Latest News

Italien ernennt Botschafter in Syrien

Syriens Diktator Assad: Italien will wieder Botschafter nach Damaskus entsenden
Syriens Diktator Assad: Italien will wieder Botschafter nach Damaskus entsenden (© Imago Images / ITAR-TASS)

Italien hat überraschend die Ernennung eines Botschafters in Syrien angekündigt, womit es das erste G7-Land ist, das seit Beginn des Bürgerkriegs seine diplomatische Mission in Damaskus wieder aufnimmt.

Am vergangenen Freitag bestätigte der italienische Außenminister Antonio Tajani die Ernennung des bisherigen italienischen Sondergesandten für Syrien, Stefano Raffagnan, zum Botschafter und wies darauf hin, dass dieser bald sein Amt in Damaskus antreten werde. Tajani sagte, die Ernennung eines Botschafters erfolge, nachdem der Chef der EU-Außenpolitik, Josep Borrell, den Europäischen Auswärtigen Dienst damit beauftragt habe, »zu prüfen, was für Syrien getan werden kann.«

Der jetzige Schritt erfolgt zwölf Jahre nachdem Italien im Jahr 2012 alle Mitarbeiter seiner Botschaft in Damaskus abberufen hat. Damals stellte Rom seine diplomatischen Aktivitäten aus Protest gegen die Gewalt ein, mit der Präsident Bashar Al-Assad auf die gegen seine Regime gerichteten Proteste in Syrien reagierte.

Vergangene Woche schickten Italien und sieben weitere EU-Länder einen Brief an den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, in dem sie die Europäische Union aufforderten, eine aktivere Rolle in Syrien zu spielen. »Die Syrer verlassen weiterhin in großer Zahl das Land und vergrößern den Druck auf die Nachbarländer in einer Zeit ohnehin schon erhöhter Spannungen in der Region, die neue Flüchtlingswellen auszulösen drohen«, heißt es in dem Schreiben.

Österreich, Zypern, die Tschechische Republik, Griechenland, Kroatien, Slowenien und die Slowakei haben den Brief an Borrell ebenfalls unterzeichnet, demzufolge die acht Länder die humanitäre Situation in Syrien bedauern, die sich angesichts der schlechten wirtschaftlichen Lage des Landes weiter verschärft habe.

Verhinderung von Migration

Der italienische Politologe Daniele Ruffinetti sagte zu Italiens Politikwechsel und den Gründen für den jüngsten Umschwung, dass Rom durch den Abbruch der Beziehungen im Jahr 2012 ein diplomatisches Signal an Präsident Assad gesendet habe, als dieser die Proteste in dem Land brutal unterdrückte. Durch Syriens Wiederaufnahme in die Arabische Liga und die ebenfalls wiederaufgenommene regionale Diplomatie habe sich die Situation aber geändert, weswegen Italien nun versuche, den anderen Europäern mit seinem Schritt in Richtung Assad zuvorzukommen.

Auch einen geopolitischen Aspekt gebe es, erläuterte Ruffinetti weiter, »denn die Wiederaufnahme der Beziehungen könnte dazu beitragen, dass Syrien nicht vollständig in russische und iranische Hände fällt, was keine Kleinigkeit wäre, wenn man bedenkt, wie Moskau und Teheran im Mittelmeerraum expandieren.«

Der politische Analyst Khattar Abu Diab sagte, Italien wolle eine europäische Annäherung an Damaskus anführen, weil es zusammen mit anderen europäischen Ländern der Verhinderung der Ankunft neuer Migranten aus Syrien auf dem europäischen Kontinent Priorität einräume. »Diese europäischen Länder sind der Meinung, dass die gegen Syrien verhängten Sanktionen nicht gefruchtet haben.«

Die Regierung von Giorgia Meloni sehe nur die Interessen ihres Landes und glaube, dass ein gestärktes syrisches Regime, nicht nur ein Hindernis für weitere Migration sein kann, sondern dass syrische Flüchtlinge dann auch aus Europa in Richtung Damaskus abgeschoben werden könnten. Das syrische Regime jedoch versuche, fügt er hinzu, den durch den Krieg erreichten »demografischen Wandel im Land aufrechtzuerhalten und lehnt die Rückkehr von Flüchtlingen ab, was ein künftiges Hindernis in den Beziehungen zu den europäischen Ländern darstellen wird.«

In Bezug auf die Möglichkeit, ob die Europäische Union Italien bei der Annäherung an Syrien folgen könnte, sagte der ehemalige syrische Diplomat Abdul Hamid Fajr Saloum, die europäische Öffnung gegenüber Syrien würde eine Entscheidung der Europäischen Kommission erfordern. Die derzeit verfügbaren Informationen deuten laut ihm darauf hin, dass Italiens Schritt hauptsächlich damit zusammenhängt, den Strom syrischer Flüchtlinge über das Mittelmeer zu verhindern.

Die Annäherung Roms an Damaskus sei innerhalb der Europäischen Union umstritten ist und es gebe keinen Konsens über ein ähnliches Vorgehen der EU. Vielmehr stelle »Italiens Schritt eine Verletzung der europäischen Position dar, die eine Zusammenarbeit mit dem syrischen Regime immer noch ablehnt, fasste Saloum die Situation zusammen. »Bis heute haben die zentrale EU-Länder wie Deutschland und Frankreich nicht auf Italiens Schritt reagiert, während Rumänien, Bulgarien, Griechenland, Zypern, die Tschechische Republik und Ungarn eine diplomatische Vertretung in Damaskus haben.«

Bleiben Sie informiert!
Mit unserem wöchentlichen Newsletter erhalten Sie alle aktuellen Analysen und Kommentare unserer Experten und Autoren.

Zeigen Sie bitte Ihre Wertschätzung. Spenden Sie jetzt mit Bank oder Kreditkarte oder direkt über Ihren PayPal Account. 

Mehr zu den Themen

Das könnte Sie auch interessieren

Wir reden Tachles!

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie alle aktuellen Analysen und Kommentare unserer Experten und Autoren!

Nur einmal wöchentlich. Versprochen!