„Kurzes Geplauder aus dem Nähkästchen: In den vergangen Jahren wurde ich mehrfach von deutschen Fernsehteams in Tel Aviv besucht, um zu irgendeinem Thema interviewt zu werden. Falls Sie sowas noch nie gemacht haben: Interviewt werden heißt, man redet fünf Minuten über sein neues Buch; anschließend läuft man fünf Stunden die Straße rauf und runter, guckt nachdenklich in die Sonne, tut so, als würde man spontan irgendwelche Freunde treffen, damit die Fernsehmenschen später etwas haben, was sie unter das über-das-Buch-Reden schneiden können. Meistens verabredete ich mich mit den Teams der Einfachheit halber bei mir zu Hause – in einer Gegend, in der, das jetzt mal nicht statistisch überprüft, sondern rein gefühlt, 99 Prozent der Menschen nicht religiös sind. (…) Meine Gegend ist also ziemlich säkular. Trotzdem war unter all den Beiträgen kein einziger, in dem nicht spätestens nach 30 Sekunden ein rauschebärtiger Mann mit Schläfenlocken durchs Bild lief (und/oder ein Soldat mit Uzi über der Schulter – aber darüber reden wir ein andermal). (…)
Anderes Beispiel: Vor einer Weile habe ich einen kleinen Text geschrieben, in dem es unter anderem um Israelis in Berlin ging. Das Thema ist nicht neu, in den vergangenen Jahren ist eine ganze Reihe von Artikeln dazu erschienen. Eins hatten jedoch erstaunlich viele gemeinsam. Das Foto: ein Kippa-bedeckter Hinterkopf vorm Brandenburger Tor. Selbst wenn man davon absieht, was die x-fache Verwendung des immer selben Bildes über die Originalität deutscher Medienmacher aussagt, so ist sie doch vor allem eins: irreführend. Tatsächlich dürfte der Anteil der Religiösen unter den Israelis in Berlin verschwindend gering sein, sind es in überwältigender Mehrheit Säkulare, die es in die deutsche Hauptstadt zieht. Also schrieb ich vorsorglich der Redaktion eine Mail, in der ich freundlich darum bat, bei der Veröffentlichung doch bitte auf dieses eine Foto zu verzichten – woraufhin mein Artikel, I kid you not, mit einem siebenarmigen Leuchter illustriert wurde. Ja, aber das müsse ich doch verstehen, erklärte mir die Bildchefin am Telefon. Wenn ich schon keine Männer mit Käppchen wolle, würde der Leser doch überhaupt nicht kapieren, dass es bei dem Text um Israelis gehe. Was mir natürlich einleuchtete. Ich meine, hey, wann hat man Emmanuel Macron schon mal ohne Baskenmütze gesehen? Und was wären die Berichte über Kataloniens Unabhängigkeitsbestrebungen ohne das regelmäßige Einblenden einer Paella?“ (Sarah Stricker: „Wie soll man einen Israeli denn erkennen ohne sein Käppchen?“)