„Klar erkennbar ist aber Trumps politischer Wille, die diplomatische Camouflage um Jerusalem zu beenden und sich von der Fiktion zu verabschieden, der Status der Stadt sei nach wie vor nebulös. Das ist er längst nicht mehr. Und die westliche Welt weiß das auch. Nur es offiziell einzuräumen, hat bisher niemand gewagt. (…) Trump ist der erste US-Präsident, der diese Realität praktisch anerkennt. Das hebt ihn von der heuchlerischen Nahost-Politik der Europäer ab, die den Palästinensern unverdrossen suggeriert, die Stadt ließe sich eines Tages in ein internationalisiertes Sondergebiet unter UN-Kontrolle verwandeln. [So war es in der UN-Teilungsresolution von 1947 vorgesehen und darauf beruft sich die EU bis heute, Anm. Mena Watch.] Stur hält sie an ihrer illusionären Symbolpolitik fest und verkennt dabei, wie sehr sie damit dazu beiträgt, bei den Arabern die Wunde der Vertreibung offenzuhalten.
Ja, die Unaufrichtigkeit beginnt bereits damit, dass man in Europa gern so tut, als habe Israel Ostjerusalem den Palästinensern weggenommen. Faktum ist, dass es 1967 von Jordanien zurückerobert wurde, das die Altstadt 1949 besetzt, daraus alle Juden vertrieben und Dutzende Synagogen zerstört hatte. Anstatt sich nun groß moralisch darüber zu entrüsten, dass Israels Premier Netanjahu Jerusalem zum Austragungsort des Song Contests 2019 machen will, sollten die Europäer sich lieber fragen, was ihre jahrzehntelange Wirklichkeitsverweigerung der Region gebracht hat.“ (Stefan Winklers Leitartikel in der Kleinen Zeitung: „Das Ende einer Fiktion“)