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Jordanischer König in der Zwickmühle

Der jordanische König Abdullah II.
Der jordanische König Abdullah II. (© Imago Images / UPI Photo)

Bis jetzt ist Jordanien den Abraham-Abkommen nicht beigetreten. König Abdullah II. muss sich zu einer neuen pragmatischen Politik gegenüber Israel erst durchringen und sie seiner mehrheitlich palästinensischen Bevölkerung auch erklären.

Clifford D. May

Vor einigen Jahren waren ein Kollege und ich bei einem ehemaligen Geheimdienstmitarbeiter in Israel zu Gast. Bevor er in die Küche ging, um Kaffee zu kochen, öffnete er eine schicke Dose mit Datteln, die ihm, wie er sagte, am Vortag in Amman von König Abdullah II. von Jordanien geschenkt worden war.

Auf dem Tisch neben den Datteln lag ein Roman von Daniel Silva, der eine Widmung auf die Titelseite geschrieben hatte (die ich mir erlaubte zu lesen). Die Frau des Autors, Jamie Gangel, ist eine Fernsehreporterin, mit der ich zufällig bekannt bin, also schrieb ich ihr eine E-Mail und erwähnte das Buch und die Termine. »Was auch immer du tust«, antwortete sie, »sei nicht der Erste, der eine isst«.

Ich habe gegessen – und überlebt, aber der Austausch diente als Erinnerung daran, dass Jordanien und Israel zwar friedlich koexistieren, aber unter der Oberfläche weiterhin Spannungen bestehen.

Jonathan Schanzer, mein Kollege bei der Foundation for Defense of Democracies (FDD) und Autor von vier Büchern und Hunderten von Artikeln über den Nahen Osten, hat einen aufschlussreichen neuen Bericht über die jordanisch-israelischen Beziehungen an einem kritischen Punkt veröffentlicht: Neither Here Nor There: Jordan and the Abraham Accords.

Das Abraham-Abkommen von 2020, eine wichtige Errungenschaft der damaligen amerikanischen Trump-Administration, formalisierte normale, ja, sogar herzliche Beziehungen zwischen Israel und zwei seiner arabischen/muslimischen Nachbarn: den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain. Marokko trat drei Monate später bei, gefolgt vom Sudan. Im vergangenen Jahr nahm auch der mehrheitlich muslimische Kosovo diplomatische Beziehungen mit Israel auf.

Der Frieden, den Jordanien im Jahr 1994 mit Israel schloss, galt einst als ähnlich warmherzig wie der Frieden mit Ägypten. Doch seit dem Abraham-Abkommen hat sich der jordanische wieder abgekühlt.

Jahrelang bestanden außenpolitische Mandatsträger wie John Kerry darauf, es könne »keinen separaten Frieden zwischen Israel und der arabischen Welt« geben, solange der langjährige Konflikt mit den Palästinensern nicht gelöst sei.

Die Unterzeichner des Abraham-Abkommens sympathisieren zwar mit den Palästinensern, wissen aber, dass ihre Führer nicht bereit sind, über eine Zweistaatenlösung zu verhandeln oder gar einen Normalisierungsprozess einzuleiten.

Die Hamas, die den Gazastreifen regiert, bekennt sich offen zum Dschihad und zum Völkermord. Mahmoud Abbas, Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, die das Westjordanland regiert, galt einmal als Friedensstifter, aber das hat sich als Märchen erwiesen.

Schwierige Situation

Auch König Abdullah ist klug genug, um all das zu begreifen, aber er steht vor besonderen Herausforderungen. Abdullah gilt als Nachfahre des Propheten Mohammed und ist Haschemit, also ein Mitglied jener Dynastie, die jahrhundertelang über die heiligen Städte Mekka und Medina herrschte. Als die Saudis in Arabien an die Macht kamen, kamen sie zu dem Schluss, das Land sei nicht groß genug für beide Königshäuser, worauf der Urgroßvater des jetzigen Monarchen, Abdullah I., im Jahr 1921 mit Unterstützung des britischen Empire das Emirat Transjordanien auf drei Vierteln des Mandatsgebiets Palästina östlich des Jordanflusses gründete. Aus diesem Gebilde entwickelte sich das Haschemitische Königreich Jordanien.

Millionen jordanischer Bürger stammen von Familien ab, die im Osten Palästinas lebten, als es vom Britischen Empire oder davor vom Osmanischen Reich regiert wurde. Andere zogen nach Jordanien, weil sie vor den Kriegen flohen, die Israels arabische Nachbarn, darunter auch Jordanien, 1948 und 1967 führten. Mit anderen Worten: Millionen von Jordaniern bezeichnen sich als Palästinenser.

»Auch wenn jordanische Beamte dies nicht ausdrücklich sagen«, so Schanzer, »hat die Feindseligkeit der palästinensischen Bevölkerung Jordaniens gegenüber Israel einen erheblichen Einfluss auf die Außenpolitik des Königreichs«.

Ein Kapitel der Geschichte, über das israelische Politiker nur selten öffentlich sprechen: Als der erste arabisch-israelische Krieg 1949 zu Ende ging, hatten die jordanischen Streitkräfte die biblischen Gebiete Judäa und Samaria (bald in Westjordanland umbenannt) erobert und die jüdische Bevölkerung daraus vertrieben. Sogar die im jüdischen Viertel der Altstadt von Jerusalem lebenden Juden wurden vertrieben und ihre Häuser und Synagogen zerstört.

Nach der Einnahme Ostjerusalems im Verteidigungskrieg von 1967 beschloss der damalige Verteidigungsminister Moshe Dayan, die beiden wichtigen muslimischen Stätten – die Al-Aqsa-Moschee und den Felsendom – auf dem Tempelberg, der heiligsten aller jüdischen Stätten, einem jordanischen Waqf (einer von der Regierung kontrollierten religiösen Einrichtung) zu überlassen. Diese tiefgreifende Geste der Versöhnung wurde nie vollständig gewürdigt geschweige denn erwidert.

Auch zeigen sich die Jordanier nicht dankbar für die lebenswichtigen Güter, die Israel derzeit zur Verfügung stellt, zum Beispiel Wasser (Israel ist weltweit führend in der Entsalzungstechnologie) und Energie (vierzig Prozent des jordanischen Stroms werden aus israelischem Gas gewonnen).

Israel arbeitet auch in einer Vielzahl sicherheitsrelevanter Fragen eng mit Jordanien zusammen. Schanzer merkt an, dass König Abdullah in einem Gespräch mit dem ehemaligen Nationalen Sicherheitsberater der USA, H. R. McMaster, im vergangenen Mai »Bedenken äußerte, dass iranische Kräfte in Syrien sein Land bald destabilisieren könnten. … Jordanien sieht sich auch einer Bedrohung durch vom Iran unterstützte Milizen im Irak im Norden gegenüber. Weitere sind im Süden, wo Berichten zufolge iranische Einheiten am Roten Meer operieren.«

Obwohl der Feind des Feindes von Jordanien der Freund von Jordanien sein sollte, erwartet Schanzer eine weitere Verschlechterung der Beziehungen zu Israel. Er verweist auf die »unverhohlene Abneigung« des Königs gegenüber Benjamin Netanjahu, der derzeit eine neue Regierung bildet. Netanjahu seinerseits liest zweifellos mit Sorge »Berichte, wonach Hamas-Führer Khaled Meshaal mit Billigung des haschemitischen Königreichs mehr Zeit in Jordanien verbracht hat«.

König Abdullah II. ist zwar ein gemäßigter, moderner und kluger Herrscher, aber ohne israelische Unterstützung werden seine Zukunft und die seines Landes prekär sein. Soll es Frieden zwischen Israelis und Palästinensern geben, muss sich Jordanien den pragmatischen arabischen Staaten anschließen, die für eine neue regionale Ordnung eintreten, die auf Stabilität und Wohlstand beruht.

Für König Abdullah wird es nicht leicht sein, seinen Untertanen all dies zu erklären und den Nebel des palästinensischen Irredentismus und der Ablehnung zu durchdringen. Aber das ist seine Aufgabe.

Clifford D. May ist Gründer und Präsident der Foundation for Defense of Democracies (FDD) und Kolumnist der Washington Times. (Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. (Übersetzung von Alexander Gruber.)

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