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Lokale Verwaltung: Israel plant von der Hamas freie Zonen in Nachkriegs-Gaza

Palästinenser sollen Hilfslieferungen und andere Regierungsaufgaben in von der Hamas freien Zonen in Gaza übernehmen
Palästinenser sollen Hilfslieferungen und andere Regierungsaufgaben in von der Hamas freien Zonen in Gaza übernehmen (© Imago Images / UPI Photo)

Mit Kriegsende soll ein Pilotprogramm beginnen, bei dem Palästinenser, die nicht in Verbindung zur Hamas stehen, zunächst die Hilfslieferungen beaufsichtigen werden, bevor sie andere zivile Regierungsaufgaben übernehmen sollen.

Israel plant ein Nachkriegs-Kontrollmodell für den Gazastreifen mit dem Ziel, »Hamas-freie Blasen« zu schaffen. Dieser Vorschlag stößt allerdings bei Quellen, die mit der Angelegenheit vertraut sind, auf Skepsis. Laut ihnen soll das Pilotprojekt für die »humanitären Enklaven« in den nördlichen Stadtvierteln des Gazastreifens wie Atatra, Beit Hanoun und Beit Lahiya beginnen, berichtete die Financial Times am Montag.

Obwohl die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) dafür bereit seien, herrscht wegen der starken Unterstützung der Hamas im Gazastreifen und der lauwarmen Unterstützung durch die arabischen Länder erhebliche Skepsis hinsichtlich des Erfolgs. Eine Quelle bezeichnete das Projekt gar als »Fantasie«.

Der Plan sieht vor, dass Israel Hilfsgüter über den Grenzübergang Erez an überprüfte Palästinenser vor Ort, die nicht mit der Hamas in Verbindung stehen, liefert, um diese an die Bewohner zu verteilen. Nach und nach würden diese Einheimischen die Verantwortung für die zivile Verwaltung in dem Gebiet übernehmen, wobei die IDF zunächst die Sicherheit überwachen würden.

Sollte das Unternehmen erfolgreich sein, will Israel die Zonen nach Süden ausdehnen, um so fast zwanzig Jahre nach der Übernahme des Gazastreifens durch die Hamas deren Regierungsgewalt langsam zu ersetzen. Einer Quelle zufolge könnte dieser Plan auch Druck auf die Hamas in den festgefahrenen Geiselverhandlungen ausüben.

Diese Initiative folgt nach Monaten internationalen Drucks auf die Netanjahu-Regierung, einen Nachkriegsplan zu entwerfen. Zwei weitere informierte Quellen merkten jedoch an, es handle sich lediglich um eine Fortsetzung früherer israelischer Bemühungen, die von der Hamas schnell vereitelt worden waren. »Wir haben dies in drei verschiedenen Gebieten im nördlichen und zentralen Gazastreifen versucht, auch mit lokalen Stämmen. Alle wurden von der Hamas geschlagen oder getötet«, sagte ein ehemaliger hoher israelischer Beamter, der an der Planung beteiligt war.

Eine andere Quelle berichtete, die israelischen Versuche, lokale Palästinenser zu finden, die bereit sind, den Gazastreifen anstelle der Hamas zu regieren, dauerten nun schon seit November an, allerdings ohne nennenswerten Erfolg. »Dieser Plan ist der letzte Versuch. Israel hofft, dass irgendjemand, arabische Länder oder die internationale Gemeinschaft, dafür bezahlen wird und Einheimische in Gaza den Plan ausführen werden. Aber niemand kauft ihn.«

Der Gallant-Plan

Am vergangenen Wochenende berichtete David Ignatius von der Washington Post über den Übergangsplan des israelischen Verteidigungsministers Yoav Gallant, den er seinem amerikanischen Amtskollegen während seines Besuchs in Washington vorgestellt hatte. »Dieser Plan wird umgesetzt, wenn die Hamas den Waffenstillstand und das Geiselabkommen weiterhin ablehnt«, sagte er.

Das Projekt sieht vor, dass die USA die Aufsicht über den Übergang übernehmen und eine mögliche internationale Truppe, bestehend aus Ägypten, Jordanien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Marokko, für die Sicherheit sorgt. Die amerikanischen Streitkräfte würden das Kommando, die Kontrolle und die Logistik von außerhalb des Gazastreifens, möglicherweise von Ägypten aus, übernehmen.

Nach und nach würde eine palästinensische Truppe die lokalen Sicherheitsaufgaben übernehmen. Amerikanische Beamte unterstützen den Kern von Gallants Plan, merkten jedoch an, dass sich die gemäßigten arabischen Staaten nur dann beteiligen würden, wenn die Palästinensische Autonomiebehörde direkt einbezogen wird. Außerdem strebten sie einen »politischen Horizont« in Richtung eines palästinensischen Staates an, den Gallant und die meisten Israelis jedoch nicht befürworten.

Der Übergangsplan soll in mehreren Phasen umgesetzt werden, beginnend im Norden des Gazastreifens und je nach Bedingungen in den Süden ausgeweitet. Gallants Vision sieht eine Vergrößerung der Sicherheitszonen vor, die schließlich vierundzwanzig Regierungszonen im Gazastreifen umfassen sollen. Beamte der Biden-Administration befürworten das Vorhaben, bleiben aber skeptisch, was die schnelle Ausdehnung dieser, wie es hieß, »Tintenkleckse« auf der Landkarte angeht.

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