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Wie umgehen mit Israelhassern an Universitäten?

Auch an der Humboldt-Uni in Berlin steht die Frage im Raum: Was tun mit Israelhassern unter den Lehrenden? (© imago images/Bernd Friedel)
Auch an der Humboldt-Uni in Berlin steht die Frage im Raum: Was tun mit Israelhassern unter den Lehrenden? (© imago images/Bernd Friedel)

Niemand will an der Freiheit der Wissenschaft rütteln. Aber sollten sich Israelhasser auf diese Freiheit berufen können?

»Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei« – so steht es seit dem Staatsgrundgesetz von 1867 in österreichischen Verfassungen zu lesen. Doch wie soll angesichts dieses Grundsatzes mit Lehrenden an Universitäten umgegangen werden, die unter dem Deckmantel der Wissenschaftlichkeit Hass auf Israel verbreiten? Aktuell sorgen zwei solcher Fälle für Schlagzeilen.

Der Fall Meggle

Der erste Fall betrifft die Universität Salzburg und hat schon eine längere Vorgeschichte. Im Sommersemester 2021 hätte im Fachbereich Philosophie eine Lehrveranstaltung mit dem Titel »Ethische Interventionen: Boykottstrategie – Pro & Contra« stattfinden sollen. Der Leiter dieses Kurses, Prof. Georg Meggle, der sich selbst als »Querdenker« bezeichnet, war vor seiner Tätigkeit an der Universität Salzburg u. a. in Leipzig und Kairo tätig gewesen – und ist in der Vergangenheit als prononcierter Befürworter der – aus Sicht der deutschen und österreichischen Bundesregierungen sowie zahlreichen weiteren Institutionen – als antisemitisch einzustufenden Israel-Boykottbewegung BDS aufgefallen.

Anfang März 2021 wandten sich die Jüdische österreichische HochschülerInnenschaft sowie das Vorsitzteam der Österreichischen HochschülerInnenschaft in Protestbriefen an das Universitätsrektorat und das zuständige Dekanat. Aufgrund der einschlägigen politischen Positionierung Meggles und der Themensetzung forderten sie die Absage seiner Lehrveranstaltung. Nach mehreren Gesprächen kam die Universitätsleitung zu dem Schluss, dass es »angesichts der Komplexität der Problemlage geraten erscheint, die Lehrveranstaltung zunächst auszusetzen«, da »ein reibungsfreier Ablauf des Seminars nicht gewährleistet« werden könne. Stattdessen wurde für das kommende Wintersemester eine Lehrveranstaltung zum Thema »Die Grenzen akademischer Redefreiheit im universitären Kontext« in Aussicht gestellt, zu der explizit auch »der betroffene Lehrveranstaltungsleiter« eingeladen wurde.

Nun wiederholt sich die ganze Geschichte. Nachdem die Lehrveranstaltung über die akademische Redefreit scheinbar ohne Aufsehen verlaufen war, will Meggle im Sommersemester 2022 erneut sein im Vorjahr abgesagtes Ethik-Seminar über Boykottstrategien anbieten – und wieder ist fraglich, ob es stattfinden wird. Mitte Februar war es zwar angekündigt, doch gab es für Studenten offenbar keine Möglichkeit, sich dafür anzumelden. Dieses Mal gingen einige Studenten in die Offensive, die für die Abhaltung des Kurses eintraten. Ein entsprechender offener Brief an die Uni-Leitung blieb bislang, wie es scheint, unbeantwortet.

Der Fall Humboldt-Universität

Das Institut für Sozialwissenschaften an der Humboldt-Universität Berlin ist der zweite aktuelle Fall. Dort berichteten einige jüdische Studenten dem Tagesspiegel, sie belegten im vergangenen Semester aus Angst vor Diskriminierung ein bestimmtes Seminar nicht. In (mittlerweile gelöschten) Twitter-Postings aus dem Jahr 2014 hatte die Dozentin Ira D. Fotos von sich auf einer pro-palästinensischen Demonstration veröffentlicht. Auf einem der Bilder posierte sie neben einer Frau, die ein Plakat mit der Aufschrift »Netanyahu = Hitler« in ihren Händen hielt. Den Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz nutzte die Dozentin, um in italienischer Sprache auf Twitter zu schreiben: »Der Völkermord der Juden an den Palästinensern geht immer noch weiter.« Überhaupt hätten sich auf dem Twitter-Account der Frau immer wieder Falschinformationen über Israel gefunden, als deren Quellen klar antisemitische Webseiten gedient hätten. Einige Postings bezogen sich auf ein Netzwerk, das einer Terrororganisation mit antisemitischer Ausrichtung zugeschrieben wird.

Vom Tagesspiegel mit den Vorwürfen konfrontiert, distanzierte sich die Dozentin von der Netanjahu-Hitler-Gleichsetzung, verteidigte aber die übrigen Postings – wenn sie Nachrichten teile, bedeute das nicht, dass sie ihnen zustimme. Da die Postings im »privaten Raum« stattgefunden hätten, kann auch die Humboldt-Universität nichts erkennen, was Konsequenzen nach sich ziehen müsste, betonte aber, niemand solle Angst haben müssen, »aufgrund seiner Herkunft der religiösen Zugehörigkeit« verbalen Attacken ausgesetzt zu sein.

Ein Professor, der die antisemitische Israel-Boykottkampagne BDS befürwortet, eine Dozentin, die Postings aus dem Umfeld antisemitischer Terrorgruppen teilt und »den Juden« (sic!) vorwirft, Völkermord an den Palästinenser zu begehen und ihr Verhalten implizit mit der Vernichtungspolitik der Nazis gegen die Juden gleichzusetzt: Soll sich wirklich auf die Freiheit der Wissenschaft berufen können, wer solchen Israelhass verbreitet?

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