Israels Premierminister wirft dem Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs vor, Israels demokratisch gewählte Führung aus politischen Motiven als Kriegsverbrecher darzustellen.
Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu kritisierte am Dienstag den Staatsanwalt des Internationalen Strafgerichtshofs, Karim Khan, wegen seines Treffens mit dem Präsidenten der Türkei und dem Chef der Palästinensischen Autonomiebehörde, die Netanjahu sarkastisch als »allseits bekannte Menschenrechtsadvokaten« bezeichnete.
»Aus der Kategorie ›Das kann nur bei der UNO passieren‹: Der Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, Karim Khan, traf sich gestern mit zwei großen Verfechtern der Menschenrechte; mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, der für die Ermordung kurdischer Zivilisten und die Inhaftierung von Journalisten bekannt ist, und dem Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, der den Holocaust leugnet und Terroristen bezahlt, die Juden ermorden«, sagte Netanjahu und fuhr fort: »Anstatt Haftbefehle wegen Kriegsverbrechen gegen Erdoğan und Abbas zu erlassen, ist Khan weiterhin davon besessen, Israels demokratisch gewählte Führung, die einen gerechten Krieg mit gerechten Mitteln gegen völkermörderische Terroristen führt, als Kriegsverbrecher darzustellen. Was für ein Witz!«
Diskriminierende Behandlung
Israel hat beim IStGH einen offiziellen Antrag gestellt, die Forderung des Anklägers, Haftbefehle gegen Netanjahu und Verteidigungsminister Yoav Gallant zu erlassen, fallen zu lassen, wie das Außenministerium am Freitag bekannt gab. »Israel hat zwei getrennte gerichtliche Schritte eingeleitet«, heißt es in der Erklärung des Außenministeriums. Im ersten wird die rechtliche Befugnis des IStGH zur Ausstellung solcher Haftbefehle angefochten; im zweiten Verfahren wird argumentiert, der Chefankläger Karim Khan habe gegen die Verfassung des Gerichts und den Grundsatz der Komplementarität verstoßen, indem er Israel nicht das Recht eingeräumt hat, die vom IStGH erhobenen Vorwürfe selbst zu untersuchen.
»Keine andere Demokratie mit einem unabhängigen und respektierten Justizsystem, wie es im Staat Israel existiert, wurde vom Staatsanwalt derart diskriminierend behandelt«, heißt es in der Erklärung. »Trotzdem bleibt Israel seinem Engagement für Rechtsstaatlichkeit und Gerechtigkeit treu und wird in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht seine Bürger weiterhin vor den anhaltenden Angriffen und Gräueltaten der Hamas und anderer terroristischer Verbündeter des Irans schützen.«
Nicht zuständig
Anfang September drängte Khan die Vorverfahrenskammer des IStGH, die Haftbefehle zu erlassen und forderte sie vor Netanjahus geplanter Rede vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 27. September zum Handeln auf.
Netanjahu kritisierte den Chefankläger scharf und bezeichnete die in Khans Forderungen zum Ausdruck kommende Gleichsetzung zwischen Israelis und Hamas-Terroristen als »reinen Antisemitismus«. »Leider haben wir von Anfang an gesehen, dass die Verfahren in Den Haag politisch voreingenommen sind und keinerlei professionelle Rechtsgrundlage haben«, so der israelische Premierminister.
Der Internationale Strafgerichtshof ist insofern nicht zuständig, da Jerusalem das Römische Statut, das den Gerichtshof ins Leben gerufen hatte, nicht unterzeichnet hat. In einem juristischen Taschenspielertrick beanspruchte der Gerichtshof jedoch die Zuständigkeit, indem er im Jahr 2015 »Palästina« als Unterzeichner akzeptierte, obwohl es nach internationalem Recht keinen solchen Staat gibt.
Dementsprechend kritisierte ebenfalls Anfang September eine Reihe britischer Juristen das Vorgehen Karim Khans als schädlich für das internationale Recht und bezeichneten seine Vorwürfe als falsch.