Der Krieg zwischen Israel und dem Iran endete mit einem von den USA vermittelten Waffenstillstand, aber er scheint schon jetzt neue Machtverhältnisse in der Region geschaffen zu haben.
Am 23. Juni griff der Iran den Luftwaffenstützpunkt Al Udeid in Katar an, den größten US-Luftwaffenstützpunkt im Nahen Osten. Bemerkenswert ist jedoch, dass der Angriff zuvor angekündigt und koordiniert worden war. Berichten zufolge informierte die Islamische Republik ihr am Persischen Golf liegendes Nachbarland Katar und die Vereinigten Staaten im Voraus über den Angriff, sodass die Amerikaner die Basis evakuieren und ihre Flugzeuge verlegen konnten.
Der Vorsitzende der Vereinigten Stabschefs der Vereinigten Staaten Dan Kaine erklärte, die US-Streitkräfte hätten den Stützpunkt präventiv evakuiert und betonte, dass die Operation »auf Wunsch und unter direkter Aufsicht von Präsident Donald Trump« durchgeführt worden sei. Laut Kaine war die Vereitelung des Angriffs ein großer Erfolg.
Der Angriff auf Al Udeid erfolgte, nachdem die USA einen Schlag gegen iranische Nuklearanlagen durchgeführt hatten. Am 22. Juni erklärte Präsident Trump, sein Land habe einen »erfolgreichen« Angriff auf iranische Atomanlagen durchgeführt, der zu deren Zerstörung geführt habe. Iranische Regierungsvertreter räumten den Angriff ein, bestritten jedoch, dass sie erheblichen Schaden genommen hätten.
Der Luftwaffenstützpunkt Al Udeid, auch bekannt als Abu Nakhla Airport, liegt südwestlich der katarischen Hauptstadt Doha, wurde 1996 gegründet und ist laut Angaben des US-Außenministeriums die größte Einrichtung der amerikanischen Luftwaffe außerhalb der Vereinigten Staaten. Nach den von der Nachrichtenplattform Axios veröffentlichten Daten aus dem Jahr 2022 beläuft sich die Zahl der US-Soldaten auf der Luftwaffenbasis auf achttausend, auf der sich auch das Hauptquartier des US-Zentralkommandos (CENTCOM) und des US-Luftwaffenzentralkommandos befindet.
Abgesprochen
Zu den Gründen für die gezielte Attacke auf die Basis erklärte der iranische Militär- und Strategieexperte Hussein Arian gegenüber BBC Arabic, der Iran habe genau gewusst, dass die Basis leer war. Er wies darauf hin, dass Washington vor dem Angriff Israels auf den Iran eine Reihe von Vorsichtsmaßnahmen getroffen habe, darunter die Verlegung von Personal aus seiner Basis in Katar an einen sichereren Ort.
Arian erklärte, Katar liege geografisch gesehen sehr nahe am Iran: »Wir sprechen hier von einer Militärbasis, die nur etwa zweihundert Kilometer von der nächsten iranischen Küste entfernt ist« und sei »wahrscheinlich das einfachste und nächstgelegene Ziel für die iranischen Raketen«. Die Iraner hätten Katar im Voraus über diesen Angriff informiert, das anschließend die Amerikaner in Kenntnis gesetzt haben. »Daher war das, was sie getan haben, eine bloß symbolische Geste und zum Teil Propaganda, um dem iranischen Volk zu zeigen, dass wir etwas unternommen haben.«
In einer Forschungsarbeit des Egyptian Center for Thought and Strategic Studies wurden drei wesentliche Auswirkungen des Angriffs auf den Stützpunkt identifiziert:
- Der Iran versuchte eine direkte Botschaft zu senden, dass er trotz der israelischen und amerikanischen Angriffe seine wichtigste Abschreckungswaffe, das Raketenprogramm, nicht verloren habe und keine Zugeständnisse in Bezug auf sein ballistisches Raketenprogramm akzeptieren werde.
- Der Iran entschied sich für einen begrenzten, koordinierten Angriff, um das Regime vor seiner Basis nicht zu blamieren. Der Angriff befriedigte die innenpolitischen Forderungen nach Vergeltung und signalisierte gleichzeitig der internationalen Gemeinschaft, dass die Islamische Republik zu einer Deeskalation bereit ist.
- Der Iran sandte eine politische Botschaft an die Vereinigten Staaten, dass seine Raketen amerikanische Interessen in der Region erreichen können, was ein Versuch Teherans ist, eine neue Abschreckungsgleichung in der Region zu etablieren.
Schließlich entschied sich der Iran für den Luftwaffenstützpunkt Al Udeid, da dieser sowohl militärisch als auch politisch das kostengünstigste Ziel war, da er in der Nähe des iranischen Festlands liegt, abgelegen ist und von den Vereinigten Staaten evakuiert worden war. Trotz des begrenzten Umfangs des Angriffs und seiner vorherigen Koordinierung stellt er einen Versuch des Irans dar, eine Abschreckungsgleichung zu etablieren, wonach iranische Raketen amerikanische Interessen und Washingtons Verbündete in der Region treffen können. Dass Donald Trump sich über Teheran lustig machte, indem er sich beim Regime für dessen Warnung bedankte, zeigt aber, wie geschwächt der Iran aus dem zwölftägigen Krieg mit Israel hervorging.
Trump bedankt sich bei den Mullahs für die Vorwarnung vor dem Raketenangriff. Absolute Demütigung für das iranische Regime. pic.twitter.com/p2DDnYG2Nv
— Filipp Piatov (@fpiatov) June 23, 2025