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Israel: Arabische Parteien boykottieren Selenskijs Knesset-Rede

Vorsitzender der Vereinten Liste Ayman Odeh (Hadash) sowie Ahmad Tibi und Osama Sa’adi (beide Ta'al)
Vorsitzender der Vereinten Liste Ayman Odeh (Hadash) sowie Ahmad Tibi und Osama Sa’adi (beide Ta'al) (© Imago Images / ZUMA Wire)

Alle Abgeordneten der drei in der Vereinten Liste vertretenen arabischen Fraktionen blieben der Rede des ukrainischen Präsidenten fern.

Von den insgesamt zehn Abgeordneten der beiden im israelischen Parlament vertretenen arabischen Parteien, der Vereinten Liste und Ra’am, war nur ein Vertreter bei der Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskijs in der Knesset anwesend.

Selenskij wandte sich am Sonntagabend in einer Rede per Zoom an die Knesset, in der er Israels Politik bezüglich der russischen Invasion deutlich kritisierte. Unter mehrfachem Bezug auf den Holocaust bat der ukrainische Präsident die israelischen Abgeordneten, mehr für sein Land zu tun und Kiew etwa Luftabwehrsysteme zur Verfügung zu stellen.

Der Großteil der israelischen Parlamentarier wohnte der Rede bei, darunter auch die in den zionistischen Parteien tätigen arabischen Abgeordneten wie Ibtisam Mara’ana Menuhin von der Arbeitspartei. Nur die Vertreter der arabischen Parteien zeigten dem ukrainischen Präsidenten die kalte Schulter.

So fehlte der Vorsitzende der Vereinten Liste, Ayman Odeh, bei der Rede ebenso wie die zwei weiteren Abgeordneten seiner Hadash-Fraktion. Während Hadash keinen Kommentar zu Odehs Fernbleiben abgab, erklärte der Generalsekretär der Partei, Mansour Dahamsheh, in einem Telefongespräch mit der Times of Israel:

»Unsere Position ist, dass die NATO und ihr Anführer Amerika diesen Krieg begonnen haben.«

Die beiden Abgeordneten der Ta’al-Fraktion in der Vereinten Liste ­– Ahmad Tibi und Osama Sa’adi – verfolgten die Rede über das Fernsehen und nicht direkt über Zoom. Auch der einzige Parlamentarier der dritten Fraktion innerhalb der Vereinten Liste, der Bala-Abgeordnete Sami Abou Shehadeh, glänzte durch Abwesenheit.

Mit Walid Taha nahm einer der insgesamt vier Abgeordneten der an der israelischen Regierung beteiligten Ra’am-Partei an der Knesset-Rede Selenskijs teil. Parteiführer Mansour Abbas war laut Angaben der Partei zur selben Zeit Gast bei einer Konferenz in Haifa.

Der schärfste Widerspruch gegen Selenskijs Auftritt kam von der Hadash. Die kommunistische Fraktion innerhalb der Vereinten Liste hat traditionell enge Beziehungen zu Moskau, wo auch viele ihrer Mitglieder studiert haben. Der einzige jüdische Hadash-Abgeordnete Ofer Cassif schrieb auf Twitter:

»Es ist sehr traurig, dass gute Linke sich von der falschen Propaganda hinters Licht führen ließen – und auch noch erwarten, dass ich und meine Freunde uns den Lügen beugen, mit denen wir gefüttert werden.

Ich beziehe keine Position in unnötigen Kriegen, die unschuldigen Zivilsten schaden, die an der Macht Befindlichen stärken und die Kriegsherren reich machen.«

Hadashs Weigerung, an Selenskijs Rede teilzunehmen, wurde auch von israelischen Linken kritisiert. So erklärte der Menschenrechtsanwalt Michael Sfard, nichts könne diesen Boykott rechtfertigen, mit dem eine linke Partei einen demokratisch gewählten Präsidenten belege, dessen Land unter dem grausamen Angriff einer totalitären Nuklearmacht leidet.

Im Jahr 2017 zogen die Hadash-Abgeordneten breite Kritik auf sich, als sie sich weigerten, den syrischen Diktator Baschar al-Assad zu verurteilen, nachdem sein Regime Chemiewaffen gegen Zivilisten eingesetzt hatte. Einige Parteimitglieder lobten ihn sogar für seine Rückeroberung von Rebellengebieten, die während des syrischen Bürgerkriegs verloren gegangen waren.

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