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Israel befürwortet Status quo auf dem Tempelberg 

Status quo: Muslime während der Ramadan beten auf dem Tempelberg in Jerusalem
Status quo: Muslime während der Ramadan beten auf dem Tempelberg in Jerusalem (© Imago Images / APAimages)

Obwohl Israel der jordanischen Regierung versicherte, den vereinbarten Status quo verlässlich einzuhalten, verurteilte das Königreich Israel in scharfem Ton für die Vorfälle auf dem Tempelberg und beschuldigte es der Eskalation.

Yoni Ben Menachem

Eine der wichtigsten Aufgaben, die der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu in den kommenden Wochen zu bewältigen hat, ist der Abbau der Spannungen zwischen Israel und Jordanien. Diese haben sich nach den Ausschreitungen in der Al-Aqsa-Moschee während des Ramadans erheblich verschärft. Palästinensische Jugendliche, die sich in der Moschee verbarrikadiert hatten, planten einen Angriff auf die Polizei und auf jüdische Besucher des Tempelbergs, woraufhin die Polizei die Jugendlichen unter den Augen der Kameras mit Gewalt auseinandertrieb.

Im Januar dieses Jahres, unmittelbar nach seinem Amtsantritt, flog Netanjahu nach Jordanien, um sich mit König Abdullah zu treffen. Im Mittelpunkt des Gesprächs standen die Sicherheitslage auf dem Tempelberg und die königliche Forderung, Jordanien als Wächter der heiligen Stätten in Jerusalem zu belassen, wie es das Friedensabkommen zwischen den beiden Ländern vorsieht. Netanjahu sagte dem König zu, dass der Status quo auf dem Tempelberg beibehalten werde.

Während des Ramadans verschlechterten sich die Beziehungen zwischen Jordanien und Israel nach den gewalttätigen Ereignissen auf dem Berg. Wie in der diplomatischen Rhetorik Jordaniens zum Ausdruck kam, sahen die Jordanier in den israelischen Aktivitäten eine Verletzung ihrer Position als Hüter der heiligen Stätten in Jerusalem und einen Versuch, die Teilung des Tempelbergs zwischen Muslimen und Juden durchzusetzen, wie es 1994 in der Höhle der Patriarchen und Matriarchen (Machpela) in Hebron geschehen war.

Verschärfter Tonfall 

Jordanische Quellen berichten, dass die Änderung des Tons der offiziellen diplomatischen Rhetorik auf Anweisung von König Abdullah erfolgte, um die große Wut auf den jordanischen Straßen und im Parlament gegenüber der Regierung einzudämmen, weil diese keine härteren Maßnahmen gegen Israel ergriffen oder den israelischen Botschafter aus Amman ausgewiesen hatte.

Die jordanische Regierung verurteilte Israel scharf für die Vorfälle auf dem Tempelberg und beschuldigte es der Eskalation. Jordanien initiierte eine Dringlichkeitssitzung der Arabischen Liga und der Organisation für Islamische Zusammenarbeit, um die Entwicklungen auf dem Tempelberg und in Ost-Jerusalem zu erörtern.

Der jordanische Außenminister Ayman al-Safadi erklärte, es werde keinen Frieden in der Region geben, wenn das palästinensische Volk nicht seine Rechte erhalte. Er betonte, dass Jordanien nicht aufgeben werde und keine Verhandlungen über seine Position als Hüter der heiligen Stätten in Jerusalem führen werde.

Der katarische Sender Al-Jazeera berichtete, der jordanische Außenminister habe sich während der Krise in der Al-Aqsa-Moschee dreimal geweigert, Telefonanrufe von israelischen Beamten entgegenzunehmen. Er lehnte auch die über einen Vermittler an ihn herangetragene Bitte Israels ab, den jordanischen Waqf auf dem Tempelberg bei der Evakuierung von Palästinensern zu unterstützen, die sich über Nacht in der Al-Aqsa-Moschee verbarrikadiert hatten.

Hochrangige israelische Beamte beschuldigen den jordanischen Außenminister, eine treibende Kraft hinter der Verschlechterung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu sein und eine israelfeindliche Haltung an den Tag zu legen, vielleicht um seine Chance zu erhöhen, in Zukunft das Amt des Premierministers zu erlangen.

Etwa 70 Prozent der jordanischen Bevölkerung sind palästinensischer Herkunft, und jedes Ereignis auf dem Tempelberg provoziert sie und wird von islamischen Elementen ausgenutzt, um gegen Israel zu hetzen.

Kein Interesse an Verschlechterung

Die amerikanische Regierung von Joe Biden unternahm in Vorbereitung auf den Ramadan politische Anstrengungen und initiierte zwei Sicherheitstreffen in Aqaba in Jordanien und im ägyptischen Sharm el-Sheikh, bei denen Vertreter der Vereinigten Staaten, Israels, der Palästinensischen Autonomiebehörde, Jordaniens und Ägyptens teilnahmen, um zu versuchen, während des Ramadans für Ruhe zu sorgen, doch die Bemühungen scheiterten.

Die USA verhinderten bei den Vereinten Nationen die Verabschiedung einer anti-israelischen Erklärung des Sicherheitsrats zur Lage auf dem Tempelberg. Politische Beamte in Jerusalem warfen dem Waqf, der der jordanischen Regierung untersteht, vor, seiner Pflicht nicht nachzukommen und nicht mit Israel bei dessen Bemühungen zusammenzuarbeiten, die Provokationen und die Gewalt palästinensischer Jugendlicher zu verhindern.

Hochrangige Politiker betonen, dass Israel kein Interesse an einer Verschlechterung der Beziehungen zu Jordanien hat, mit dem es im Jahr 1994 ein Friedensabkommen geschlossen hat. Netanjahu werde sich nach dem Ramadan um eine Beruhigung der Spannungen zwischen den beiden Ländern bemühen, so die Quellen.

Auch die Regierung Biden drängt das haschemitische Königshaus dazu, seine öffentlichen Äußerungen gegen Israel zu mäßigen und zu ruhigeren Beziehungen zurückzukehren. Ein hochrangiger politischer Beamter betonte, dass Netanjahus Versprechen gegenüber König Abdullah nach wie vor gelte und Israel den Status quo auf dem Tempelberg nicht antasten werde.

Yoni Ben Menachem, langjähriger Kommentator arabischer und diplomatischer Angelegenheiten für den israelischen Rundfunk und das Fernsehen, ist leitender Nahost-Analyst des Jerusalem Center for Public Affairs und war als Generaldirektor und Chefredakteur der israelischen Rundfunkbehörde tätig. (Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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