Nach der ersten Runde der Atomgespräche zwischen den Vereinigten Staaten und dem Iran warnen israelische Beobachter vor den Gefahren ergebnisoffener Verhandlungen.
Yaakov Lappin
Die Nukleargespräche zwischen den Vereinigten Staaten und dem Iran, die am Samstag im Oman begannen, haben Fragen über das Risiko aufgeworfen, inwieweit Teheran den diplomatischen Weg nutzt, um Zeit und Legitimität für sein Atomprogramm zu gewinnen. Die erste Runde der indirekten, von Omans Außenminister Badr Albusaidi vermittelten Gespräche zwischen dem US-Gesandten Steve Witkoff und dem iranischen Außenminister Abbas Araghchi endete internationalen Medienberichten zufolge nach etwas mehr als zweieinhalb Stunden. Die nächste Gesprächsrunde soll am 19. April in Rom stattfinden.
Einem Bericht des Wall Street Journals vom 12. April zufolge fordert der Iran unter anderem eine rasche Aufhebung der Sanktionen, Zugang zu eingefrorenen Vermögenswerten in Milliardenhöhe und ein Ende des Drucks der USA auf chinesische Käufer iranischen Öls. Im Gegenzug könnte der Iran anbieten, die Urananreicherung auf 3,67 Prozent zu begrenzen, doch ist es unwahrscheinlich, dass er seine bisherigen Fortschritte im Nuklearbereich aufgibt.
Optionen
Der Vizepräsident des Jerusalem Institute for Strategy and Security, Eran Lerman, erklärte kürzlich gegenüber dem Jewish News Syndicate, seiner Einschätzung nach sei »zumindest in Trumps Kopf und im Mandat des US-Sondergesandten für den Nahen Osten, Steve Witkoff, klar, dass die Verhandlungen den Weg des Irans zu Atomwaffen blockieren müssen, damit sich der nordkoreanische Albtraum nicht wiederholt«. Ein iranischer Aufstieg zur Atomwaffenmacht würde die regionale und globale Ordnung und den Atomwaffensperrvertrag zum Einsturz bringen, warnte Lerman und erinnerte daran, dass nur noch eine »begrenzte Zeit« zur Verfügung steht, um solch ein Szenario zu verhindern.
Lerman, der ehemalige stellvertretender Direktor für Außenpolitik und internationale Angelegenheiten beim Nationalen Sicherheitsrat im Büro des israelischen Premierministers und ehemaliger Offizier des militärischen Nachrichtendienstes der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte, erklärte: »Wenn Witkoff in ergebnisoffene Verhandlungen über die Zukunft hineingezogen wird, die von katarischen und omanischen Manipulationen und allen möglichen iranischen Tricks begleitet sein werden, werden wir in einen gefährlichen Prozess eintreten. Deshalb muss Israel seine eigene militärische Option auf den Tisch legen.«
Der Experte für die Beziehungen zwischen den USA und Israel und Senior Fellow am Begin-Sadat-Zentrum für Strategische Studien an der Bar-Ilan-Universität Eitan Gilboa meinte während einer Telefonkonferenz des Jerusalemer Presseclubs am 7. April, es gebe »jedes Mal, wenn Premierminister Netanjahu Präsident Trump trifft, eine Art Überraschung«. Gilboa bezog sich dabei auf Trumps Ankündigung direkter Gespräche mit dem Iran im Oval Office, bei der Netanjahu letzte Woche neben ihm saß.
Laut Gilboa widersprechen die Gespräche zwischen dem Iran und den USA den langjährigen strategischen Positionen Israels. »Netanjahu glaubt nicht an Verhandlungen. Er glaubt nicht, dass sie zu einer Einigung führen werden. Und wenn sie zu einem Abkommen führen, wird der Iran es nicht umsetzen.« Netanjahu befürworte eine militärische Aktion, »vorzugsweise nur von den Vereinigten Staaten oder von den Vereinigten Staaten gemeinsam mit Israel. Und im Moment ist diese militärische Option vom Tisch. Sie ist nicht in der Mache. Solange Verhandlungen mit dem Iran geführt werden, gibt es keine militärische Option.«
Gilboa warnte vor der Strategie Teherans, die Diplomatie in die Länge auszudehnen und sich gleichzeitig sinnvollen Einschränkungen zu entziehen. »Der Iran ist dafür bekannt, dass er Verhandlungen endlos ausnutzt, um Beschränkungen für sein Atomprogramm zu vermeiden«, sagte er und wies auf drei Schlüsselfragen hin: Wie lange werden die Gespräche andauern? Streben die Vereinigten Staaten den vollständigen Abbau des Atomprogramms an? Und würde ein Abkommen auch die iranische Bedrohung durch ballistische Raketen abdecken? »Wenn die Verhandlungen nicht erfolgreich sind, was werden sie [die USA] dann tun?«, schloss Gilboa seine Ausführungen.
Weit fortgeschritten
Der ehemalige Nationale Sicherheitsberater von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und ehemalige Leiter des israelischen Nationalen Sicherheitsrats Jacob Nagel sagte in einem am 4. April von der in Washington ansässigen Foundation for Defense of Democracies (FDD) veröffentlichten Podcast, die nuklearen Fortschritte Teherans hätten ein gefährliches Stadium erreicht: »Der Iran ist nur noch wenige Tage davon entfernt, waffenfähiges Uran für mindestens eine Bombe zu produzieren.« Innerhalb nur weniger Wochen könne die Islamische Republik genügend waffenfähiges Uran für mehrere Bomben anreichern. »Sie haben große Fähigkeit.«
Nagel betonte, dass das derzeitige Anreicherungsniveau die Art der Bedrohung verändert habe: »Die Iraner speichern heute fast 280 Kilogramm auf sechzig Prozent angereichertes Uran. Das macht 98 bis 99 Prozent der Zeit aus, die man braucht, um auf 93 Prozent angereichertes Uran zu produzieren, das man für eine Waffe braucht. So weit sind sie schon. Sie haben das spaltbare Material. Sie brauchen zwei, drei Wochen.«
Während einige Experten behaupten, der Iran habe sein Atomprogramm ausgeweitet, weil Präsident Trump im Jahr 2018 aus dem Atomdeal (JCPOA) des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama ausgestiegen ist, sei es »eine der wichtigsten Arbeiten, die FDD geleistet hat, zu zeigen, dass der iranische Run auf die Bombe oder die größten Verstöße erst nach der Wahl von Präsident Joe Biden begannen und nicht schon nach dem Rückzug von Präsident Trump.« Nagel bezeichnete das vom Mossad im Januar 2018 in Teheran gestohlene Atomarchiv als klaren Beweis für die wahren Absichten des Irans. »Es gab den Befehl, fünf Sprengköpfe zu bauen, jeder davon mit zehn Kilotonnen. Das haben wir dank des Nukleararchivs herausgefunden. Sie haben das gesamte Material aufbewahrt. Nicht für die Geschichtsbücher, sondern für den Punkt, an dem sie weitermachen wollen.«
Laut Nagel muss Washington vor den nächsten Verhandlungen rote Linien festlegen. »Der einzige Weg, will man den Iran wirklich davon abhalten, ein Atomprogramm zu haben, ist, zumindest für den Moment, eine Vorbedingung an diese Verhandlungen zu stellen: ein Rollback, einen Rückgang zur Situation, die im Jahr 2009 herrschte.« Die Bedingungen müssten die Zerstörung der iranischen Anreicherungsanlagen, die Entfernung von angereichertem Uran und die Einstellung der Aktivitäten zur Waffenherstellung einschließlich der Programme für ballistische Raketen beinhalten.
Nagel sprach eine direkte Warnung in Bezug auf die laufenden Gespräche aus: »Der gefährlichste Punkt ist ein schlechtes Abkommen, das Präsident Trump als gutes Abkommen deklarieren wird. In dem Moment, in dem die Verhandlungen beginnen, wird es Israel verwehrt sein, das zu tun, was Israel gegen den Iran braucht.«
Machbare Mission
In Bemerkungen an sein Kabinett, über die Walla News am 9. April berichtete, erklärte Netanjahu, im Voraus über die Gespräche zwischen den Vereinigten Staaten und dem Iran über das Atomprogramm Bescheid informiert gewesen zu sein. Netanjahu teilte seinen Ministern mit, er habe Trump aufgefordert, den Verhandlungen mit Teheran eine zeitliche Begrenzung aufzuerlegen. Er teilte dem Kabinett auch mit, dass Israel sich in diesen Fragen vollständig mit der amerikanischen Regierung abstimme.
Der Distinguished Fellow am Jewish Institute for National Security of America (JINSA) in Washington und ehemalige stellvertretende Befehlshaber des US-Militärkommandos für Europa, Charles Wald, sagte während eines Webinars in der vergangenen Woche, dass die militärische Position der USA robust und bereit sei: »Es gibt sechs B2-Bomber auf [der Militärbasis in] Diego Garcia. Das ist eine sehr machbare Art von Mission.«
Ein Angriff auf den Iran von Diego Garcia aus würde »eine sechzehnstündige Hin- und Rückreise« bedeuten, meinte Wald, weswegen man noch andere Ressourcen brauche. »Da wären noch die KC46 [Tankflugzeuge], die dort eingesetzt werden, Weltraumressourcen [Spionagesatelliten] und eine Menge Geheimdienstressourcen.«
Es würden viele Drohnen und eine Menge boden- und luftgestützter Marschflugkörper eingesetzt werden, meinte Wald, der schätzte, dass 5.000 Pfund schwere Bunker zerstörende Bomben und andere bereits einsatzbereit sind. Sobald ein solcher Angriff beginne, müsse man die iranischen »Nukleareinrichtungen ins Visier nehmen« ebenso wie die iranischen »Möglichkeiten, ihre Mission mit ihren Raketen wieder auf Israel auszuweiten«.
Man könne »die Iraner nicht so behandeln, wie wir gerne hätten, dass sie sind. Wir müssen sie so behandeln, wie sie wirklich sind.« Deswegen habe er sehr wenig Vertrauen, dass die Verhandlungen erfolgreich sein werden. »Ich habe eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit im Kopf, dass wir militärisch etwas tun müssen.«
Yaakov Lappin ist Korrespondent und Analyst für militärische Angelegenheiten in Israel. Er ist hausinterner Analyst am MirYam-Institut, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Alma-Forschungs- und Bildungszentrum und am Begin-Sadat-Zentrum für strategische Studien an der Bar-Ilan-Universität sowie Autor von Virtual Caliphate – Exposing the Islamist State on the Internet. (Der Text erschien auf Englisch zuerst beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)