Michel Aoun am 30. Oktober 2022 keinen Präsidenten mehr. Im 128 Mitglieder zählenden Parlament verfügt keiner der Blöcke über genügend Sitze, um einen neuen Präsidenten wählen zu können, was die Schwierigkeit unterstreicht, eine erfolgreiche Abstimmung ohne die Hisbollah und ihre Verbündeten in der Legislative durchzuführen.

Der derzeitige Premierminister ist Najib Mikati, der den sunnitischen Sitz für die Azm-Bewegung innehat, die jedoch über keine Mitglieder im Parlament verfügt. Parlamentspräsident ist Nabih Berri von der schiitischen Amal-Partei, die mit der Hisbollah verbündet ist. Beide Politiker sagten vergangene Woche ihre Unterstützung für die Wahl eines neuen Präsidenten zu, brachten jedoch auch ihre Unterstützung für die Hisbollah im Konflikt mit Israel zum Ausdruck.

Der stellvertretende Generalsekretär der Hisbollah, Naim Qassem, sagte diese Woche, seine Organisation sei zu Diskussionen über die Waffenstillstandbedingungen nur dann bereit, wenn Jerusalem seine Militäraktion gegen die Terrorgruppe einstellt. »Was uns betrifft, ist vor dem Waffenstillstand jede andere Diskussion fehl am Platz. Wenn der Feind seinen Krieg fortsetzt, wird das Schlachtfeld zwischen uns entscheiden.«

Qassem signalisierte jedoch erstmals, dass die Terrororganisation die Bemühungen um einen Waffenstillstand im Libanon unabhängig vom andauernden Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen gutheißt. »Wir unterstützen die politischen Bemühungen unter der Führung von [Parlamentspräsident] Berri, einen Waffenstillstand zu erreichen«, erklärte der Terroristenführer in einer Stellungnahme. Sobald ein Waffenstillstand »fest etabliert ist und die Diplomatie ihn erreichen kann, werden alle anderen Details besprochen und Entscheidungen gemeinsam getroffen«, schloss er.

USA für diplomatische Lösung

Amos Hochstein, der in monatelanger Pendeldiplomatie zwischen Beirut und Jerusalem keine diplomatische Lösung erzielen konnte, drängt dennoch weiterhin auf eine solche. Am 4. Oktober twitterte er: »In den letzten Tagen wurde viel Falsches und Unverantwortliches berichtet. Die USA haben keine militärischen Operationen im Libanon genehmigt. Letztendlich wird nur eine diplomatische Lösung den Bewohnern die Rückkehr in ihre Heimat ermöglichen. Wir arbeiten weiterhin mit den Regierungen Israels und des Libanons zusammen, um den besten Weg zur Wiederherstellung der Ruhe zu finden.«

Mitte September erklärte der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu gegenüber Hochstein, dass »eine Rückkehr unserer [wegen des Hisbollah-Raketenterrors evakuierten] Bewohner ohne eine grundlegende Änderung der Sicherheitslage im Norden nicht möglich sein wird«, wie aus einer Mitteilung des Ministerbüros hervorgeht. Jerusalem »schätzt und respektiert« zwar die Unterstützung der Biden-Regierung, werde aber »letztendlich das Notwendige tun, um seine Sicherheit zu gewährleisten und die Bewohner des Nordens sicher in ihre Häuser zurückzubringen«, sagte er Hochstein bei einem Treffen im Hauptquartier der israelischen Streitkräfte in Tel Aviv.

Jerusalem hat seine Militäroffensive gegen die Hisbollah verschärft, seit es Mitte September die sichere Rückkehr von Zehntausenden vertriebenen Bewohnern in ihre Häuser im Norden als offizielles Kriegsziel hinzugefügt hat. Ende September drangen Bodentruppen erstmals auf libanesisches Gebiet vor.

Wichtige Hisbollah-Führer, darunter Generalsekretär Hassan Nasrallah, wurden in den letzten Monaten getötet, und die israelische Luftwaffe hat die Hisbollah-Hochburg Dahiya südlich von Beirut immer wieder zusätzlich zu weiteren Luft- und Bodenangriffen bombardiert. Kurz vor Nasrallahs Tötung hatten die USA und Frankreich einen 21-tägigen Waffenstillstand vorgeschlagen.

Die vom Iran unterstützte Hisbollah begann am 8. Oktober 2023, einen Tag nachdem die Hamas durch ihren Terrorüberfall auf die an den Gazastreifen grenzenden Regionen Israels einen Krieg begonnen hatte, mit fast täglichen Raketen- und Drohnenangriffen zur Unterstützung der im Gazastreifen regierenden Terrorgruppe.

Der Text erschien auf Englisch zuerst beim Jewish News Syndicate. (Übersetzung von Alexander Gruber.)

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