Ein neuer Bericht einer Menschenrechtsgruppe hat bisherige Vermutungen bestätigt, wonach die Sicherheitskräfte der Islamischen Republik systematisch die Augen von Demonstranten in Beschuss nahmen.
Die in Norwegen ansässige Organisation Iran Human Rights (IHR) dokumentierte vergangene Woche mehr als zwanzig Fälle, bei denen Menschen durch Schüsse der Sicherheitskräfte im Zuge der Proteste auf einem Auge erblindeten. Erste Daten, hieß es in dem IHR-Bericht weiter, deuten zusätzlich darauf hin, dass unter ihnen junge Frauen unverhältnismäßig stark vertreten sind:
»In Anbetracht der zahlreichen Berichte aus vielen iranischen Städten über von Sicherheitskräften abgegebenen Schüsse auf den Kopf und das Gesicht von Demonstranten, die dazu führten, dass viele – darunter auch eine beträchtliche Anzahl junger Frauen – erblindeten, geht die Menschenrechtsorganisation Iran Human Rights davon aus, dass diese unmenschlichen und rechtswidrigen Handlungen von der Islamischen Republik systematisch zur Niederschlagung der Proteste durchgeführt wird.«
Bereits in der Vergangenheit gab es immer wieder Berichte über das besonders brutale Vorgehen gegen demonstrierende Frauen und absichtliche Schüsse in deren Brust- und Genitalbereich.
IHR-Direktor Mahmood Amiry-Moghaddam sagte, die Aufdeckung des Ausmaßes der Verbrechen und die Dokumentation von Beweisen seien entscheidende Schritte auf dem Weg zur Gerechtigkeit. »Der Führer der Islamischen Republik, Ali Khamenei, und die repressiven Kräfte unter seinem Kommando müssen wissen, dass sie für alle ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden.«
Die Organisation erklärte, iranische Menschenrechtsforscher hätten Informationen über viele Bürger gesammelt und verifiziert, die ihr Augenlicht auf einem oder beiden Augen verloren haben, weil sie während der landesweiten Proteste in den letzten Monaten mit Schrotflinten oder Paintballgewehren beschossen wurden. Der Bericht enthält auch eine von unabhängigen Forschern überprüfte Liste von Fällen und weist darauf hin, dass die tatsächliche Zahl noch weitaus höher liegen dürfte. IHR erklärte, die von ihr zusammengestellte Liste, die Fotos, Namen und andere Details der Übergriffe enthält, der UN-Untersuchungsmission und anderen internationalen Organisationen zur Verfügung gestellt zu haben.
Tausende Verletzte

Nicht einmal eine Woche vor der Veröffentlichung des Berichts hatte der Kommandeur der iranischen Spezialeinheiten der Polizei, Hassan Karami, noch bestritten, seine Sicherheitskräfte würden »absichtlich« auf Körperteile wie Augen und Köpfe schießen. Vielmehr, so sagte er, habe »die Leistung der Spezialeinheit gezeigt, dass es nicht ihre Absicht ist, unprofessionell mit Menschen umzugehen«. Er habe, so prahlte Karami, »so viel Vertrauen in die Fähigkeiten der Spezialkräfte, dass ich schon oft gesagt habe, wenn jemand beweisen kann, dass auch nur eine Person aufgrund eines Fehlers unserer Mitarbeiter getötet wurde, ich ihm eine Belohnung anbieten werde«.
Während die Niederschlagung der landesweiten Proteste bisher mehr als fünfhundert Tote und Tausende von Verletzten gefordert hat, behauptete Karami, die Spezialeinheiten hätten »die Fähigkeit und das Fachwissen, den Frieden mit den geringsten Kosten und Schäden wiederherzustellen«.
Bereits im November erklärten mehr als 370 Augenärzte, dass zahlreiche Demonstranten in medizinische Zentren eingeliefert wurden, die von Gummigeschossen und Metallkugeln sowie von Paintballgeschossen getroffen wurden, die während der Proteste aus nächster Nähe auf sie abgefeuert worden waren und zum Verlust des Sehvermögens auf einem oder beiden Augen führten. Sie warnten vor dem Einsatz von Schrotflinten und anderen Geschossen durch die Sicherheitskräfte, durch die seit Mitte September über fünfhundert Demonstranten erblindet seien.
In einem Bericht vom 19. November letzten Jahres zitierte die New York Times Augenärzte dreier Krankenhäuser in der Hauptstadt Teheran sowie mehrere Ärzte in der Provinz Kordestan mit der Aussage, dass etwa 580 Demonstranten während der Niederschlagung durch das Regime schwere Augenverletzungen erlitten hätten.

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