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Israelboykott-Bewegung BDS: „Iss nicht beim Juden!“

Gestürzte Statue an der Universität Toronto: Was hat Egerton Ryerson mit den Palästinenser zun tun?
Gestürzte Statue an der Universität Toronto: Was hat Egerton Ryerson mit den Palästinensern zun tun? (© Imago Images / ZUMA Press)

Müssen die Lieferanten von koscherem Essen für eine Studentenkantine der Universität Toronto nachweisen, dass sie keine Verbindungen zu Israel haben? Geht es nach den Aktivisten der antisemitischen BDS-Kampagne, lautet die Antwort: ja.

An der Universität Toronto eskalierte Ende November ein seit längerem schwelender Konflikt zwischen einer die Israelboykott-Kampagne BDS unterstützenden Studentenselbstverwaltung auf der einen Seite und jüdischen Studenten auf der anderen. Dabei geht es um koscheres Essen in der Studentenkantine, die vom Studentenwerk betrieben und von Pflichtbeiträgen der Studenten finanziert wird.

Die Universität Toronto verfügt über drei Campusanlagen: außer dem Hauptgelände St. George im Zentrum der Stadt mit rund 52.000 Studenten gibt es noch zwei Nebenanlagen in den Stadtteilen Scarborough und Mississauga, wo jeweils rund 10.000 Studenten studieren.

Die Studentenselbstverwaltung in Scarborough – University of Toronto Scarborough Campus Student Union (SCSU) – ist in den Händen von BDS-Aktivisten und beschloss bei ihrer Sitzung am 24. November, dass „Anstrengungen unternommen werden sollten, koscheres Essen von Organisationen zu beziehen, die die israelische Apartheid nicht normalisieren“.

Ein Unterabschnitt der Resolution besagt, dass, wenn jüdische Studenten keinen koscheren Lebensmittellieferanten finden könnten, der die „israelische Apartheid“ nicht unterstützt – was immer das heißen mag –, eine „Ausnahme“ gewährt werden könne.

Der Resolution zufolge muss der SCSU auch jede Veranstaltung vermeiden, die „die die israelische Apartheid normalisiert“ und darf nicht mit Organisationen zusammenarbeiten, denen solches vorgeworfen wird. Eine BDS-Liste von allem, was zu boykottieren ist, soll auf der Website des SCSU veröffentlicht werden.

Zudem werden die Studenten aufgefordert, von „Palästinensern in Palästina und der Diaspora“ zu „lernen“, auf „bedeutsame Weise“ für „Solidarität zu arbeiten“ und die Welt durch eine „Anti-Unterdrückungs- und antikoloniale Linse“ zu sehen.

Hürde bloß gegen Juden

Der Blogger Elder of Ziyon, der als erster über den Fall berichtete, zitiert in seinem Beitrag die Kritik, die die jüdische Studentin Gabriela Rosenblum auf der Zoom-Konferenz des SCSU, auf der über die Resolution abgestimmt wurde, an dem Antrag übte: „Diese BDS-Abstimmung macht all die kritische Arbeit dieser Studentenregierung zunichte“, sagte sie.

„Dieser Antrag erfordert, dass Juden an der UTSC (University of Toronto-Scarborough; S.F.) beweisen, dass sie in den Augen der Studentenselbstverwaltung ‚gute Juden‘ sind, im Gegensatz zu den vielen ‚schlechten Juden‘, die Israel unterstützen. Dieser Antrag definiert sogar Antisemitismus für die jüdischen Studenten auf dem Campus.“

Das seien Hürden, die es für keine andere Gruppe gebe. Es sei klar, dass diese Resolution auf Juden abziele.

„Selbst für so einfache Dinge wie die Bestellung von Gelee-Donuts für Chanukka müssen jüdische Studenten der SCSU nun beweisen, dass koschere Lieferanten ihre jüdische Heimat nicht unterstützen, was im Grunde unmöglich ist.“

Wie die jüdische Nachrichtenagentur JTA berichtet, hat Universitätspräsident Meric Gertler die Resolution als nicht mit den „Kernwerten der Meinungsfreiheit und Inklusion“ der Universität vereinbar kritisiert. „Die Forderung, dass Anbieter von Lebensmitteln als einem religiösen Angebot eine Ausnahmegenehmigung beantragen oder auch nur zu ihren Ansichten zu Themen in anderen Teilen der Welt befragt werden müssen, ist inakzeptabel“, sagte Gertler.

Wie JTA weiter schreibt, hat der SCSU am 29. November eine weitere Resolution verabschiedet, die Religionsfreiheit für jüdische Studenten bekräftigt. Der JTA-Bericht stellt es so dar, als würde diese Resolution die Resolution vom 24. November aufheben bzw. an deren Stelle treten, so ist etwa von der „ursprünglichen“ Resolution die Rede.

Das scheint aber ein Missverständnis zu sein. Zum einen steht in der Resolution vom 29. November nichts, was diese Ansicht stützt, zum anderen heißt es in dem Tweet der jüdischen Studentenvereinigung Jewish on Campus, auf den der JTA-Autor sich als Quelle beruft:

„Diese Resolution dient nur dazu, das eigene antisemitische Verhalten der Studentenselbstverwaltung (Versuch, koscheres Essen zu beschränken) zu ermöglichen.“

Ernstes Problem mit Antisemitismus

Die BDS-Aktivitäten an der Universität Toronto in punkto koscherem Essen reichen mindestens zwei Jahre zurück. Damals unternahm die jüdische Studentenvereinigung Hillel eine Kampagne für mehr Angebote an koscherem Essen in der Studentenkantine.

Ein Funktionär der Studentenvertretung University of Toronto Graduate Students’ Union (UTGSU) lehnte in einer E-Mail ab, die Forderung zu unterstützen, weil Hillel proisraelisch sei und die Studentenvertretung „bestrebt“ sei, „sich dieser Art von Diskurs zu enthalten, um sicherzustellen, dass der Wille der Mitglieder in allen Abstimmungen zu diesen Anträgen richtig widergespiegelt wird“.

Hillel protestierte dagegen und nannte die Argumentation antisemitisch. Daraufhin entschuldigte sich die UTGSU und der Autor jener E-Mail trat von seinem Amt zurück – allerdings nicht, weil er einen Fehler eingesehen hätte, sondern um gegen den „Druck“ einer „israelischen Lobby“ zu protestieren, der auf diejenigen ausgeübt werde, die sich mit „radikaler Politik“ gegen „israelische Apartheid“ einsetzten.

„Die University of Toronto hat ein ernstes Problem mit Antisemitismus“, sagte Michael Mostyn, Vorsitzender des kanadischen Verbands der internationalen jüdischen Organisation B’nai Brith.

„Es wurde ein Klima geschaffen, in dem jüdische Organisationen und sogar einzelne Studenten auf die schwarze Liste gesetzt werden, nur weil sie an die Existenz eines jüdischen Staates glauben.”

Unter dem Vorwand, sich für die Rechte von Palästinensern einzusetzen – die aber nicht interessant sind, wenn die Menschenrechte von Palästinensern in Syrien, dem Libanon, von der Palästinensischen Autonomiebehörde oder der Hamas-Regierung im Gazastreifen verletzt werden –, betreiben BDS-Aktivisten eine pure Hasskampagne.

Freude über Corona-Infektion

Außer gegen Juden richtet sie sich auch gegen alle, die dabei nicht mitmachen wollen. Ein Beispiel dafür ist der Twitter-Account Africa4Palestine. Das ist die mit 29.000 Twitter-Followern nach eigenen Angaben größte BDS-Organisation Afrikas.

Die Nachricht, dass die französische Teilnehmerin des in diesem Monat in Jerusalem stattfindenden Schönheitswettbewerbs „Miss Universe“ nach ihrer Ankunft in Israel positiv auf das Coronavirus getestet wurde und sich in Quarantäne begeben musste, wurde dort mit Hohn und Schadenfreude kommentiert.

Und doch ist Claudia Roth (Bündnis 90 /Grüne), die künftige deutsche Kulturstaatsministerin, der Ansicht, dass BDS sich lediglich „gewaltfrei für ein Ende der völkerrechtswidrigen Besetzung“ einsetze und nicht „pauschal“ „in die antisemitische Ecke gestellt“ werden dürfe.

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