Fast sieben Jahre, nachdem ihre Angehörigen vom Islamischen Staat entführt wurden, fordern irakische Jesiden noch immer deren Rückkehr.
Holly Johnston, Rudaw
Am Donnerstag veranstalteten Mitglieder des jesidischen Jugendnetzwerks eine Demonstration, bei der sie die Rückkehr ihrer Angehörigen nach Sinune forderten. Sinue ist eine Stadt nördlich des Sinjar Gebirges, in dem Hunderttausende Jesiden Schutz suchten, als der Islamische Staat (IS) im Sommer 2014 in die Region Shingal vordrang und Tausende Jesiden tötete und gefangen nahm.
„Für Jesiden ist der IS immer noch stark und unser Völkermord geht weiter, da wir vertrieben wurden und unsere Frauen und Kinder weiterhin vermisst werden“, sagte die Vorsitzende des Netzwerks, Samia Qassim, am Mittwochabend gegenüber Rudaw English. Laut Qassim waren auch anderswo im Irak Kundgebungen geplant, unter anderem in Bagdad.
Nach Angaben des Büros der Regionalregierung von Kurdistan für entführte Jesiden wurden im August 2014 6.417 Jesiden von ISIS entführt. Fast 3.000 von ihnen werden noch vermisst.
Obwohl viele entweder gerettet wurden oder aus der Gefangenschaft entkommen konnten, hat sich der Rückstrom der Heimkehrer verlangsamt. Frauen und Kinder wurden sogar in der in Städten wie Ankara und Istanbul gefunden, wohin sie verschleppt worden waren. Am Montag sagte die Free Yezidi Foundation, dass die „wahrscheinlichsten Orte“ für die künftige Suche nach Überlebenden in der Türkei und in Syrien liegen.
„Wir wollen eine umfassende Kampagne im Irak und im Ausland, um nach unseren Vermissten zu suchen. Die Regierung sollte mehr Engagement und Unterstützung bei der Suche nach ihnen zeigen“, fügte Qassim hinzu. „Wir wissen, dass viele Jesiden im Irak und in Syrien sind.“ Dieser Aufruf zum Handeln wurde auch in den sozialen Medien verbreitet.
Die Aktivistin Adar Murad sagte, dass die Bemühungen, die Vermissten nach Hause zu bringen, besonders wichtig sind, nachdem fast 100 irakische Familien aus dem Lager al-Hol im Nordosten Syriens zurückgekehrt sind, wo zuvor eine Reihe von gefangenen Jesiden gefunden worden war.
„Wir müssen das Schicksal der Entführten erfahren. Die jesidische Gemeinschaft ist wütend, weil die irakische Regierung unseren Völkermord nicht anerkennt. Statt die Entführten zu suchen und zurückzubringen, bringt sie IS-Familien zurück, die zugeben, dass sie immer noch Anhänger des IS sind”, sagte sie gegenüber Rudaw English. „Diese Regierung beleidigt uns und unsere Gefühle und beweist uns immer wieder, dass wir nicht als irakische Bürger angesehen werden.“
(Aus dem Artikel „Yazidis call for action to bring home loved ones kidnapped by ISIS“, der bei Rudaw erschienen ist. Übersetzung von Alexander Gruber.)