Die aktuelle Welle des weltweiten Antisemitismus ist ein Beweis für die Normalisierung dieses immer tödlicheren, sich ständig wandelnden Hasses.
Der 7. Oktober 2023 war die »Kristallnacht-Moment« unserer Zeit, sagte Israels Gesandte für die Bekämpfung des Antisemitismus Michal Cotler-Wunsh am Sonntag unter Bezug auf das nationalsozialistische Novemberpogrom und warnte, dass das Versagen der Welt, darauf zu reagieren, die Blindheit gegenüber den wachsenden Bedrohungen in den 1930er Jahren widerspiegle. »Antisemitismus ist nicht das Problem der Juden, sondern der Antisemiten und derjenigen, die ihnen erlauben, tödlichen Hass zu verbreiten. Es ist kein jüdisches Problem, sondern ein Problem für alle, die unser gemeinsames Leben und unsere Freiheiten schätzen. Die Sirenen heulen.«
Cotler-Wunsh äußerte ihre tiefe Besorgnis über die Normalisierung des Antisemitismus und wies darauf hin, dass Gräueltaten, Kriegsverbrechen und Völkermord immer einer schrittweisen Normalisierung tödlichen Hasses vorausgehen. Nach dem von der Hamas angeführten Massaker an rund 1.200 Israelis am 7. Oktober 2023 und dem darauffolgenden Krieg im Gazastreifen hat der Antisemitismus in der gesamten westlichen Welt zugenommen.
Die Anti-Defamation League (ADL) meldete für die USA im Jahr 2024 eine Rekordzahl von 9.354 antisemitischen Vorfällen wie Übergriffen, Belästigungen und Vandalismus. Auch die Antisemitismusmeldestelle der Israelitischen Kultusgemeinde in Österreich musste im selben Jahr mit 1.520 antisemitischen Vorfällen einen Anstieg von 32,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr registrieren, wobei der israelbezogene Antisemitismus die häufigste Erscheinungsform der Judenfeindschaft in Österreich darstellt.
Feindbild Israel
»Der Antisemitismus mutiert. Neue widerstandsfähige Strömungen wie der Antizionismus leugnen das Existenzrecht Israels, dämonisieren das jüdische Volk und sind so Mainstream geworden, dass sie alle Formen des Antisemitismus entfesselt haben«, sagte Cotler-Wunsh, die warnte, dass Antisemitismus nun in internationalen Institutionen, Menschenrechtsorganisationen, Universitäten und auf Online-Plattformen brodelt – also genau dort, wo eigentlich die Werte »Nie wieder« hochgehalten werden sollten.
»Schweigen, Leugnung, Rechtfertigung und offene Angriffe auf Juden und Zionisten; man muss nicht jüdisch sein, um ins Visier zu geraten, es reicht, an das Existenzrecht Israels zu glauben«, konstatierte die israelische Antisemitismusbeauftragte. »Die Welle des Antisemitismus, welche die Welt einschließlich der Vereinigten Staaten überschwemmt, ist ein Beweis für die Normalisierung dieses immer tödlicheren, sich ständig wandelnden Hasses.«
Cotler-Wunsh betonte die Bedeutung einer klaren und umfassenden Antisemitismus-Definition wie jene der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA): »Wenn wir keine globale Autorität schaffen, die sich der Bekämpfung des Antisemitismus an allen wichtigen Fronten – internationalen Gremien, in der Wissenschaft und im Internet – verschreibt, hat das Versprechen ›Nie wieder‹ keine Bedeutung. Die IHRA-Definition ist unser wichtigstes Instrument. Wenn wir Antisemitismus nicht richtig identifizieren können, können wir die Flutwelle des Judenhasses, die in unserer Zeit entfesselt wurde, nicht bekämpfen.«