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Italien: Schwarze Listen über »Zionisten«

Eine der Firmen, die von der »Neuen Kommunistischen Partei Italiens« als Zionisten auf die schwarze Liste gesetzt wurden. (© imago image/Sipa USA Collection)
Eine der Firmen, die von der »Neuen Kommunistischen Partei Italiens« als Zionisten auf die schwarze Liste gesetzt wurden. (© imago image/Sipa USA Collection)

Die Neue Kommunistische Partei Italiens ruft zum Kampf gegen Zionisten auf; ein Aktivist fordert eine »Aufräumaktion« unter Feinden.

In Italien haben Linksextremisten eine schwarze Liste von Personen veröffentlicht, die sie »verurteilen und bekämpfen« wollen. Die Liste mit dem Titel »Zionistische Organisationen und Agenten in Italien« enthält Unternehmen aus verschiedenen Wirtschaftssektoren wie Finanzen, Industrie, Technologie und Militär, darunter Ahava Dead Sea Laboratories, Electra Consumer Products, SodaStream International und Elbit Systems. Dazu die vollständigen Namen von Politikern, Journalisten, Intellektuellen, Unternehmern, Mitgliedern der jüdischen Gemeinde und anderen. Veröffentlicht wurde sie auf der Internetseite einer Splittergruppe, die sich prätentiös »Neue Kommunistische Partei Italiens« nennt.

Wie die Tageszeitung Il Giornale berichtet, steht die Liste dort an der Seite vieler ähnlicher Beiträge, von denen einer mit dem Titel Entwicklung der Denunziation und des Kampfes gegen zionistische Organisationen und Agenten in Italien überschrieben ist. Darin heißt es:

»Der Kampf gegen zionistische Organisationen und Agenten, die in Italien operieren, ist ein Kampf sowohl zur Unterstützung des Widerstands des palästinensischen Volks als auch zur Befreiung unseres Landes von italienischen und ausländischen imperialistischen Gruppen und insbesondere vom US-NATO-Protektorat!«

Reinste Denunziation

Zu den »in Italien tätigen zionistischen Agenten« wird etwa der genuesische Stadtrat, ehemalige Präsident der Jüdischen Gemeinde und Präsident der Jüdischen Juristenvereinigung Ariel Dello Strolog gezählt; weiters Politiker und Journalisten wie Enrico Mentana, Maurizio Molinari und Vittorio Feltri, die in Italien geborene und mittlerweile in Israel lebende Journalistin und ehemalige Parlamentsabgeordnete Fiamma Nirenstein und Unternehmer wie John Ellkan. Die Genannten werden eingeteilt in Kategorien wie »Zionisten in politischen Parteien oder Vertreter öffentlicher Organisationen, die den zionistischen Staat Israel aktiv unterstützen« oder »Zionisten in den Medien und im Kulturbereich, die den zionistischen Staat in Italien unterstützen oder fördern«.

Die Liste sei »das Ergebnis einer reinen Denunziation«, schreibt die Journalistin Francesca Galici in Il Giornale. Andererseits werden laut ihrer Recherche Anhänger der Neuen Kommunistischen Partei dazu aufgerufen, beim Verbreiten die Anonymität des Verfassers und der Empfänger zu schützen: »Solche detaillierten Anweisungen zu befolgen ist eine Pflicht, vor allem für diejenigen, die sich für echte Kommunisten halten. … Alles, was wir jeden Tag tun, wenn es keinen strategischen und taktischen, lokalen und nationalen Plan hat, dient nichts anderem als den Interessen unserer Feinde, Dienern der angelsächsischen zionistischen Oligarchie«, zitiert Galici einen Eintrag auf der Facebookseite der NKPI, auf der auch Anleitungen für die Unterstützer stehen.

Die schwarze Liste herunterzuladen sei »der erste Schritt für diejenigen, die sich ernsthaft fragen, was zu tun ist, um den katastrophalen Verlauf der gegenwärtigen Dinge zu ändern«. Ein Nutzer namens Orazio verlangt, eine »Aufräumaktion« durchzuführen und die »zionistischen und proukrainischen Untertanen« zu eliminieren, die seiner Meinung nach eine »Infiltration« darstellen, obwohl es sich, wie Galici kommentierte, um einen öffentlichen Raum handelt, der allen offen steht. »Zu dem strategischen Projekt gehören offensichtlich Zensur und das Schweigen von Andersdenkenden«, so die Journalistin. Roms jüdische Gemeinde fühlt sich an den Pranger erinnert.

Zunehmender Antisemitismus

Laut der Nachrichtenagentur Jewish News Syndicate (JNS) hat die Neue Kommunistische Partei die Liste verteidigt und als Vergeltung für eine »Hetzkampagne« bezeichnet, die angeblich gegen Gabriele Rubini geführt wird, einen ehemaligen, halbprofessionellen Rugbyspieler, Koch und Fernsehmoderator, der unter dem Namen Koch Rubio bekannt ist und seit dem 7. Oktober letzten Jahres zahlreiche antisemitische und antiisraelische Bemerkungen in den sozialen Medien veröffentlicht hat.

Ein Gericht verurteilte Rubini kürzlich zur Entfernung aufstachelnder Postings gegen Juden und Israel und zu einer Geldstrafe für jeden nicht gelöschten Eintrag. Im Mai wurde er laut JNS vor seinem Haus von sechs Angreifern zusammengeschlagen. Für den Überfall machte er »zionistische Juden« verantwortlich.

Auch in Italien hat der Antisemitismus zugenommen. Im Januar kam es in Vicenza zu Gewalt von antiisraelischen Demonstranten, die gegen die Anwesenheit von Israelis bei einer Schmuckmesse protestierten. Im Juni wurde ein Video bekannt, in dem Anhänger der Jugendorganisation der Regierungspartei Fratelli d’Italia den Hitlergruß zeigen und »Sieg Heil!« sowie antisemitische Parolen brüllen.

Die nun veröffentlichte Liste von vermeintlichen »zionistischen Agenten« ahmt ein Vorbild aus den USA nach: Im Juni 2022 hatte die antisemitische BDS-Gruppe in Boston eine visualisierte Zielliste von Bostoner Firmen, Stiftungen, Zeitungen und Politikern veröffentlicht, die sie wegen ihrer Unterstützung Israels anklagte und zu deren »Demontage« sie aufrief.

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