In einem ausführlichen Telefonat erörterten der israelische und der amerikanische Außenminister die weiteren operativen Aktivitäten der israelischen Streitkräfte im Gazastreifen.
Joshua Marks
Israel ist nach wie vor entschlossen, die Hamas im Gazastreifen zu vernichten, einschließlich der letzten vier verbliebenen Bataillone in Rafah, sagte Verteidigungsminister Yoav Gallant in der Nacht zum Sonntag in einem Telefongespräch mit US-Außenminister Antony Blinken. Gallant betonte nach Angaben des Verteidigungsministeriums, dass die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) in der Stadt an der Grenze zur ägyptischen Sinaihalbinsel eine »Präzisionsoperation« durchführten und darüber hinaus die Gaza-Seite des Grenzübergangs Rafah sicherten, den das israelische Militär letzte Woche unter seine Kontrolle gebracht hat.
Die Regierung Biden lehnt ihrerseits eine Bodeninvasion in Rafah aus humanitären Gründen ab, ein Punkt, den Blinken auch während des Telefonats mit Gallant betonte, wie der Sprecher des amerikanischen Außenministeriums, Matthew Miller, mitteilte: »Der Minister bekräftigte die Ablehnung einer größeren militärischen Bodenoperation in Rafah, wo mehr als eine Million Menschen Zuflucht gefunden haben.«
Blinken habe die »dringende Notwendigkeit unterstrichen, Zivilisten und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen im Gazastreifen zu schützen« und Gallant aufgefordert, »sicherzustellen, dass Hilfe in den Gazastreifen gelangen kann, sowie dabei zu helfen, die Verteilungsprobleme innerhalb des Gazastreifens zu lösen, während Israel die Hamas ins Visier nimmt«, ergänzte Miller. Allerdings habe Blinken »das eiserne Engagement der USA für Israels Sicherheit und das gemeinsame Ziel, die Hamas zu besiegen, bekräftigt«.
Wichtiger Gedenktag
Mehr als 300.000 Einwohner und Flüchtlinge haben Rafah bereits in eine erweiterte humanitäre Zone in Al-Mawasi verlassen, während die IDF gegen bewaffnete Terroristen kämpft, die sich in der letzten Hamas-Bastion des Gazastreifens verschanzt haben – ein Kampf, der laut Jerusalem notwendig ist, um den Krieg zu gewinnen.
Gallant, so das israelische Verteidigungsministerium, habe dem US-Minister gegenüber »die Verpflichtung des Staates Israel betont, seine Operation weiterzuführen, um die Kriegsziele zu erreichen: Die Freilassung der verbleibenden 132 Geiseln, die von Hamas-Terroristen festgehalten werden, und die Zerstörung der Hamas als militärische und regierende Autorität in Gaza.« Darüber hinaus erörterte Gallant mit Blinken die weiteren operativen Aktivitäten der IDF im gesamten Gazastreifen »angesichts der Terror-Hotspots«, die in den vergangenen Tagen sichtbar wurden, als die IDF erneut in die Gebiete Jabalia und Zeitoun im nördlichen Gazastreifen einrücken mussten, wo die Hamas die Kontrolle wiederzuerlangen versucht hatte.
Die beiden Minister sprachen am jährlichen israelischen Gedenktag zu Ehren der gefallenen Soldaten und der Opfer des Terrorismus und im Vorfeld des 76. Unabhängigkeitstags. Der diesjährige Gedenktag war für den jüdischen Staat von besonderer Bedeutung, insofern er zum ersten Mal seit dem von der Hamas verübten Massaker vom 7. Oktober 2023 begangen wurde. Erst am Wochenende waren fünf weitere Soldaten im Gazastreifen getötet worden, was eine deutliche Erinnerung daran war, dass sich Israel weiterhin im Krieg befindet.
»Während der Staat Israel den Gedenktag für Israels Gefallene und Opfer des Terrors begeht, hob Minister Gallant die Bedeutung der Truppen hervor, die angesichts der Hamas-Invasion am 7. Oktober und in den darauffolgenden Schlachten mutig gekämpft haben. Ebenso nannte er die von den Hamas-Terroristen gefangengenommenen Geiseln und die unschuldigen Zivilisten, die am Tag des Angriffs brutal ermordet wurden«, hieß es in einer Erklärung des israelischen Verteidigungsministeriums zum Telefonat mit Blinken.
Zum Abschluss des Gesprächs dankte Gallant seinem Amtskollegen für die »anhaltende Unterstützung der US-Regierung für die Sicherheit Israels«, trotz der aktuell offenen Auseinandersetzungen über die Kriegsführung im Gazastreifen und den effektivsten Weg, die Hamas zu besiegen und gleichzeitig den Nichtkombattanten Schutz und Hilfe zu bieten.
Verbündete und Partner
Die Biden-Administration behandle Israel wie jedes andere Land, sagte Blinken am Sonntag, nachdem das Weiße Haus eine Waffenlieferung an die IDF gestoppt hatte. »Wir behandeln Israel, einen unserer engsten Verbündeten und Partner, genauso wie jedes andere Land, auch wenn es um die Beurteilung des humanitären Völkerrechts und die Einhaltung dieses Rechts geht«, sagte der Minister in einem Interview mit NBC News.
Darin äußerte sich Blinken zu einem Bericht des Außenministeriums, der dem Kongress am Freitag vorgelegt worden und in dem das Verhalten der israelischen Streitkräfte im Gazastreifen kritisiert worden war, der aber nicht zu dem Schluss kommt, dass diese gegen das Völkerrecht verstoßen hätten. Der Bericht kommt also zwar nicht zu dem Schluss, dass Israel gegen die Auflagen für Waffenverkäufe verstoßen habe, erklärte aber, dass Jerusalem nur »begrenzte Informationen« über den Einsatz von in den USA hergestellter Munition bei »Vorfällen, die Bedenken hinsichtlich der Einhaltung des humanitären Völkerrechts durch Israel aufkommen lassen«, geliefert habe.
Blinken sagte gegenüber NBC News, der Bericht mache deutlich, dass die IDF-Truppen in Gaza mit einem »unglaublich komplexen militärischen Umfeld« konfrontiert seien. »Sie stehen einem Feind gegenüber, der sich absichtlich unter Zivilisten und in bzw. unter Schulen, Moscheen und Wohnhäusern versteckt und von diesen Orten aus auf die israelischen Streitkräfte schießt.«
»Ausgehend von der Gesamtheit des Schadens, der Kindern, Frauen und Männern zugefügt wurde, die in das Kreuzfeuer der Hamas geraten sind, ist es aber vertretbar«, so Blinken weiter, »zu dem Schluss zu kommen, dass es Fälle gibt, in denen Israel in einer Weise gehandelt hat, die nicht mit dem humanitären Völkerrecht vereinbar ist«. Der Diplomat ging allerdings nicht näher darauf ein, warum die Regierung Biden Jerusalem für die Opfer und Schäden verantwortlich macht, die durch die Taktik der Hamas, palästinensische Nichtkombattanten als menschliche Schutzschilde zu benutzen, verursacht werden.
Blinken wies darauf hin, dass die IDF Hunderte von Untersuchungen, einschließlich strafrechtlicher Ermittlungen, zu Behauptungen über unangemessenes Verhalten ihrer Streitkräfte durchgeführt haben. »Israel hat im Gegensatz zu vielen anderen Ländern sowohl die Mittel als auch den Willen, sich selbst zu kontrollieren. Wir müssen also abwarten, wie sich das entwickelt«, sagte er abschließend.
Wie US-Verteidigungsminister Lloyd Austin am 8. Mai bei einer Anhörung des Senatsausschusses bestätigte, habe die Regierung Biden die Genehmigung für den Verkauf von zwei Arten von präzisionsgelenkten Bomben an die IDF zurückgehalten. Präsident Joe Biden erklärte ebenfalls am 8. Mai gegenüber CNN, Washington werde die Waffenlieferungen an den jüdischen Staat einstellen, wenn die IDF in Rafah, der letzten Terrorhochburg der Hamas im südlichsten Gazastreifen, einmarschieren. Einen Tag vor dieser Drohung an Israel unterzeichnete Bidens Regierung eine Sanktionsausnahme, mit der die Verbote des Kongresses für Waffenverkäufe an den Hamas-Verbündeten Katar sowie an den Libanon, Irak, Kuwait, Jemen, Libyen und Saudi-Arabien umgangen werden.
Der Text erschien auf Englisch zuerst beim Jewish News Syndicate. (Übersetzung von Alexander Gruber.)