Ist Assads Generalamnestie ein PR-Gag?

Sednaya: eine der berüchtigsten Foltergefängnisse des Assad-Regimes
Sednaya: eine der berüchtigsten Foltergefängnisse des Assad-Regimes (© Imago Images / ZUMA Press)

Als Ablenkungsmanöver bezeichnet der Menschrechtsaktivist Shibal Ibrahim die Ankündigung des syrischen Präsidenten, Hunderte Syrer frühzeitig zu entlassen, die sich wegen angeblicher terroristischer Verbrechen in Haft befinden.

Während Anfang dieser Woche Hunderte internierte Syrer im Zuge einer von Präsident Bashar al-Assad verfügten Generalamnestie aus syrischen Gefängnissen entlassen wurden, erklärte ein kurdischer Aktivist, der Grund für das unerwartete Dekret sei der Versuch, von den kürzlich veröffentlichten Bildern des Massakers in Tadamon abzulenken.

Vergangenen Samstag erließ Assad eine Generalamnestie für Syrer, denen vorgeworfen wurde, in »terroristische Verbrechen« verwickelt gewesen zu sein, solange diese Aktivitäten nicht zum Tod von Menschen geführt haben. Der früher selbst in syrischen Gefängnissen internierte kurdische Menschenrechtsaktivist Shibal Ibrahim erklärte gegenüber RUDAW:

»Die Entscheidung, Häftlinge freizulassen, kommt überraschend und scheint davor nicht geplant gewesen zu sein. Eine große Anzahl an Häftlingen werden in den kommenden zwanzig Tagen entlassen werden.«

Drei Tage vor Assads überraschender Erklärung veröffentlichte die britische Zeitung The Guardian Filmmaterial von einem Vorfall im Jahr 2013, die zeigen, wie Vertreter des Regimes auf brutale Art und Weise Dutzende Menschen im Damaszener Viertel Tadamon ermorden.

Deswegen ist Shibal Ibrahim überzeugt, das Amnestie-Dekret sei ein Versuch, die massive Wut zu beschwichtigen, die sich nach Bekanntwerden der Bilder in der Öffentlichkeit und auf den sozialen Medien zusammengebraut hatte.

»Ich denke, der Erlass dieses Dekrets hängt mit dem großen Problem und dem großen Aufschrei in den Medien und sozialen Plattformen zusammen, die sich nach der Veröffentlichung des Videos vom Tadamon-Massaker ergaben, das von Regimetruppen verübt wurde. Das Regime versucht jetzt Schadensbegrenzung zu betreiben, in dem es in einer Ablenkungstaktik einige Häftlinge entlässt.«

In einem Bericht des Syrian Network for Human Rights vom Dezember 2021 hieß es, dass Assad-Regime habe seit über März 2011 über 149.000 Personen inhaftiert, interniert oder verschleppt, darunter 9.200 Frauen und 4.900 Kinder.

Das syrische Justizministerium hat bislang noch keine offiziellen Zahlen über diejenigen veröffentlicht, die nun im Zuge der Amnestie entlassen werden sollen. Menschenrechtsorganisationen schätzen, dass bis Ende Juni ein paar Tausend Häftlinge entlassen werden sollen.

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