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Israel erstes Land mit zweitem Corona-Lockdown

Premier Netanjahu verkündet den neuerlichen Corona-Lockdown
Premier Netanjahu verkündet den neuerlichen Corona-Lockdown (© Imago Images / Xinhua)

Als die Zahl der Corona-Neuinfizierten pro Tag über 4.000 stieg, beschlossen die Ministerien in Israel, einen erneuten Lockdown umzusetzen.

Am Sonntag traf sich das Kabinett, und nach langem Diskutieren wurde der zweite Lockdown beschlossen. Er wird am Freitag um 14:00 Uhr in Kraft treten und am elften Oktober enden.

Dieser Zeitraum umfasst von Rosh Hashanah bis Simchat Torah alle hohen religiösen Feiertage des Monats. Einerseits wird befürchtet, dass sich der Virus vor allem an den Feiertagen stark verbreiten könnte, aber auch die hohen Zahlen und die überfüllten Spitäler lassen kaum eine andere Lösung zu.

Restaurants, Geschäfte (außer Supermärkte und Apotheken) werden geschlossen bleiben; Schulen und Kindergärten ebenso. Israelis dürfen sich nur 500 Meter von ihrem Wohnsitz entfernen. Außerdem werden Freizeit und Sportzentren geschlossen. Flughäfen bleiben geöffnet. Alles also ähnlich, wie bereits im Frühjahr gehabt.  

Starke Gegenstimmen aus Wirtschaft …

Stimmen gegen den Lockdown waren von Seiten des Ministers für Wissenschaft und Technologie Izhar Shay (Blau und Weiß) und des Wirtschaftsministers Amir Peretz (Awoda) zu hören. Dem Finanzminister Israel Katz (Likud) nach, wird ein genereller Lockdown weitere tausend Arbeitslose bedeuten und einen starken Einbruch der israelischen Wirtschaft nach sich ziehen: „Hunderttausende Angestellte und Freiberufler befinden sich in einem existentiellen Angstzustand. Die wirtschaftliche Corona-Virus-Pandemie ist nicht weniger schlimm als die gesundheitliche Pandemie“, so Peretz.

Er hätte stattdessen vorgeschlagen, bloß eine Ausgangssperre über Nacht einzuführen, um so 80% der Wirtschaft zu schützen, doch das Kabinett hat sich letztendlich allerdings dagegen entschieden.

… und Religion

Auch auf religiöser Seite gab es Gegenstimmen. So trat Ya’acov Litzman (Agudat-Jisra’el) sogar von seinem Amt als Minister für Wohnungs- und Bauwesen zurück, was er damit begründete, dass Premierminister Benjamin Netanyahu zu wenig Wert auf Religion lege. Ein Lockdown während der hohen Feiertage bedeutet auch, dass die Synagoge nicht besucht werden dürfen.

Versammlungen sind auf zehn Personen draußen und 20 Personen drinnen minimiert worden., wobei auch darüber diskutiert wurde, ob Demonstrationen weiterhin erlaubt sein sollten oder nciht. Sicherheitsminister Amir Ohana (Likud) etwa, möchte mit den Worten: „Versammlungen sind Versammlungen“ die gegenwärtigen Proteste gegen die Regierung stoppen. Dem entgegen steht Justizminister Avi Nissenkorn, der sich für das Bestehenbleiben der Möglichkeit zu Protesten ausspricht. Der Tageszeitung Ha’aretz zufolge dürfen Proteste nunmehr nur noch in 500 Meter Entfernung des Wohnsitzes der Demonstranten stattfinden.

Umweltminister Ze’ev Elkin (Likud) wirft Netanyahu vor einen Zickzack-Kurs zu fahren und keine klaren Äußerungen zu machen und ständig seine Meinung zu ändern: vom Ampelplan zum Lockdown, der erst zwei und dann doch drei Wochen dauern soll.

Neuer Rekord

Abgesehen von den Genannten, stimmten alle anderen Kabinettsmitglieder am Sonntag für den Lockdown-Plan des Gesundheitsministeriums. Beschwerden kamen daraufhin vor allem von Geschäftsbesitzern und Kleinunternehmern, die einen zweiten Lockdown wirtschaftlich womöglich nicht überleben werden. Auch Hotels und Restaurants beschwerten sich darüber, dass die Entscheidung zu kurzfristig getroffen wurde, da sie bereits Lebensmittel für die Feiertage besorgt hatten.

Es herrschen also vielfältige Lösungsansätze, was es um den Umgang mit dem Corona-Virus angeht. Fürs Erste ist es nun allerdings endgültig: Israel geht in den zweiten Lockdown, und die Feiertage werden – wie bereits zu Pessach – anders verlaufen als gewohnt. Wie sich das auf die Infektionsrate von COVID-19 auswirkt, wird sich erst zeigen.

Den letzten Angaben des Gesundheitsministers nach verstarben seit Beginn der Pandemie bereits 1.108 Israelis an Corona. Ende letzter Woche gab es etwa 4000 Neuinfizierte pro Tag – ebenso ein neuer Rekord wie die Anzahl der Patienten in einem ernsthaften Zustand, der 513 betrug.

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