Javanrud: Ein kleiner Sieg der Protestbewegung

Demonstration in der iranisch-kurdischen Stadt Javanrud
Demonstration in der iranisch-kurdischen Stadt Javanrud (Quelle: Twitter)

Die Bevölkerung der kurdisch-iranischen Stadt wehrt sich seit Monaten gegen die repressive Vorgehensweise des autoritären Regimes – mit Erfolg.

Die iranisch-kurdische Stadt Javanrud ist seit Monaten eines der Zentren der Proteste gegen das Regime, weshalb die Bevölkerung unter extremen Repressionen zu leiden hat. Ausgangssperren und eine de facto Abschottung der Stadt vom Rest des Landes waren nur eine Form von Bestrafung. Es kam auch zu Massenverhaftungen; Sicherheitskräfte erschossen und verwundeten Dutzende von Demonstranten. Aus Angst, angezeigt zu werden, suchten Verletzte keine Krankenhäuser auf, um sich behandeln zu lassen.

In den letzten Tagen hatten Kleriker, Notabeln der Stadt und Aktivisten einen Aufruf an die Regierung adressiert mit der Forderung nach Beendigung der Repressionen.

»In einer Erklärung, die in einer Videobotschaft verlesen wurde, forderten sie das Regime auf, die wirtschaftliche und militärische Belagerung‹ der Stadt zu beenden und nicht länger eine Atmosphäre der Angst und Unsicherheit zu schaffen.

Dabei erwähnten sie auch die Situation im Land als Beweis für die Fortsetzung des ›gewaltsamen Vorgehens‹ gegen die Menschen in der Stadt und forderten die Beendigung der Repression und die Freilassung der Menschen, die während der jüngsten Proteste verhaftet wurden. Weiters kritisierten sie den zunehmenden Einsatz militärischer Gewalt durch das Regime.

Neben Javanrud in der westlichen Provinz Kermanshah prangerten sie auch die militärische Anwesenheit in anderen Orten an, insbesondere in Städten mit kurdischer Bevölkerung im Westen, in Städten mit belutschischer Bevölkerung in der Provinz Sistan-Belutschistan sowie in der Stadt Semirom in der zentralen Provinz Isfahan. Die militärischen Kontrollpunkte an den Eingängen zu diesen Städten sollten entfernt werden, damit das normale Leben für die Bewohner dieser Städte wiederhergestellt werden kann, fügten sie hinzu.«

Wie nun eine Quelle aus Javanrud berichtet, scheinen die Verfasser der Botschaft Erfolg gehabt zu haben. Die Bevölkerung hätte, so die Nachricht, mit ihrer Einigkeit dem Regime die Stirn geboten. Viele der Checkpoints seien nun abgebaut worden, nur zwei seien weiterhin eingerichtet. Dies werde als Sieg der Protestierenden gefeiert und zeige, dass Druck auf das Regime helfe. Ganz besonders, da sowohl in den kurdischen Regionen als auch in Sistan-Belutschistan, beides Gebiete mit sunnitischer Mehrheit, sich Kleriker und religiöse Führer solidarisch mit den Protesten zeigten und dafür sogar Verhaftung und Repression in Kauf nehmen. 

Der oberste sunnitische Mufti im Iran, der aus Belutschistan stammende Abdolhamid Ismail-Zai, hatte sich vom ersten Tag der Demonstrationen nach dem Tod der Kurdin Mahsa Amini sehr deutlich mit den Protestierenden solidarisiert. In einer Freitagspredigt im November etwa fand er folgende scharfe Worte: »Wo ist die Freiheit? Wo bleibt die Pressefreiheit? Wo bleibt die Meinungsfreiheit? Alles im Iran wird zensiert. Alles ist eingeschränkt. Ein großer Teil des iranischen Volkes protestiert und ist unzufrieden.«

Während sich im Jahr 2009 zu Zeiten der grünen Bewegung gegen die gefälschte Wiederwahl von Mahmoud Ahmadinejad Bewohner Kurdistans und Belutschistans eher zurückhielten, gelten beide Regionen diesmal als Hotspots der Proteste gegen das Regime.

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