Auch wenn es nur wenige Juden sind, die dem Israelhass einen Koscherstempel ausstellen, erfüllen sie für die »Palästina-Solidarität« doch eine wichtige Funktion.
Vor wenigen Tagen produzierten sich eine Jüdin und eine bekannte Wiener Anwältin als »Sprecherinnen« von Antizionisten und »Palästina-Sympathisanten«, um den »Theodor-Herzl-Platz« am Rande der Wiener Innenstadt in »Gaza-Platz« umzubenennen. Die Polizei ließ die Aktivisten gewähren und schritt gegen den illegalen Akt nicht ein; erst danach sollen einige Anzeigen (u. a. wegen Sachbeschädigung) erfolgt sein.
Die Öffentlichkeit nahm die Handvoll Israelfeinde praktisch nicht zur Kenntnis. Medienvertreter ignorierten die Aktion komplett, und die wenigen vorbeigehenden Passanten schienen den Parolen der eine »Palästina«-Fahne schwenkenden Aktivisten kaum größeres Interesse entgegenzubringen, sieht man von den arabischen Taxifahrern ab, die über die Palästinenser schimpften. Mehr als die Anzeigen und ein kurzes Instagram-Video, das nur auf einschlägigen Seiten geteilt wurde, kam bei der Aktion nicht heraus.
Nur wenige
Man kann es als positiv betrachten, dass Propagandaveranstaltungen wie diese so gut wie niemanden interessieren, aber man sollte dabei eines nicht aus den Augen verlieren: Es ist mittlerweile Teil einer erschreckenden neuen Normalität geworden, dass fast Tag für Tag derart antisemitische Aktionen stattfinden.
Denn wenn Israel des Völkermords bezichtigt, Theodor Herzl (wie bei der eingangs erwähnten Aktion) mit Adolf Hitler verglichen oder der Gazastreifen mit dem Warschauer Ghetto gleichgesetzt wird, so handelt es sich dabei nach der international anerkannten Antisemitismusdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance eindeutig um – israelbezogenen – Antisemitismus.
Dass solche Aktionen stattfinden können, ist darauf zurückzuführen, dass es in Österreich an und für sich nicht verboten ist, sich antisemitisch zu äußern, solange dabei nicht der Tatbestand der Verhetzung (§ 283 Strafgesetzbuch) erfüllt ist oder der Holocaust auf eine Art und Weise geleugnet oder relativiert wird, die unter das NS-Verbotsgesetz fällt. Dass sie nicht strafbar zu ahnden sind, macht die neue Normalität antisemitischer Aktionen aber um nichts weniger skandalös.
Die IHRA-Definition konzentriert sich auf die Inhalte getätigter Aussagen oder Handlungen, nicht auf die ethnische oder religiöse Identität oder Herkunft der antisemitischen Akteure. Daher kann es, zur Verblüffung vieler, auch Juden geben, die antisemitische Äußerungen oder Handlungen tätigen und auch nicht davor zurückschrecken, sich, wie im Fall der »Palästina«-Solidarität, mit klerikal-faschistoiden Islamisten zusammenzutun oder diese zu unterstützen. Die Tatsache, dass jemand Jude ist, macht eine antisemitische Aussage keinen Deut weniger antisemitisch.
Auch wenn sie versuchen, ein anderes Bild zu vermitteln, muss festgehalten werden: Es sind nur wenige Juden, die sich für so etwas hergeben. Neben der genannten Sprecherin ist mir nur ein weiteres jüdisches Gemeindemitglied als Teil der einschlägigen Szene in Wien bekannt. Sie ist die Tochter eines Anhängers des vor Jahren aktiven Pseudorabbiners Moshe Arye Friedman, der selbst in antizionistischen Kreisen durch seine Teilnahme an einer 2006 vom iranischen Außenministerium organisierten Holocaustleugner-Konferenz in Teheran berüchtigt geworden ist.
Kronzeugen
Die wenigen Juden, die sich an Aktionen wie der oben erwähnten beteiligen, sind persönlich, politisch und wissenschaftlich eigentlich eher unbedeutende Einzelpersonen; für die »Palästina«-Solidarität oder die Israel-Boykottbewegung BDS erfüllen sie – und wenn sie aus Israel kommen, erst recht – dennoch eine wichtige Funktion als Quasi-Kronzeugen, die vorgeschoben werden, um sich gegen Antisemitismusvorwürfe zu immunisieren.
Eine besonders fiese Methode besteht darin, sich auf einen sozusagen »negativen Ariernachweis« zu berufen, also auf jüdische Vorfahren, womöglich sogar Shoah-Überlebende. Die Großmutter und der Großvater können sich nicht mehr wehren, wenn ein Nachkomme den Eindruck erweckt, in ihrem Namen als »Jude« zu sprechen; selbst, wenn der Nachfahre gar kein Jude ist.
Und weil es alles gibt, kam es in der »jüdischen Israel-Kritik« sogar schon vor, dass jemand seine jüdische Identität total erfunden hat, die er bei seinen mit besonderer Verve vorgetragenen Anklagen gegen Israel vor sich hergetragen hat.
Echte verräterische und falsche jüdische Antisemiten sind nichts Neues, es gibt sie in der jüdischen Geschichte schon seit Jahrtausenden. So betrüblich das auch ist, das Judentum hat sie bisher ausgehalten – und wird das auch weiterhin schaffen.
Dies ist ein Auszug aus unserem Newsletter vom 11. Juni. Wenn Sie den nächsten Newsletter erhalten möchten, melden Sie sich an!
The rabbinical council of the Jewish Voice for Peace (JVP) has only 41 members—out of an estimated 4,000 to 5,000 rabbis in the United States, not including ordained rabbis working outside synagogues and campus organizations. https://t.co/5WnxmiFHNE
— Mena-Watch (@MENA_WATCH) June 13, 2025