Warum Irans Ex-Außenminister Zarif gegen Politiker twittert, die nicht mehr im Amt sind

Der von den USA getötete Soleimani (re.) und Ex-außenminister Zarif (li.)
Der von den USA getötete Soleimani (re.) und Ex-Außenminister Zarif (li.) (Quelle: Twitter)

Obwohl weder er noch seine altgedienten Feindbilder mehr im Amt sind, glaubt Zarif, am Todestag von Qasem Soleimani mit Anti-Trump- und Anti-Netanjahu-Tweets auf sich aufmerksam machen zu müssen.

Seth J. Frantzman, Jerusalem Post

In einem bizarren Tweet am 1. Januar wollte der ehemalige iranische Außenminister Javad Zarif, dem ehemaligen Chef der Quds-Truppen der Revolutionsgarden, Qasem Soleimani, ein Denkmal setzen, indem er den ehemaligen Premierminister Benjamin Netanjahu und den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump angriff.

Dies war ein Rückgriff auf eine vergangene Ära, als Zarif im Westen in aller Munde war und lächelnd mit westlichen Diplomaten verkehrte, während er Trump und Netanjahu verantwortlich machte, die Kriegstrommeln zu rühren.

Zarif hat, wie andere iranische Beamte auch, einen Twitter-Account, auf dem er auf Englisch twittert. Während der Iran Proteste im eigenen Land niederschlägt und die eigene Bevölkerung von der Nutzung sozialer Medien abhält, nutzen seine Führer soziale Medien für ihre Propaganda. (…)

Die englischsprachigen Tweets des Zarif-Accounts sind oft so formuliert, dass sie das Mitte-Links-Narrativ amerikanischer und europäischer Medien bedienen. Jetzt, da Trump und Netanjahu nicht mehr im Amt sind, scheinen sich seine wichtigsten Argumente jedoch verflüchtigt zu haben. Außerdem ist Zarif nicht mehr im Amt, so dass er keine Propaganda mehr twittern müsste.

Dennoch twitterte er am 1. Januar, dem zweijährigen Jahrestag von Soleimanis Tod, über den 2020 von den USA getöteten Kommandeur der Auslandseinheit der Revolutionsgarden. Während Zarif stets vorgab, in erster Linie ein Diplomat zu sein, hat er in den letzten Jahren immer wieder versucht, sich das Vermächtnis von Soleimani zunutze zu machen:

„Vor zwei Jahren habe ich einen Freund verloren, der Iran einen Helden und die Welt einen Meister im Kampf gegen den Terrorismus.“

Während Soleimani gegen den Islamischen Staat kämpfte, fühlte sich Zarif wohler, wenn er sich in Europa oder den USA in schicken Anzügen entspannte, Diplomaten traf und sich vor den Kameras aufspielen konnte. Als Soleimani tot war, versuchte Zarif, so zu tun, als ob sie eng befreundet gewesen wären. In Wirklichkeit hat Zarif den Revolutionsgardisten heimlich kritisiert.

Der neueste Versuch Zarifs, das Narrativ zu manipulieren, besteht darin, sich die Wut in den USA über die Pro-Trump-Krawalle vom 6. Januar vergangenen Jahres in der US-Hauptstadt zunutze zu machen. So schrieb er:

„Für diejenigen, die es damals leugneten, zeigte sich Trumps wahres Gesicht nur ein Jahr später [nach der Tötung Soleimanis] im US-Kapitol“.

Das ist typisch Zarif: Er richtet sich nach westlichen Medien und gibt sich „woke“. So auch am 1. Januar, als er fortfuhr, die ehemaligen israelischen und US-amerikanischen Führungsfiguren anzugreifen.

„Die Welt braucht mutige Kämpfer wie #Soleimani – und keine feigen Kriegstreiber wie Trump, Netanjahu & Co.“

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Das erinnert an die Zeit, als Zarif Außenminister war und Trump und Netanjahu als Strohmänner benutzte, indem er immer behauptete, sie wollten Krieg; oder wenn er behauptete, Israel kontrolliere die US-Außenpolitik. Zarif nannte Trump und Netanjahu immer das „B-Team”.

Allerdings ist dieses Team ist mittlerweile nicht mehr im Amt – ebenso wenig wie Zarif. Aber der ehemalige Außenminister lebt in der Vergangenheit und glaubt, dass es immer noch funktioniert, despektierlich über die früheren Regierungschefs zu twittern.

Doch die Welt hat sich verändert. Im Iran, in den USA und in Israel gibt es neue Regierungen. Zwar haben sich einige der nationalen Positionen dieser neuen Führungspersonen nicht geändert, aber zugleich gibt es grundlegende Unterschiede.

Zarif jedoch versucht, immer noch auf dem „Trump“-Welle der Medien zu reiten, und er versucht immer noch, Punkte zu machen, indem er „Netanjahu“ angreift.

Allerdings ist nicht klar, wen er überhaupt als sein Publikum im Auge hat. Seine eigene Regierung scheint sich nicht sonderlich dafür zu interessieren, was er tut. Iraner, die Soleimani unterstützt haben, wissen, dass Zarif kein Soleimani ist.

Soleimani trug Kampfmontur und ging an die Front. Zarif genoss Abendessen und Hotels im Westen. Wenn der Tweet weder von den oppositionellen Iranern noch von den Unterstützern des Regimes gelesen wird, und sich im Westen niemand mehr wirklich für diese Geschichte interessiert, ist nicht klar, mit welchen Referenzen Zarif immer noch glaubt, angeben zu können.

(Aus dem Artikel Zarif, living in past, slams Trump and Netanyahu again – analysis”, der in der Jerusalem Post erschienen ist. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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