Israelisches Erdgas für Europa?

Wird Erdgas aus Israel interessant für Europa? (© imago images/teamwork)
Wird Erdgas aus Israel interessant für Europa? (© imago images/teamwork)

Angesichts des Krieges in der Ukraine wird das Interesse an anderen Gaslieferanten als Russland wachsen. Werden Israel und die Türkei eine Rolle spielen?

Um das türkisch-israelische Verhältnis ist es seit Jahren schlecht bestellt. Die beiden nicht arabischen Nahost-Staaten pflegten einst gute Beziehungen, doch seit der Machtübernahme von Recep Tayyip Erdogan in Ankara konnte davon keine Rede mehr sein. Zuerst als Premierminister und später als Präsident erging sich Erdogan ein ums andere Mal in feurigen antizionistischen und teils antisemitischen Tiraden.

Unter Erdogans Führung unterstützte die Türkei die Machtübernahme der Muslimbruderschaft in Ägypten und inszenierte sich zunehmend als Schutzmacht für die Palästinenser im Kampf gegen Israel. Unterstützung erhielt hier allerdings nicht die Palästinensische Autonomiebehörde im Westjordanland, sondern vor allem die islamistische Terrororganisation Hamas, deren Führer im Exil zumindest bis vor Kurzem in der Türkei so gern gesehene Gäste waren, dass ihnen freudig die türkische Staatsbürgerschaft verliehen wurde, während sie von dort aus Terroranschläge gegen Israel organisierten.

Doch nicht zuletzt angesichts der schweren wirtschaftlichen Krise, die sich u. a. im Absturz der türkischen Währung bemerkbar macht, versucht Erdogan seit rund zwei Jahren, die weitgehende Isolierung zu überwinden, in die seine aggressive Außenpolitik das Land manövriert hatte, und die ramponierten Beziehungen zu fast allen Staaten in der Region zu reparieren. Dazu gehört der Versuch einer Annäherung an die Vereinigten Arabischen Emirate genauso wie die »Charme-Offensive«, mit der Erdogan sich um eine Verbesserung des Verhältnisses zu Israel zu bemühen scheint.

Am 3. Februar hat Erdogan bekannt gegeben, dass der israelische Staatspräsident der Türkei Mitte März einen offiziellen Besuch abstatten werde. Zuvor hatte es zum ersten Mal seit geraumer Zeit via Telefon direkte Kontakte zwischen den Außenministern beider Länder gegeben.

Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine und der damit möglicherweise einhergehenden Krise der Gasversorgung Europas könnte jetzt ein Vorschlag erneutes Interesse ernten, den Erdogan Anfang Februar nach einem Besuch in der Ukraine gemacht hat: Israel und die Türkei könnten zusammenarbeiten, um israelisches Erdgas nach Europa zu exportieren. Auf dem Rückflug aus der Ukraine sagte er zu Reportern: »Wir können das israelische Erdgas in unserem Land nutzen und darüber hinaus gemeinsame Anstrengungen unternehmen, um es nach Europa zu leiten.«

Umfassende Erdgasfunde vor der israelischen Küste im Mittelmeer werden nicht nur dazu führen, dass Israel zum ersten Mal in seiner Geschichte Unabhängigkeit auf dem Energiesektor erreichen wird, sondern könnten Israel auch zu einem wichtigen Faktor auf dem internationalen Energiemarkt werden lassen. Damit könnte es auch für Europa von Interesse werden, das wohl oder übel gezwungen sein wird, sich in Zukunft nach Alternativen zu russischen Gaslieferungen umzusehen.

Pläne für den Erdgasexport Richtung Europa gab es bereits in Form der EastMed-Pipeline, durch die Gas aus israelischen und zypriotischen Vorkommen via Griechenland nach Südeuropa geliefert werden sollte. Doch just wenige Wochen vor der russischen Ukraine-Invasion hatte US-Präsident Joe Biden der Pipeline wahrscheinlich den Todesstoß versetzt, als er den Rückzug der USA aus dem Projekt verkündet hatte, weil dieses unrentabel sei. Die Entscheidung war in den USA auf Kritik aus den Reihen der republikanischen Opposition gestoßen: Gerade dann, wenn die Vereinigten Staaten von Europa mehr Unabhängigkeit von russischem Erdgas fordern, sei der Ausstieg aus dem EastMed-Projekt ein falsches Zeichen.

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