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Irans »Little Teheran« in Syrien

Der Sayyidah-Zaynab-Schrein südlich von Damaskus
Der Sayyidah-Zaynab-Schrein südlich von Damaskus (Quelle: JNS)

Das iranische Regime verschanzt sich in zivilen Gebieten in Syrien und baut dort eine seinen militärischen Bedürfnissen entsprechende Infrastruktur auf.

Yaakov Lappin

Die radikale schiitische Achse unter iranischer Führung verfolgt ein ehrgeiziges Programm zur »Verschanzung unter Zivilisten« in den südlichen Außenbezirken von Damaskus. Dies sei Teil einer umfassenderen Strategie zur Schaffung eines logistischen und militärischen Drehkreuzes für die Islamische Republik, warnt die israelische Nichtregierungsorganisation Alma Research and Education Center.

In einem Ende September veröffentlichten Bericht lenkte das Alma-Zentrum die Aufmerksamkeit auf das Gebiet um den Sayyidah-Zaynab-Schrein südlich von Damaskus und beschrieb es als »Epizentrum einer wachsenden schiitischen Basis mit iranischer Verbindung«. In dem Bericht wird besonders auf die sich verändernde demografische Situation in diesem Gebiet hingewiesen. Das Sayyidah-Zaynab-Gelände ist um das Grab von Zaynab herum gebaut, der Enkelin des islamischen Propheten Muhammad und Tochter von Ali ibn Abi Talib, dem vierten Kalifen und ersten schiitischen Imam.

Der Autor des Berichts und Forschungsleiter des Alma-Zentrums Tal Beeri macht ein israelisches Versäumnis aus, effektiv gegen die zivile Verankerung des Irans in Syrien vorzugehen: Israel beschränke sich darauf, durch Luftangriffe auf militärische Ziele »den Rasen in Syrien zu mähen«. Dagegen forderte er eine Strategie, die »das Gras an der Wurzel ausreißt« und Instrumente wie Sanktionen und internationalen Druck einsetzt, um »die zivile Infrastruktur zu bekämpfen«, die der Iran nutzt, um seine Präsenz in Syrien im Allgemeinen und besonders vor Israels Haustür in Südsyrien zu etablieren.

»Die Verschanzung in zivilen Bereichen ist die Wurzel der iranischen Achse«, sagte Beeri. »Sie bietet eine zivile Tarnung für eine militärische Plattform.«

Schiitischer Korridor

Die zahlreichen Aktivitäten Teherans in Zaynab spiegeln die Tatsache wider, dass dieses Gebiet von den iranischen Revolutionsgarden als Schlüsselzone im schiitischen Korridor vorgesehen ist, der sich vom Iran über den Irak, Syrien und den Libanon erstreckt und mit dem strategischen Ziel aufgebaut wird, die Revolution in den Nahen Osten zu exportieren. »Zaynab dient als logistischer Anker und Relaisstation für Waffentransfers an die Hisbollah im Libanon«, präzisierte Beeri.

Am 22. Juli gab es einen Luftangriff auf ein Waffenlager in der Region Zaynab, wobei Beeri darauf hinwies, dass dieser Angriff in der Nähe eines von Iranern gebauten Gemeindezentrums stattfand, das 2021 von der Entwicklungsstiftung Jihad al-Bina fertiggestellt worden war. Diese Stiftung wurde vom US-Außenministerium als eine speziell bezeichnete globale Terrorgruppe eingestuft.

»Unserer Einschätzung nach richtete sich der Anschlag gegen eine Lieferung elektronischer Waffenkomponenten, die für das Präzisionsraketenprojekt der Hisbollah und ihre Eigenproduktion von Drohnen bestimmt waren. Der angegriffene Ort wurde als vorübergehender Lagerplatz in der nicht-militärischen Umgebung von Sayyidah Zaynab genutzt. Die dort lebenden Zivilisten dienten somit als menschliche Schutzschilde. Der Angriff wurde durchgeführt, bevor das Material die Hisbollah im Libanon erreichen konnte«, heißt es in dem Bericht von Alma.

Beeri zufolge ist die Nähe des iranischen Gemeindezentrums zum Waffenlager ein »hervorragendes Beispiel für das Programm der schiitischen Achse zur Verschanzung unter der Zivilbevölkerung, die sie als menschlichen Schutzschild und zur Schaffung günstiger Bedingungen für die militärische Aufrüstung einsetzt«. Von solchen Lagerzentren aus können Präzisionsbauteile für Raketen auf dem Straßenweg schnell in den westlich gelegenen Libanon gelangen.

Strategische Umsiedlung

Darüber hinaus beinhalte die iranische Strategie auch konzertierte Aktionen, um den konfessionellen Charakter der Zaynab-Region zu verändern, so Beeri. »Es gibt einen signifikanten Trend, dass schiitische Familien aus Gemeinden in Nord- und Südsyrien in das Gebiet ziehen. (Der schiitische Anteil an der syrischen Bevölkerung beträgt weniger als ein Prozent; Anm.). Aber vor allem werden ausländische Schiiten angesiedelt, also Familien von schiitischen Milizionären, die aus dem Irak, aus Pakistan und aus Afghanistan nach Syrien entsandt wurden.«

Diese vom Iran rekrutierten Milizionäre und ihre Familien »übernehmen die Kontrolle über das Gebiet von Zaynab. Schilder, Graffiti und andere eindeutige Beweise belegen, dass sunnitische Familien vor Ort gezwungen wurden, ihre Häuser zu verkaufen und zu verlassen – und zwar nicht zu Marktpreisen«, fügte Beeri hinzu.

Darüber hinaus hat der Iran in Zaynab eine äußerst aktive schiitische »Tourismus«-Szene aufgebaut, die sich aus einer Mischung aus tatsächlichen Touristen sowie Mitgliedern der Revolutionsgarden und ausländischer Milizen zusammensetzt, die die Pilgerfahrt zum Schrein als Vorwand nutzen, um in die Region zu kommen, so Beeri.

Fast wie in Teheran

Nach den Recherchen von Alma sind seit Anfang 2022 etwa 125.000 Iraner unter dem Vorwand der Pilgerfahrt nach Zaynab gekommen. »Wer in Zaynab unterwegs ist, könnte meinen, sich im Herzen von Teheran zu befinden. Es gibt schiitische Milizen, Revolutionsgardisten und persischsprachige Schilder und Hotels. Das Gebiet steht unter vollständiger iranischer Kontrolle«, so Beeri.

All dies bringt die iranische Achse der Verwirklichung ihres eigentlichen Ziels in Zaynab näher: der Einrichtung von militärischen Kommandohauptquartieren, Waffeneinrichtungen, Stützpunkten der schiitischen Milizen, Kontrollräumen des Geheimdienstes und anderer militärischer Infrastruktur. Viele dieser Kontrollräume werden gemeinsam von Mitgliedern der Hisbollah, der iranischen Quds-Truppe und schiitischen Milizionären besetzt. »Es gibt dort auch Gefängnisse und Verhöreinrichtungen, also eine komplette militärische Infrastruktur zur Unterstützung des schiitischen Korridors«, fügte Beeri hinzu.

Die Militäreinrichtungen, die der Iran in Zaynab aufbaut, befinden sich auch in der Nähe des internationalen Flughafens von Damaskus, was bedeutet, dass Waffenlieferungen von iranischen Flügen schnell entladen und zur Lagerung und späteren Weitergabe in den südlichen Teil von Damaskus gebracht werden können. Ebenso können Waffen, die über den iranischen Landkorridor über den Irak nach Syrien geschmuggelt werden, ihren Weg in dieses Gebiet finden.

Beeri meint, die Behauptungen israelischer Offizieller, die iranischen Streitkräfte würden Syrien verlassen, seien schlichtweg unzutreffend. Der Iran verlege nur seine Streitkräfte routinemäßig im Einklang mit den Aktionen Israels. »Sie wechseln ständig die Gebiete, das ist nichts Neues. Soweit wir das beurteilen können, wird der geografische Knotenpunkt in Syrien, den der Iran geschaffen hat, mit der Zeit immer stärker«, resümiert Beeri. »Inwieweit er stärker wird, ist umstritten. Aber er nimmt zu und nicht ab.«

Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. (Übersetzung von Alexander Gruber.)

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