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Israel baut wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Ägypten und anderen Ländern aus

Teilnehmer des East Mediterranean Gas Forum im Januar 2020
Teilnehmer des East Mediterranean Gas Forum im Januar 2020 (© Imago Images / Xinhua)

Gleichzeitig mit der Unterzeichnung von Friedensabkommen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Bahrain intensiviert Israel auch die Kooperation mit anderen Ländern der Region.

Am 22. September haben der ägyptische Energieminister Tarek al-Mulla und die Botschafter von Israel, Jordanien, Griechenland, Italien und Zypern in Kairo die Charta des East Mediterranean Gas Forum (EMGF) unterschrieben. Frankreich, die EU und die USA nahmen an der Zeremonie per Videokonferenz als Beobachter teil. Ihren Sitz wird die Organisation in der ägyptischen Hauptstadt haben. Mit der Unterzeichnung der Charta wird das EMGF – das im Januar 2019 von Ägypten und Israel zur Koordination der Gaspolitik ins Leben gerufen wurde – offiziell zu einer multilateralen Organisation.

In einer gemeinsamen Erklärung heißt es, das EMGF solle „als Plattform dienen, auf der Gasproduzenten, Verbraucher und Transitländer zusammenkommen“. Durch „eine gemeinsame Vision“ und einen „systematischen politischen Dialog über Erdgas“ wollen die Unterzeichnerstaaten das Potenzial ihres Erdgasreichtums „zum Nutzen und Wohl der Bevölkerung erschließen“. Als konkrete Anliegen, bei denen die Länder kooperieren wollen, nennt das Dokument den Aufbau und die Finanzierung der Infrastruktur und die Zusammenarbeit mit privaten Gasunternehmen, Händlern und Investoren.

Das EMGF werde „dazu beitragen, regionale Stabilität und Wohlstand zu fördern und durch regionale Energiezusammenarbeit ein Umfeld des Vertrauens, des Wohlstands, der Stabilität und der gutnachbarlichen Beziehungen zu schaffen“, heißt es weiter. Allen Ländern im östlichen Mittelmeerraum stehe die Mitgliedschaft offen, „sofern sie die Werte und Ziele der EMGF teilen“ und eine „nachweisliche Bereitschaft“ zeigten, „auf der Grundlage des Völkerrechts für die Sicherheit der gesamten Region und das Wohl ihrer Völker“ zusammenzuarbeiten.

Schon jetzt gebe es großes „Interesse vieler internationaler Parteien und Organisationen“, sich an den Aktivitäten des EMGF zu beteiligen sowie eine „fruchtbare Zusammenarbeit mit internationalen Partnern wie der EU und der Weltbank“.

Pipelines als Politikum

Für Israel und Ägypten bedeutet das EMGF die wohl bislang intensivste politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit seit der Unterzeichnung des Friedensabkommens von Camp David im Jahr 1978. Im November 1977 war der ägyptische Präsident Anwar al-Sadat nach Jerusalem gereist und hatte eine Rede vor der Knesset gehalten. Am 6.Oktober 1981 wurde Sadat bei einer Militärparade in Kairo von islamistischen Gegnern des Friedens erschossen. Seit dem 1. Januar 2020 exportiert Israel – über eine Pipeline, die früher in umgekehrter Richtung lief – Erdgas nach Ägypten, das dort verflüssigt und per Schiff in die EU weitertransportiert wird.

Jordanien hingegen zeigt Israel seit Jahren die kalte Schulter, was sich vor allem 2019 zeigte, als die jordanische Regierung einen Pachtvertrag, mit dem sie Israel im Friedensvertrag von 1994 Land zur Bewirtschaftung überlassen hatte, nicht verlängerte. Jedoch benötigt das Königreich israelisches Erdgas, sowohl zur Stromerzeugung als auch zur Extraktion von Wasserstoff und Stickstoff für seine Düngemittelproduktion am Toten Meer. Israel beliefert die jordanische Firma Arab Potash bereits seit 2017 mit Erdgas.

In der jordanischen Öffentlichkeit wird das wenig wahrgenommen, da das Gas über eine Pipeline am Toten Meer fließt, die kurz hinter der jordanischen Grenze aufhört. Eine neu gebaute Pipeline, über die israelisches Gas von der israelisch-jordanischen Grenze am Toten Meer aus in Jordaniens nördliche Provinz Mafraq gepumpt wird, verläuft hingegen 65 Kilometer lang durch Jordanien. Weil jeder in dem Gebiet die Bauarbeiten sehen konnte und wusste, dass es etwas mit Israel zu tun hat, gab es gegen diese Pipeline in Jordanien erheblichen politischen Widerstand, der von islamistischen Gruppen geschürt wurde.

Die Türkei wird dem EMGF nicht angehören, sondern ist – auch wenn es niemand auf dem diplomatischen Parkett ausspricht – der Rivale, gegen den sich das EMGF richtet. Der türkische Präsident Erdogan beansprucht Zyperns Gasvorkommen für die Türkei. Er hat einen Vertrag mit der amtierenden libyschen Regierung in Tripolis geschlossen, mit dem die Türkei und Libyen ihre „Seegrenze“ markieren – ohne Rücksicht auf Zypern und griechische Inseln wie Kreta, die zwischen den beiden Staaten liegen.

Die Palästinensische Autonomiebehörde gehört dem EMGF an, war aber bei der Unterzeichnungszeremonie nicht anwesend, da sie die „Kontakte zu Israel abgebrochen“ habe, wie aus Regierungskreisen in Ramallah verlautete. Sie werde die Charta „zu einem späteren Zeitpunkt unterschreiben“.

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