Im Vorfeld des erwarteten iranischen Angriffs auf Israel gibt Amman bekannt, jegliche Verletzung seines Luftraums als Angriff auf Jordanien anzusehen und demgemäß zu reagieren.
Angesichts der Befürchtung, dass die erwartete iranische Vergeltung für die Tötung des Hamas-Führers Ismail Haniyeh Ende Juli in Teheran zu einer regionalen Eskalation führen könnte und der Sorge Ammans, dass iranische Waffen, die auf Israel abgefeuert werden, den jordanischen Luftraum durchqueren werden, ließ das Königreich über offizielle Kanäle und in der Regierungspresse verlauten, jegliches Eindringen zu verhindern, wie dies auch beim vergangenen iranischen Angriff auf Israel am 14. April der Fall war.
Damals beteiligte sich Jordanien am Abfangen der Drohnen und Raketen und stellte klar, das Betreten seines Luftraums als Verletzung der jordanischen Souveränität zu betrachten, gegen die es seine Grenzen jederzeit verteidigen werde.
Am 4. August besuchte Jordaniens Außenminister Ayman Al-Safadi Teheran und traf mit seinem iranischen Amtskollegen Ali Bagheri Kani zusammen. In einem Interview mit dem iranischen Fernsehen erklärte Al-Safadi, der jordanische König Abdullah habe ihn angewiesen, »die Einladung zu einem Besuch in Teheran anzunehmen«, um die »Meinungsverschiedenheiten« zwischen den beiden Ländern »in einer Weise beizulegen, die beiden Interessen dient« und auf gegenseitigem Respekt und der Nichteinmischung in die Angelegenheiten des jeweils anderen beruhe.
In einem Interview mit Al-Arabiya am 10. August fügte Al-Safadi hinzu: »Wir werden weder für den Iran noch für Israel Schauplatz sein. Wir haben beiden mitgeteilt, dass wir niemandem gestatten werden, in unseren Luftraum einzudringen und unser Volk zu gefährden. Wir werden alles abfangen, was unseren Luftraum durchquert und es als Gefahr für uns und unsere Bürger betrachten.«
Die der Hisbollah nahestehende libanesische Tageszeitung Al-Akhbar berichtete hingegen am 6. August, also zwei Tage nach Al-Safadis Besuch in Teheran, dass »Amman den entschiedenen Botschaft aus dem Iran erhalten hat, bei jedem Schlagabtausch [zwischen Israel und dem Iran] neutral bleiben zu müssen«. Dem Artikel zufolge »übermittelte Teheran den Ländern der Region die klare Botschaft, sich nicht an der Verteidigung Israels beteiligen zu dürfen« und deutete an, »dass dies sie in Gefahr bringen könnte«. Laut Al-Akhbar hätte der jordanische Außenminister versucht, den Iran diesbezüglich zu beruhigen.
Angespannte Beziehungen
Die Beziehungen zwischen Jordanien und dem Iran sind sehr angespannt, insbesondere seit dem Ausbruch des Kriegs zwischen Israel auf der einen und der Hamas samt den vom Iran unterstützten Milizen in der Region auf der anderen Seite. Jordanien verweist darauf, dass der Iran im Zuge des Gazakriegs versuche, die Stabilität des Landes zu untergraben und das Königshaus zu stürzen, indem er unter anderem Waffen und Drogen in das Königreich schmuggelt und hiesige Elemente der Muslimbruderschaft und der Hamas unterstützt, die seit dem Hamas-Massaker Massenproteste in Solidarität mit den Palästinensern organisieren, bei denen gegen das jordanische Regime agitiertwird.
In den vergangenen Monaten haben die vom Iran unterstützten Milizen im Irak offen ihre Absicht erklärt, Gleichgesinnte in Jordanien zu bewaffnen, um von dort aus militärische Aktionen gegen Israel zu starten. So kündigte der Funktionär der irakischen Hisbollah-Brigaden, Abu Ali Al-Askari, am 1. April an, seine Organisation sei bereit, 12.000 Kämpfer in Jordanien zu bewaffnen, »damit wir gemeinsam unsere palästinensischen Brüder verteidigen können«.
Der irakische Abgeordnete für die Hisbollah-Brigaden, Ali Fadhlallah, kündigte an, die Milizen beabsichtigten, in Jordanien eine Truppe zu bilden, die sie dabei unterstütze, auch gegen die USA vorzugehen. »Jordanien ist sehr wichtig für die Achse des Widerstands«, sagte er und fügte hinzu, ihre Absicht bestehe darin, »die tote Front in Jordanien zu aktivieren, damit sie die Fraktionen in Palästina unterstützt«.
Vor dem Hintergrund dieser Spannungen zwischen Jordanien und dem Iran veröffentlichte die jordanische Regierungszeitung Al-Rai mehrere Artikel, in denen der Iran davor gewarnt wird, den Luftraum des Königreichs für Angriffe auf Israel zu nutzen. Zwei Tage nach dem Besuch von Außenminister Al-Safadi im Iran etwa schrieb der Kolumnist Alaa al-Qarala einen scharfen Artikel, in dem er warnte, Jordanien werde im Falle einer Verletzung seiner Souveränität noch härter reagieren als im April.
Al-Qarala drohte in Richtung Teheran, Jordanien werde sicherlich nicht zulassen, »dass jeder rotznäsige und aussätzige Kerl oder jedes Land der Welt den Luftraum des Landes als Schlachtfeld oder als Bühne für eine Machtdemonstration nutzt. Jordanien hat Falken, Fledermäuse, Missachter der Souveränität und dergleichen mehr jagen können.« Der jordanische Luftraum sei »für jeden verachtenswerten Aggressor gesperrt. Ist die Botschaft klar, oder wollen Sie uns auf die Probe stellen?« So wie Jordanien nicht zugelassen habe und nicht zulassen werde, »dass der Besatzungsstaat [d. h. Israel] seinen Luftraum für Angriffe auf ein anderes Land nutzt, wird es auch nicht zulassen, dass irgendein anderes Land ihn als Schlachtfeld nutzt.«
Die Sicherheit der jordanischen Bevölkerung stehe »über jeder anderen Überlegung oder Empfindung. Wir sind ein stolzer und ehrenhafter souveräner Staat und werden niemandem erlauben, ohne unsere Zustimmung in unseren Luftraum einzudringen. Unsere Heimat ist unsere Ehre, und wir werden nicht zulassen, dass jemand sie beschädigt, koste es, was es wolle.«