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Alles wie gehabt: Israel vor der nächsten Parlamentswahl

Wahlkampfauftritt von Israels Langzeit-Premier Benjamin Netanjahu. (imago images/Xinhua)
Wahlkampfauftritt von Israels Langzeit-Premier Benjamin Netanjahu. (imago images/Xinhua)

Auch bei der dritten Wahl binnen eines Jahres ist die Situation unverändert: Viele Israelis haben genug von Netanjahu, vertrauen gleichzeitig aber seiner Politik.

Von Jonathan S. Tobin

Kaum jemand kennt wen, der seine Meinung seit den Wahlen im April und September geändert hat. Und viele haben sich bereits mit der Aussicht auf eine vierte Wahl im September abgefunden, nachdem die Parteien wieder erfolglos versucht haben werden, eine Koalitionsregierung zu bilden.

Die Likud-Partei von Premierminister Benjamin Netanjahu hat ein wenig zulegen können und liegt in einigen Umfragen nun vor der Blau-Weiß-Partei unter Führung von Benny Gantz. (…) Aber die grundlegende israelische Wahlarithmetik bleibt unverändert: Netanjahus Block rechter und religiöser Parteien wird wahrscheinlich mehr Stimmen erhalten als der konkurrierende Block bestehend aus Blau-Weiß, den Linken und Avigdor Liebermans Israel-Beitenu-Partei – und er wird wieder hinter den 61 Stimmen zurückbleiben, die für eine Mehrheit in der Knesset erforderlich sind. (…)

Die israelische Öffentlichkeit mag nach seinen 11 Jahren an der Macht die Nase voll von Netanjahu haben. Aber sie hat Vertrauen in seine grundsätzliche Kompetenz. Und sie hat zur Kenntnis genommen, dass die Übergangsregierung, die er anführt, seit Lieberman vor mehr als einem Jahr die Koalition hat platzen lassen, gut regiert hat. (…)

Der Premierminister hat einen harten Kern von Anhängern, die mit ihm durch dick und dünn gehen. Aber der Aufstieg der Blau-Weiß-Partei, die weder einen überzeugenden Anführer hat noch über ein Programm verfügt, das mehr wäre als ein Echo von Netanjahus Positionen in Sicherheitsfragen, ist Ausdruck des weit verbreiteten Gefühls, dass der Premierminister schon länger an der Macht ist, als es vielen lieb ist.

Nicht nur seine traditionellen Feinde in der Linken glauben, dass es für Netanjahu an der Zeit ist, zu gehen. Schließlich ist es für keine Demokratie gesund, wenn ein Politiker so lange im Amt bleibt. (…) Gleichzeitig haben aber viele immer noch das starke Gefühl, dass Netanjahu Israels unverzichtbarer Mann bleibt und es sonst niemanden gibt, der in der Lage wäre, die immensen Herausforderungen zu bewältigen, vor denen der jüdische Staat steht. (…)

Israel würde nicht untergehen, wenn einer der mittelmäßigen Likud-Politiker, die die Nachfolge Netanjahus antreten wollen, oder der wenig inspirierende Gantz und seine Partei die Regierung übernehmen würden.

In Sicherheitsfragen ist der Gedanke aber beängstigend, dass Netanjahu mit seiner angeborenen Vorsicht durch einen neuen Premier ersetzt würde, der den Feinden Israels erst einmal etwas beweisen müsste. Netanjahus diplomatisches Geschick würde auch im Umgang mit den Vereinigten Staaten vermisst werden, ebenso wie all die neuen Kontakte, die der Premierminister gepflegt hat, einschließlich jene zu arabischen und afrikanischen Ländern. Und der Umstand, dass er einer der wenigen Politiker in der israelischen Geschichte ist, die von Wirtschaft etwas verstehen, unterscheidet ihn deutlich vom Chef von Blau-Weiß, bei dem von einem derartigen Scharfsinn wenig zu erkennen ist.

Die scheinbar permanente Übergangsregierung kann nicht ewig im Amt bleiben. Da Netanjahu zwei Wochen nach der Wahl vor Gericht gestellt werden soll, könnte es sein, dass die Richter schließlich eine Lösung für die Pattsituation an den Wahlurnen finden, indem sie den Premier entweder verurteilen oder freisprechen.

Bis dahin wird Netanjahu – der einen Nachfolger aufbauen und schon vor Jahren in Pension hätte gehen sollen – im Amt bleiben. Und ob Sie ihn lieben oder hassen, es ist nicht zu leugnen, dass Israel, solange er das Sagen hat, in guten Händen bleibt.

(Auszüge aus dem Text „Why Israel’s electoral stalemate isn’t a disaster“, der beim Jewish News Syndicate erschienen ist. Übersetzung für Mena-Watch von Florian Markl.)

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